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Keine Überraschung in Spanien

Klaus Dahmann21. Februar 2005

Die Spanier haben ein klares Votum für die EU-Verfassung abgegeben. Während das Ergebnis dort wie erwartet eindeutig ausfiel, versprechen die bevorstehenden Referenden in anderen EU-Staaten spannender zu werden.

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Das Ergebnis ist überwältigend, die Deutlichkeit, mit der die spanische Bevölkerung Ja zur Europäischen Verfassung gesagt hat, gibt in der EU-Zentrale Brüssel Anlass zu jubeln. Auch wenn das Referendum in Spanien nicht bindend ist und das Parlament das letzte Wort hat: Dieser Erfolg stärkt den Staats- und Regierungschefs aller Länder den Rücken, wo noch Volksabstimmungen anstehen.

Dabei sollte man jedoch nicht vergessen: Ein Nein der Spanier wäre wirklich eine große Überraschung gewesen. Denn ihr Land gehört zu den großen Gewinnern innerhalb der EU. Seit Spanien 1986 beigetreten ist, sind Milliarden-Subventionen aus Brüssel in die dortige Landwirtschaft und die strukturschwachen Regionen geflossen - stets deutlich mehr, als aus Madrid nach Brüssel gezahlt wurden.

Auch treibt die Spanier nicht die Angst vor negativen Folgen der Osterweiterung um - wie es etwa in Deutschland der Fall ist. Dass massenhaft billige Arbeitskräfte aus den neuen EU-Ländern auf die iberische Halbinsel strömen, damit ist schon aus geografischen Gründen nicht zu rechnen. Spanien braucht andererseits eine starke europäische Solidargemeinschaft, um das Problem illegaler Einwanderer aus Nordafrika im Griff zu halten. Es gab also viele gute und für jeden spanischen Bürger nachvollziehbare Argumente, warum das weitere Zusammenwachsen der EU zu begrüßen ist - und somit auch die Europäische Verfassung.

Zum zweiten war das Ja zu erwarten, weil weite Teile der Bevölkerung mit der derzeitigen Regierung zufrieden sind. Denn José Luis Rodriguez Zapatero hält, was er den Wählern versprochen hat: Er hat der US-freundlichen Politik seines Vorgängers José Maria Aznar eine klare Absage erteilt und alle spanischen Soldaten aus dem Irak abgezogen. Spanien ist damit de facto aus der "Koalition der Willigen" ausgeschert und fährt seitdem mit prallen Segeln an der Seite Frankreichs und Deutschlands.

So war es auch kein Zufall, dass Zapatero kurz vor dem Referendum Jacques Chirac und Gerhard Schröder als Wahlkampf-Helfer einspannte. Letzterer konnte dann wegen einer Grippe-Erkrankung doch nicht nach Madrid reisen. Aber die Botschaft war klar: Das sind die wichtigen außenpolitischen Partner, sie stehen für ein starkes Europa, das ein Gegengewicht zu den USA bildet - und dafür ist die EU-Verfassung notwendig. Diese Botschaft ist viel klarer als jede noch so detaillierte Exegese einzelner Verfassungs-Paragraphen. Und vor allem: Sie hat überzeugt.

Dem französischen Präsidenten Chirac kann der positive Impuls, der von dem Ja der Spanier ausgeht, nur recht sein. Ihm steht - weil er es selbst so wollte - im Juni eine solche Volksabstimmung bevor. Chirac weiß: Frankreich ist nicht Spanien. Zapatero hatte nur relativ unbedeutende Parteien gegen sich - die Stimmungsmache der französischen Verfassungs-Gegner beim Referendum könnte gefährlicher werden.

Von einem deutlichen Ja wie in Spanien kann auch Tony Blair nur träumen: Die größtenteils europa-skeptischen Briten sollen Anfang nächsten Jahres über die Verfassung abstimmen. Und das wird dann wirklich eine Zitterpartie.