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Politik

Russland entlastet Trump

Roman Goncharenko
11. Januar 2017

Russland und Donald Trump dementieren Berichte über angeblich in Moskau gesammeltes Erpressungsmaterial über den künftigen US-Präsidenten. Einige Details erinnern an Skandale in Russland.

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Litauen, Vilnius, Karikatur "Kuss" mit Putin und Trump
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Kulbis

Der Kreml reagierte schnell. Die Medienberichte über das kompromittierende Material zu Trump seien "absoluter Schwachsinn", sagte am Mittwoch Dmitrij Peskow, Pressesprecher des russischen Präsidenten: "Das ist ein offensichtlicher Versuch, unseren bilateralen Beziehungen zu schaden." Genauso wird diese Geschichte in staatlichen oder staatsnahen russischen Medien dargestellt: Eine Falschmeldung wie viele andere.

Mehrere US-Medien berichteten, Russland verfüge über kompromittierendes Material zu Trump - dazu gehörten angeblich Details über sein Privatleben und geschäftliche Verbindungen zu Russland. Als Quelle wurde ein offenbar privat zusammengetragenes Dossier eines ehemaligen britischen Agenten genannt. Über dieses Dossier sollen die US-Geheimdienste sowohl den scheidenden Präsidenten Barack Obama als auch den Republikaner Donald Trump informiert haben, der das Amt am 20. Januar übernimmt. Eine offizielle Bestätigung der US-Regierung gibt es bisher nicht.

Trump selbst dementierte diese Berichte auf Twitter: "Eine Falschmeldung - eine totale politische Hexenjagd!" Am Mittwochmorgen legte der Politiker nach: "Ich habe nichts zu tun mit Russland: keine Geschäfte, keine Kredite, gar nichts."

Dementis von erwähnten Personen 

Einige Personen, die im von US-Medien zitierten Dossier erwähnt werden, dementierten ebenfalls. So wird der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Russischen Föderationsrat, Konstantin Kossatschow, als "eine wichtige Figur" erwähnt. Der russische Politiker schrieb auf Facebook, das Dossier sei gefälscht - entweder von Provokateuren oder von US-Geheimdiensten, die zurücktreten sollten.

Donald Trump mit Miss Universe 2013 Gabriela Isler in Russland
Donald Trump mit Miss Universe 2013 Gabriela Isler in RusslandBild: picture-alliance/Itar-Tass/V. Prokofyev

Die Moskauer Zeitung "Moskowskij Komsomolez" (MK) veröffentlichte eine Übersetzung des Dossiers, das auf der US-Webseite Buzzfeed publiziert wurde. An einer Stelle wird beschrieben, dass sich ein Vertreter Trumps in Prag mit einem Kreml-Kontaktmann getroffen haben soll. Der Mann wird namentlich genannt: Oleg Soloduchin. In einer Stellungnahme gegenüber der Zeitung MK bezeichnet Soloduchin, der tatsächlich in Prag arbeitet, diese Information als "ausgedacht von Anfang bis zum Ende".  

Ehemaliger FSB-Chef: Wir tun so etwas nicht       

Experten in Moskau gehen davon aus, dass die aktuelle US-Regierung einen Neustart im Verhältnis zu Russland für Trump erschweren möchte. Der künftige Präsident hat sich in der Vergangenheit mehrfach positiv über Russland und seinen Präsidenten Wladimir Putin geäußert und stellte eine politische Annäherung in Aussicht.  

Als einer der Ersten äußerte sich Nikolaj Kowaljew, ehemaliger Chef des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB. "Natürlich gibt es kein Kompromat", sagte Kowaljow der Nachrichtenagentur "Interfax". Als "Kompromat" bezeichnet man in Russland Informationen mit Skandalpotenzial, mit denen Personen des öffentlichen Lebens belastet oder erpresst werden könnten. "Warum soll man belastendes Material über jemanden sammeln, der wegen eines Schönheitswettbewerbs gekommen war?" so Kowaljow. "Eine solche Praxis - das sage ich aus eigener Erfahrung - haben wir in Russland nicht." Kowaljow bezieht sich dabei auf Trumps Besuch in Moskau im November 2013 beim Finale des Schönheitswettbewerbs "Miss Universe". Der US-Milliardär kam damals als Mitbesitzer des Wettbewerbs, der zum ersten Mal in Russland stattfand. 

Trumps Kontakte nach Russland 

Seine ersten Kontakte nach Moskau knüpfte Trump bereits vor rund 30 Jahren. Damals, so heißt es in den US-Medien, sei es auf Wunsch der Sowjetunion darum gegangen, moderne Hotels in Moskau und Leningrad, dem heutigen Sankt-Petersburg, zu bauen. Diese Pläne wurden nie umgesetzt. Auch ein Trump-Tower in Moskau wurde nie gebaut - anders als in Baku, der Hauptstadt der ölreichen früheren Sowjetrepublik Aserbaidschan.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion sei Trump mehrmals nach Russland gereist, berichteten westliche Medien. Einige Quellen, wie etwa die Financial Times (FT) aus London, schrieben, zahlreiche Objekte in Trumps Immobilienimperium seien von Russen gekauft worden. Trumps Sohn Eric habe von den Russen als Käufern von Immobilien geschwärmt, so die FT. Sein anderer Sohn Donald Jr. wird mit den Worten zitiert, man sehe "viel Geld, das aus Russland strömt". Auch einige Berater Trumps seien geschäftlich eng mit Russland verbunden. 

Skandal-Videos in der russischen Politik

Als die Nachricht über ein angebliches Erpressungs-Video mit Trump kam, dürften sich viele Russland-Kenner an ähnliche Skandale erinnert haben. Heimlich gedrehte Szenen aus dem Privatleben haben in Russland eine lange Geschichte. Der wohl bekannteste Fall liegt fast zwei Jahrzehnte zurück. 1999 musste der russische Generalstaatsanwalt Juri Skuratow gehen, nachdem im Fernsehen Aufnahmen gezeigt wurden, die ihn angeblich beim Sex mit zwei Frauen zeigten. Kurz davor hatte er Ermittlungen in brisanten Fällen gegen hochrangige Beamte eingeleitet.

Zuletzt war die politische Opposition im Mittelpunkt solcher Veröffentlichungen, für die manche Betroffene die russischen Geheimdienste verantwortlich machen. So hat im Frühjahr 2016 ein TV-Sender intime Videoaufnahmen des ehemaligen Ministerpräsidenten und Oppositionspolitikers Michail Kassjanow mit einer Parteikollegin veröffentlicht. Die Aufnahme tauchte etwa ein halbes Jahr vor der Parlamentswahl auf. Einige Jahre zuvor wurden mehrere Oppositionspolitiker und Aktivisten Opfer solcher "Enthüllungen".