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Kein überzeugender Sieg

Günther Maihold10. März 2008

Zapatero kann in Spanien weiterregieren, doch die Spaltung des Landes in zwei Lager wurde bestätigt. Statt Konfrontation mit der Opposition ist zukünftig Offenheit notwendig, meint Gastautor Günther Maihold von der SWP.

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Themenbild Gastkommentar (Foto: DW)
Bild: DW
Porträt Günther Maihold (Foto: DW)
Bild: DW-TV

Die Umfragen vor der Wahl deuteten schon auf ein enges Rennen hin, die Wähler Spaniens haben mit ihrer Stimmabgabe am Sonntag (9.3.2008) zwar einen klaren Regierungsauftrag an Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero vergeben, ein überzeugender Wahlsieg war es jedoch nicht. Die Regierung des sozialistischen Ministerpräsident kann ihre Arbeit fortsetzen, zwar gestärkt - nicht so sehr gegenüber der Volkspartei (Partido Popular) mit ihrem Spitzenkandidaten Mariano Rajoy, sondern vor allem gegenüber den regionalistischen Parteien, die sich ihren Einfluss auf die spanische Politik etwas reduziert sehen. So wird die Regierungsparte PSOE weiterhin eine Minderheitsregierung stellen, aber die Partei von Regierungschef Zapatero hat sich zu einer deutlichen Mehrheitspartei gewandelt, die mit einem Vorsprung von 16 Sitzen gegenüber der Volkspartei ihre Vormachtstellung gewinnen konnte. Oppositionsführer Mariano Rajoy ist damit im zweiten Anlauf erneut gescheitert, für seine Partei die Macht zurückzugewinnen.

Chance für einen neuen politischen Konsens

Nach diesem Wahlgang ist erneut die Spaltung des Landes in zwei beinahe gleich große Lager deutlich geworden. Weder die sozialistische Partei noch die oppositionelle Volkspartei sind in der Lage, eine klare Mehrheit für sich zu gewinnen. Die politische Konfrontation kann sich so weiter fortsetzen, beide Parteien können nur in ihrem eigenen Lager überzeugen. Für die innere Entwicklung des Landes wird daraus die Fortsetzung des hohen Maßes an Polarisierung erwachsen, die das Land auch bislang blockiert hat. Ob die konservativen Kräfte in Politik und Gesellschaft in der Lage sein werden, angesichts ihres Misserfolgs bei der Wiedergewinnung der Macht das Ausmaß an politischer Konfrontation (crispación) zu reduzieren und den Weg zurück zum gesellschaftlichen Konsens zu finden, wird jedoch auch von der Offenheit abhängen, mit der die Regierung auf die Opposition zugehen wird.

Debatte um die spanische Nation

Der stark von innenpolitischen Bezügen dominierte Wahlkampf wurde von beiden Großparteien als Konfrontation von zwei entgegengesetzten Modellen der spanischen Nation geführt: Während die Volkspartei das Bild einer unitarischen, von der katholischen Kirche und ihrem Werteverständnis geprägten Nation vertrat, betonte Regierungschef Rodríguez Zapatero die Pluralität und Vielgestaltigkeit eines modernen Spaniens, das auch Platz für Minderheiten und Migranten bietet. Dass die katholische Amtskirche sich in ihrem Wahlaufruf deutlich auf die Seite der Oppositionspartei schlug, macht sie nun zu einem Wahlverlierer. Hier dürften sich in den kommenden Jahren sichtbar die Auseinandersetzungen zwischen der sozialistischen Regierung und dem konservativen Vorsitzenden der spanischen Bischofskonferenz Kardinal Rouco Varela verstärken. In der Debatte über die Rolle der Kirche dürften sich auch in den kommenden Jahren zentrale Konflikte der spanischen Gesellschaft abspielen.

Wirtschaft, Terrorismus und Spaniens internationale Rolle

Die aktuellen Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten haben auch die Wirtschaft Spaniens erreicht und das Wachstum reduziert. Hier Stabilität zu sichern, ist eine Zentralaufgabe der Regierung Zapatero. Auch gegenüber dem Terror der baskischen Untergrundorganisation ETA wird die sozialistische Regierung nicht nur Festigkeit beweisen müssen, sondern auch den Weg der Verständigung nicht aus dem Auge verlieren dürfen. Im europäischen und internationalen Kontext wird Spanien ein berechenbarer Akteur bleiben, ein erneuter Umschwung in der Ausrichtung der Außenpolitik durch einen Regierungswechsel bleibt somit den Partnern des Landes erspart. Allerdings bedarf die Rolle Spaniens in der Weltpolitik einer stärkeren strategischen Profilierung, wenn das Land sein Potential auch voll entfalten möchte.

Prof. Dr. Günther Maihold ist stellvertretender Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.