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Kaum Frauenpower

10. Mai 2009

Ob Sonia Gandhi, ihre Schwiegermutter Indira oder die Ministerpräsidentin von Uttar Pradesh - einige Frauen haben sich in der indischen Politik einen Namen gemacht. Doch bei den aktuellen Wahlen bilden sie eine Ausnahme.

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Sonia Gandhi (Foto:ap)
Sonia Gandhi, die Präsidentin der regierenden Kongress-Partei IndiensBild: AP

Die ehemalige Premierministerin des Landes, Indira Gandhi, war die Tochter von Jawaharlal Nehru, des Weggefährten von Mahatma Gandhi und großen Unabhängigkeitskämpfers. Die Politik wurde der 1984 ermordeten Politikerin in die Wiege gelegt. Mit starker Hand regierte die "Eiserne Lady" Indien insgesamt 15 Jahre lang, von 1966 bis 1977 und von 1980 bis 1984. Im weltweiten Vergleich wurde Indien also ziemlich lange von einer Frau regiert, auch wenn Indira Gandhi - wie immer wieder kritisch angemerkt wird - nur das politische Erbe ihres Vaters angetreten hatte.

Ausnahmeerscheinung Indira Gandhi

Indira Gandhi (Foto:ap)
Indiens ehemalige Premierministerin Indira GandhiBild: AP

Nach Meinung der Menschenrechtsaktivistin und Frauenrechtlerin Madhu Kishwar war Indira Gandhi zwar eine starke und mächtige Frau. Aber sie habe nichts getan, um die Lage der Frauen in Indien zu verbessern und sie in der Politik zu fördern - im Gegenteil: "Sie hat gerade die Frauen in der Politik, die ihr gefährlich werden konnten, zum Beispiel diejenigen, die für die Unabhängigkeit und Freiheit Indiens gekämpft hatten, bedrängt. Sie wollte doch nur zeigen, dass sie der einzige wahre Mann im Kabinett ist."

Nur wenig Chancen auf eine politische Karriere

Wählende Frauen in Indien (Foto: UNI)
Frauen vor einem Wahllokal in KishanganjBild: UNI

Bereits 1949 bekamen Frauen in Indien das Recht, wählen zu dürfen. Doch bis heute sind Frauen auf allen politischen Ebenen unterrepräsentiert. Etwa 1700 Kandidaten gibt es bei den diesjährigen Parlamentswahlen. Weniger als neun Prozent davon sind Frauen. Für die Aktivistin Madhu Kishwar ist das keine Überraschung: "Frauen haben nun einmal keine Lobby, sie sind keine wichtige Wählergruppe," ist Madhu Kishwar überzeugt: "Die Dalits oder die Angehörigen anderer benachteiligter Kasten sind wenigstens organisiert." Frauen in der Politik kümmerten sich meist um die Belange von Frauen und Kindern. Weiter kämen sie jedoch nicht. "Wieviele Arbeiten übernehmen die Frauen in der Landwirtschaft?" fragt die Frauenrechtlerin: "Aber keiner käme auf die Idee, eine Frau zur Landwirtschaftsministerin zu ernennen."

Fortschritte im ganzen Land

Schuhputzerinnen in Vijayawada (Foto: UNI)
Schuhputzerinnen in VijayawadaBild: UNI

Dennoch hat sich in den letzten Jahren vieles für die Frauen in Indien verändert. Gerade in den Städten gehen mittlerweile fast genauso viele Mädchen zur Schule wie Jungen. Immer mehr gut ausgebildete Frauen drängen auf den Arbeitsmarkt. In den vergangenen Jahren ist mit Hilfe der unzähligen Nichtregierungsorganisationen und Frauenvereinigungen in Indien auch in der Gesetzgebung viel erreicht worden. So gibt es mehr Schutz für Frauen bei häuslicher Gewalt und anderen Verbrechen. Zwar ist ein seit mehr als einem Jahrzehnt diskutiertes Gesetz, das Frauen ein Drittel aller Sitze im Parlament reservieren soll, bis heute nicht verabschiedet worden. Doch auf lokaler Ebene, in den Dorfräten und in den Länderparlamenten, stehen die Frauen viel besser da. Im Bundesstaat Uttarakhand wurden jüngst 50 Prozent der Sitze in den Dorfräten für Frauen reserviert. Ein Umdenken auf nationaler Ebene brauche aber Zeit, meint Brinda Karat von der kommunistischen Partei Indiens CPI (M): "Alle halten am Status Quo fest. Niemand möchte, dass der eigene Sitz an eine Frau geht." Ein Problem sieht die Politikerin auch darin, dass im indischen Parteiensystem Frauen von den Parteien überhaupt nicht nominiert werden. "Und wenn sie nicht einmal Kandidaten werden, wie können wir dann von politischer Repräsentation reden?"

Langer Weg zur Partizipation

Manmohan Singh und Sonia Gandhi (Foto:ap)
Vertrautes Bild in Indien: Manmohan Singh regiert, Sonia Gandhi bleibt im HintergrundBild: AP

Es ist die politische Basis, die den Frauen in Indien fehlt. So können sie schlecht ihre Themen vorbringen und sich nach oben durchkämpfen. Oftmals brauchen sie jemanden, der schützend ihre Hand über sie hält, oder - wie im Fall von Indira und Sonia Gandhi - den richtigen Nachnamen. Das heißt, sie müssen mehrheitlich noch einer gesellschaftlichen Elite angehören. Da die Vorsitzende der regierenden Kongresspartei, Sonia Gandhi, bereits 2004 auf das Amt der Premierministerin verzichtet hatte und auch dieses Mal Manmohan Singh den Vortritt lässt, wird es noch lange dauern, bis wieder eine Frau Indien regieren wird und möglicherweise den Frauen ihren längst verdienten Platz in der Politik zusprechen kann.

Autorin: Priya Esselborn
Redaktion: Thomas Latschan (mag)