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Diplomatische Reaktion

28. August 2008

Die russische Anerkennung der abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien hat Serbien in eine schwierige Lage gebracht – die Regierung reagiert diplomatisch.

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Sitz der Regierung in BelgradBild: DW

Die Anerkennung Südossetiens und Abchasiens durch Russland hat die serbischen Politiker in eine ziemlich unangenehme Lage versetzt: Wenn sie die Einheit Georgiens unterstützen, verärgern sie Moskau. Wenn sie aber die Anerkennung durch Russland akzeptieren, widersprechen sie ihrem eigenen Standpunkt zur Unabhängigkeit des Kosovo. Die bisherige Taktik des offiziellen Belgrad während der russisch-georgischen Krise war Stillschweigen und aufmerksames Beobachten. Die serbische Regierung wollte erstmal sehen, wie die Reaktionen auf den jüngsten Schritt Moskaus ausfallen würden.

Belgrad sieht Prinzipien bestätigt

Das serbische Außenministerium entschied sich danach für eine äußerst vorsichtig formulierte Pressemitteilung. Darin heißt es: Serbien habe rechtzeitig auf die Gefahr aufmerksam gemacht, dass die Unabhängigkeit des Kosovo und dessen Anerkennung zu einem Präzedenzfall würde. Des Weiteren wurde in der neutralen Diplomatensprache festgehalten, Belgrad achte das internationale Recht und die territoriale Integrität international anerkannter Staaten.

Serbische Fachleute für internationale Beziehungen bewerten diese Mitteilung als klug und angebracht. Weil Serbien gute Beziehungen zu Russland wahren will, aber auch Mitglied der Europäischen Union werden möchte, ist die Wortwahl in der jetzigen Situation eine äußerst heikle Angelegenheit. Bratislav Grubacic, Herausgeber der diplomatischen Fachzeitschrift VIP aus Belgrad, meint: „Der serbische Standpunkt ist sehr prinzipientreu im Hinblick auf die Souveränität und Integrität aller Staaten. Ich nehme an, die serbische Regierung geht davon aus, dass diese Position mit Blick auf den serbischen Standpunkt zum Kosovo auch auf das Verständnis der russischen Seite stoßen wird."

Änderungen beim Kosovo-Standpunkt?

Russland habe nun seine strategischen Prioritäten ausgewählt. Die würden vornehmlich die Beziehungen zu den ehemaligen Sowjetrepubliken und den Nachbarländern von Russland betreffen, meint der serbische Experte Grubacic. Das heiße aber nicht, „dass die Russen auch ihren Standpunkt zum Kosovo ändern werden. Aber ganz gewiss verlieren die bisherigen Argumente Russlands an Überzeugungskraft. Letztendlich ist Kosovo vor allem eine serbische Frage und viel weniger eine russische."

Die russische Anerkennung der abtrünnigen georgischen Regionen könnte die Kosovo-Frage in den Hintergrund drängen. Demzufolge sei zu erwarten, dass sogar Länder, die das Kosovo anerkannt haben, nun mehr Verständnis für die serbische Position zeigen, hofft Bratislav Grubacic. "Ganz sicher können wir erwarten, dass von jetzt an kaum ein Land es wagen wird, die Unabhängigkeit des Kosovo in einer so komplizierten Lage anzuerkennen, insbesondere nicht vor der Sitzung der UN-Vollversammlung über die Kosovo-Resolution der serbischen Regierung. Dies ist ein gewisser Vorteil für Serbien", so Grubacic.

Fast alle Medien in Serbien beschäftigen sich seit Tagen mit Vergleichen zwischen der Kosovo-Frage und der Kaukasus-Krise. Dabei werden sowohl Amerikaner als auch Westeuropäer oft als Heuchler bezeichnet, vor allem bei ihrem Standpunkt zum Thema "territoriale Integrität eines Staates."

Ivica Petrovic