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Vorgezogene Wahlen

8. Februar 2011

Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew hat es eilig. Schon Anfang April will er vorgezogene Wahlen abhalten. Oppositionelle kritisieren die kurze Frist. Die Eile des Präsidenten führt zu Spekulationen.

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Kasachen werfen Stimmzettel in eine Wahlurne (Foto: AP)
OSZE: Bisher keine freien Wahlen in KasachstanBild: AP

Seine Dienstzeit endet eigentlich erst 2012, doch der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew kann es offenbar kaum erwarten, sich im Amt bestätigen lassen. In wenigen Wochen schon sollen die Kasachen wählen - am 03. April. Zuvor hatte das kasachische Parlament eine Verfassungsänderung angenommen, die es dem Präsidenten erlaubt, vorgezogene Wahlen innerhalb von zwei Monaten anzusetzen. In beiden Parlamentskammern sitzen ausschließlich Vertreter von Nasarbajews Partei Nur Otan.

Nursultan Nasarbajew mit seiner Frau bei der Stimmabgabe bei der letzten Wahl 2005 (Foto: dpa)
Nursultan Nasarbajew bei der letzten Wahl 2005Bild: dpa

Statt vorgezogener Wahlen wollte der Präsident zunächst nur ein Referendum abhalten, um so seine Amtszeit bis zum Jahr 2020 zu verlängern. Diese Initiative des Parlaments erklärte der Verfassungsrat des Landes aber überraschenderweise für verfassungswidrig, woraufhin sich auch Nasarbajew selbst gegen eine Volksbefragung aussprach.

Keine Chance für Oppositionelle?

Den nun kurzfristig anberaumten Wahltermin kritisieren vor allem kasachische Oppositionelle. Zwei Monate seien zu wenig, um eine Präsidentschaftskandidatur vorzubereiten. Man habe keine Chance, in so kurzer Zeit die Anzahl von Unterstützer-Unterschriften zu sammeln, die für die Zulassung einer Kandidatur durch die Wahlkommission notwendig sei. Auch bliebe für den Wahlkampf kaum Zeit.

Anhänger der kasachischen Oppositionspartei Asat bei einer Demonstration (Foto: DW)
Oppositionspartei Asat fordert freie und faire WahlenBild: DW

In einem offenen Brief an Nasarbajew schreibt die oppositionelle, sozialdemokratische Asat-Partei nun, die Führung des Landes habe die Pflicht, den Urnengang zur ersten "freien, fairen und transparenten Abstimmung" in der Geschichte der früheren Sowjetrepublik werden zu lassen. Der Führer der Asat-Partei, Bulat Abilow, hofft, als Kandidat zugelassen zu werden. Allerdings laufen gegen ihn seit längerem zwei Strafverfahren.

Andere oppositionelle Parteien erklärten bereits, keine Kandidaten aufstellen zu wollen, darunter die Parteien Adilet und Ak Schol. Auch das Oppositionsbündnis "Volksherrschaft" will keinen Kandidaten nominieren. Die Kommunistische Partei, die dem Bündnis angehört, teilte mit, sie werde eine mögliche Kandidatur des Sozialdemokraten Abilow unterstützen.

Spekulationen über Nasarbajew

Ob Nasarbajew selbst kandidieren wird oder nicht, wird sich vermutlich erst beim nächsten Kongress der Regierungspartei Nur Otan herausstellen. Dieser soll am 11. Februar in Astana beginnen. Werbespots für Nasarbajew, die bereits im kasachischen Fernsehen unter dem Motto "Starker Führer - starkes Land" laufen, deuten aber darauf hin, dass Nasarbajew im Amt bleiben will.

Der kasachische Ministerpräsident Karim Masimow spricht an einem Rednerpult (Foto: dpa)
Spekulationen auch um Premier Karim MasimowBild: picture-alliance/dpa

Die Eile, mit der Nasarbajew nun die vorgezogene Wahl angesetzt hat, sorgt in Kasachstan für Spekulationen. Einige Beobachter meinen, Grund für Nasarbajews Vorgehen seien Wirtschaftsprobleme. Steigende Preise für Grundnahrungsmittel und Dienstleistungen würden zunehmend für Unmut in der Bevölkerung sorgen. Nasarbajew fürchte ein "ägyptisches Szenario" - einen Aufruhr der Menschen.

Andere wiederum sagen, Nasarbajews Gesundheitszustand sei schlecht. Deswegen werde er nicht mehr kandidieren und habe Premierminister Karim Masimow als seinen Nachfolger auserkoren. Mit ihm sei er bereits gemeinsam bei Veranstaltungen aufgetreten.

Seit über 20 Jahren an der Macht

Nasarbajew steht seit 1989 an der Spitze Kasachstans - zunächst als Generalsekretär der kommunistischen Partei und nach dem Zerfall der Sowjetunion als Präsident des unabhängigen Staates. Die Verfassung des Landes sieht keine Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten vor. Bei der letzten Wahl 2005 erhielt Nasarbajew offiziellen Angaben zufolge mehr als 90 Prozent der Stimmen. Nach Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ließ er aber in seiner gesamten Amtszeit keine freie Wahlen zu.

Bereits seit Mai 2010 trägt Nasarbajew einem Parlamentsbeschluss zufolge den Titel "Führer der Nation". Damit genießt er schon heute lebenslange Immunität und wird auch nach einem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt über die innen- und außenpolitischen Geschicke des Landes mitentscheiden dürfen.

Autoren: Markian Ostaptschuk, Anatolij Weißkopf (mit afp, rtr)
Redaktion: Nicole Scherschun