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Karlheinz Böhm: Ein Leben für Äthiopien

Sarah Wiertz30. Mai 2014

Er war der Märchenkaiser, der Filmpartner von Sissi: Karlheinz Böhm. Seine wahre Bestimmung fand der österreichische Schauspieler aber in Äthiopien. Nun ist Böhm 86-jährig gestorben. Er war an Alzheimer erkrankt.

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Karlheinz Böhm mit Ehefrau Almaz
Bild: picture-alliance/dpa

"Sissi!" "Franzl!" - Millionen Menschen im deutschsprachigen Raum wissen nach diesen zwei Worten sofort, worum es geht: Karlheinz Böhm und Romy Schneider als Kaiserpaar in der Sissi-Trilogie. Mit der Paraderolle als attraktiver und liebenswerter Franz Joseph spielte Böhm sich in den 1950er Jahren nicht nur in die Herzen der Nachkriegsgeneration. Noch heute schauen sich Menschen jeglichen Alters die romantisch-gefühlvollen, wenn auch anspruchslosen Historien- und Heimatfilme immer wieder gerne an.

Beinahe wäre Böhm Musiker geworden

Geboren 1928 als einziges Kind des berühmten österreichischen Dirigenten Prof. Dr. Karl Böhm und der Sängerin Thea Linhard, wuchs Böhm in Hamburg und Dresden auf. Mit Hilfe von gefälschten ärztlichen Attesten über eine Lungenkrankheit gelang es ihm, Kriegs-Deutschland zu verlassen und in der Schweiz auf ein Internat zu gehen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs zog er mit seinen Eltern nach Graz. Obwohl Böhm Musiker werden wollte und sollte - schon früh lernte er Klavierspielen -, war er eher an Theater und Film interessiert. So arbeitete er als Regieassistent, besuchte die Schauspielschule des Burgtheaters in Wien und spielte dann in unzähligen, meist kommerziellen Unterhaltungsproduktionen mit.

Der Erfolg mit der Sissi-Trilogie Mitte der Fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts war gleichzeitig ein Fluch für ihn. Durch die Rolle als Franz Joseph wurde er auf ein Genre festgelegt: "Ich weiß nicht, wie viel Prinzen, Fürsten, Könige und Kaiser ich damals hätte spielen sollen. Wirklich gute Angebote kamen nicht mehr", sagte Böhm rückblickend 1991. Böhm flüchtete sozusagen ins Ausland und drehte mehrere Filme in England, Frankreich und den USA. Überzeugend spielte er differenzierte Charaktere, doch das war nicht das, was seine Fans in der prüden und harmoniesüchtigen Nachkriegszeit sehen wollten.

Karlheinz Böhm als "Franz Josef von Österreich." an der Seite von Romy Schneider (Foto: dpa - Bildfunk)
Karlheinz Böhm als "Franz Josef von Österreich" an der Seite von Romy SchneiderBild: picture-alliance/dpa

Verkannt und verbannt

Der Psychothriller "Peeping Tom" (Augen der Angst) 1959, in dem er einen psychopathischen Mörder darstellte, wurde von der damaligen Presse gnadenlos verrissen. Anstatt Grundstein einer internationalen Karriere zu sein, verstaubte der Film im Archiv der Scheinheiligkeit - heute gilt er als Meisterwerk. So ging Böhm 1964 enttäuscht wieder nach Europa zurück und fing, wie er sagte, "von ganz unten wieder an." Böhm widmete sich verstärkt dem Theater.

Schauspieler Karl-Heinz Böhm in "Augen der Angst" (Peeping Tom), 1959 (Foto: )
Karlheinz Böhm in dem Psychothriller "Augen der Angst" (Peeping Tom)von 1960Bild: picture-alliance

Dann holte der Regisseur Rainer Werner Fassbinder den einstigen Star des deutschen Kinos Mitte der 70er Jahre wieder auf die Leinwand zurück. Böhm spielte unter anderem in den Produktionen "Effi Briest" (1974) und "Martha", einem Psychodrama über eine Ehe mit albtraumhaften Zügen. Über seine Arbeit mit Fassbinder sagte Böhm: "Ich hielt Fassbinder damals für den interessantesten politischen Kritiker seiner Zeit. Und diese Auseinandersetzung war mir weitaus wichtiger als einfach nur die künstlerische Weiterentwicklung."

"Abo" Karl

So begann sich Böhm nach dem Ende seiner Filmkarriere immer mehr für die globalen Probleme zu interessieren. 1976 reiste er nach Kenia, um eine Entzündung der Atemwege auszukurieren. Als er die Armut in Afrika mit eigenen Augen sah, beschloss er sich für die Menschen vor Ort einzusetzen. Fünf Jahre später wettete er in der Fernsehsendung "Wetten dass...?", dass nicht einmal jeder dritte Zuschauer eine deutsche Mark für die Menschen in Afrika spenden würde.

Karlheinz Böhm
Ein Lebenswerk: Mit seiner Hilfsorganisation half Karlheinz Böhm vielen Menschen in AfrikaBild: Getty Images

Zwar gewann er die Wette, gründete aber noch im selben Jahr die Hilfsorganisation "Menschen für Menschen", die bis heute 230 Millionen Euro Spendengelder sammeln konnte und über 700 Mitarbeiter vor Ort beschäftigt. Die Stiftung geriet Anfang 2013 in die Kritik, weil zwei Großspender von der Organisation zurücktraten mit dem Vorwurf, die Stiftung gebe zu viel Geld aus und sorge nicht für genug Transparenz. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass Böhm an Alzheimer erkrankt ist.

Böhm, der viermal verheiratet war und sieben Kinder hat, bekam 2002 für sein jahrzehntelanges Engagement in Äthiopien das Große Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich verliehen. 2008 bekam er die "Berlinale-Kamera" sowie den Hundertwasser-Preis. Ganz besonders dürfte Böhm jedoch eine Ehrung aus 2003 erfreuen: In diesem Jahr wurde er zum Ehrenbürger Äthiopiens ernannt. "Abo" Karl, Vater Karl, nannten ihn die Äthiopier - und haben Plätze und Berge nach ihm benannt.