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Kapitol-Ausschuss: "Trump im Zentrum"

10. Juni 2022

Die Erstürmung des US-Kapitols vor eineinhalb Jahren sei "der Höhepunkt eines Putschversuchs" gewesen, stellt ein Untersuchungsausschuss fest. Ein Gouverneurskandidat wird festgenommen.

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Washington 1. Anhörung Capitol Sturm
Der Ausschussvorsitzende Thompson (rechts) und seine Stellvertreterin Cheney geben ihr Eröffnungsstatement abBild: Alex Brandon-Pool/Getty Images

Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols macht Ex-Präsident Donald Trump für die Ereignisse im Januar vorigen Jahres verantwortlich. Trump habe die Demonstranten zu Ausschreitungen "angestachelt", sagte der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson bei der Vorstellung erster Ermittlungsergebnisse. Die Kapitol-Erstürmung sei "der Höhepunkt eines Putschversuchs" gewesen.

Der damalige Präsident habe "im Zentrum dieser Verschwörung" gestanden. Die Gewalt sei kein Zufall gewesen, und die Demokratie in den USA sei weiter in Gefahr, so Thompson. Trump habe den "Mob herbeigerufen" und die "Flamme dieses Angriffs entzündet", sagte auch die stellvertretende Ausschussvorsitzende, die Republikanerin Liz Cheney.

Demokraten: Koordinierte Kampagne

Der 6. Januar 2021 gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie: Hunderte radikale Trump-Anhänger erstürmten das Kapitol, den Sitz beider Parlamentskammern, als dort der Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl vom November 2020 zertifiziert werden sollte. Die Ausschreitungen, bei denen fünf Menschen starben, sorgten weltweit für Entsetzen. Insbesondere Bidens Demokraten gehen davon aus, dass es eine koordinierte Kampagne gab, um das Wahlergebnis zu kippen.

Aufarbeitung des Sturms auf das US-Kapitol

Die neun Mitglieder des Ausschusses - sieben Demokraten und zwei Republikaner - hatten vor knapp einem Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Sie sichteten rund 140.000 Dokumente und befragten mehr als 1000 Zeugen. Die sorgfältig ausgearbeitete Präsentation des Gremiums stützte sich auf Aussagen, die hinter verschlossenen Türen von einigen der engsten Vertrauten Trumps gemacht wurden, darunter Ex-Justizminister Bill Barr und Trumps Schwiegersohn und ranghöchster Berater, Jared Kushner.

Ausstrahlung zur besten Sendezeit

Es war die erste von mehreren geplanten öffentlichen Anhörungen, die live im Fernsehen ausgestrahlt werden. Der Untersuchungsausschuss präsentierte dabei bislang unveröffentlichte Videoaufnahmen der Ausschreitungen. Darauf ist dokumentiert, wie Menschenmassen das Kapitol erstürmen und dazu aufrufen, Vizepräsident Mike Pence zu "hängen". In einer Sequenz ist ein Demonstrant zu sehen, der mit einem Megafon Tweets von Donald Trump vorliest.

USA Orlando | Donald Trump während CPAC Konferenz
"Viele positive Zeugen ignoriert": Ex-US-Präsident Donald Trump (Archivbild)Bild: John Raoux/AP/picture alliance

Die konservativsten Medien der USA ignorierten die Präsentation. Auch anderthalb Jahre nach dem Sturm auf das Kapitol sind Millionen von Trump-Anhängern fest davon überzeugt, dass die Abstimmung im Jahr 2020 gefälscht wurde. Beweise legten die Verfechter dieser These bisher jedoch nicht vor.

Trump: "Größte Bewegung in der US-Geschichte"

Donald Trump, der bei der Sitzung nicht anwesend war, wiederholte seinerseits die Wahlbetrugsvorwürfe und versuchte, Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Ausschusses zu säen. Auf seiner Online-Plattform Truth Social bezeichnete der Ex-Präsident die Erstürmung des Kapitols als "größte Bewegung in der Geschichte unseres Landes, um Amerika wieder groß zu machen". Die Mitglieder des Gremiums hätten die "vielen positiven Zeugen und Aussagen" ignoriert, schrieb Trump.

Dieses Foto soll den Republikaner Ryan Kelley am 6. Januar 2021 vor dem US-Kapitol zeigen
Dieses Foto soll den Republikaner Ryan Kelley am 6. Januar 2021 vor dem US-Kapitol zeigenBild: Jim Urquhart/REUTERS

Kurz vor Beginn der Anhörungen hatte die Bundespolizei FBI einen Gouverneurskandidaten aus Michigan festgenommen. Dem Republikaner Ryan Kelley wird vorgeworfen, an den Ausschreitungen teilgenommen zu haben.

Der Gründer des rechtsextremen American Patriot Council wurde in seinem Haus in Allendale in Michigan festgenommen. Er musste sich einer kurzen Anhörung vor dem Bundesgericht in Grand Rapids stellen, wo er ohne Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Die Regierung hatte nicht beantragt, Kelley in Haft zu nehmen.

"Das ist es! Das ist Krieg, Baby!"

Der 40 Jahre alte Politiker verließ das Gerichtsgebäude im Beisein seiner Frau und anderer Familienmitglieder. Er sagte nur, dass er sich später äußern werde. Auf Facebook bezeichnete er sich als "politischen Gefangenen''. Kelley wird beschuldigt, illegal das Kapitol betreten und dort vorsätzlich fremdes Eigentum beschädigt zu haben.

USA | Unterstützer von Donald Trump vor dem Kapitol in Washington
Radikale Trump-Anhänger erstürmen am 6. Januar 2021 das Kapitol in WashingtonBild: Stephanie Keith/REUTERS

Seine Teilnahme an der Kapitol-Erstürmung lässt sich laut Gerichtsunterlagen durch Videos, Fotos und andere Beiträge in Online-Netzwerken sowie Tonaufnahmen belegen. Er forderte die Menschenmenge demnach auf, das Kapitol zu betreten. Ein Video, das von der Nachrichtenseite Michigan Tea veröffentlicht wurde, zeigt angeblich Kelley, wie er schreit: "Das ist es! Das ist Krieg, Baby!"

jj/rb/ie/AR (dpa, afp, rtr, ap)