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Politik

Kanzlerin Merkel lobt den Libanon

22. Juni 2018

Sie habe Hochachtung dafür, was das Land unglaubliches bei der Betreuung der Flüchtlinge aus Syrien leiste, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Regierung in Beirut pocht auf mehr Hilfe für Syrien-Flüchtlinge.

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Libanon PK Angela Merkel und Saad al-Hariri
Bild: Reuters/M. Azakir

Der Libanon beherberge bei 4,5 Millionen Einwohnern über ein Million Flüchtlinge. Damit  sei etwa jeder vierte Mensch im Libanon ein Flüchtling. Deutschland wolle dazu beitragen, dass die Flüchtlinge in ihre syrische Heimat zurückkehren können, sagte die Kanzlerin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Saad Hariri in Beirut. Es müssten dafür aber sichere Bedingungen geschaffen werden, betonte Merkel. Ihr Besuch solle dazu beitragen, dass Deutschland und der Libanon "weiter gemeinsam an der Sache dranbleiben".  

Libanon fordert weitere Unterstützung

Hariri beklagte die Überlastung seines Landes durch die Flüchtlingskrise und pochte auf mehr internationale Hilfe bei deren Bewältigung. Zugleich betonte er, die "einzige nachhaltige Lösung" sei die Rückkehr der Flüchtlinge nach Syrien, die aber geordnet und sicher und "mit Würde" geschehen müsse. Der Regierungschef betonte, dass die Syrer nicht libanesische Staatsbürger werden würden. Hintergrund ist die Angst in dem multikonfessionellen Land, dass die große Anzahl sunnitischer Flüchtlinge aus Syrien den Bevölkerungsmix entscheidend verändern könnte. Dies fürchten vor allem Schiiten und Christen im Libanon.

Anders als etwa Jordanien - die erste Station von Merkels Nahostreise - oder die Türkei, wo die Versorgung der Flüchtlinge weitestgehend zentral koordiniert wird, gibt es im Libanon keine großen staatlich organisierten Zeltstädte zur Unterbringung der Menschen. Die Regierung in Beirut erlaubt keine offiziellen Flüchtlingslager. Sie hofft so, den Flüchtlingen klar machen zu können, dass es sich nur um eine vorübergehende Aufnahme im Libanon handelt. 

Die Kanzlerin sagte dem Libanon weitere deutsche Hilfe zu. Im vergangenen Jahr stellte die Bundesrepublik dem kleinen Staat am Mittelmeer 380 Millionen Euro zur Verfügung. Berlin gibt unter anderem Geld, um im Libanon die humanitäre Hilfe zu unterstützen und Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen.

Unter Schülern

Merkel besuchte am Freitagmorgen eine Schule in Beirut, in der einheimische und Flüchtlingskinder im Schichtbetrieb unterrichtet werden. In der Schule werden vormittags libanesische und nachmittags rund 600 syrische Flüchtlingskinder unterrichtet. Deutschland unterstützt ein Hilfsprogramm, das es ermöglicht hat, dass im Schuljahr 2017/18 insgesamt 270.000 Kinder im Libanon den Schulbesuch ermöglicht, darunter mehr als 100.000 syrische Mädchen und Jungen.

Bundeskanzlerin Merkel im Libanon
Kanzlerin auf SchulbesuchBild: picture-alliance/dpa

Libanesische Schulkinder in der Minderheit

Eine Vertreterin des UN-Kinderhilfswerks UNICEF sagte am Rande des Besuchs der Kanzlerin, im ganzen Land lebten 400.000 Flüchtlingskinder im Schulalter, 220.000 von ihnen besuchten Schulen im Libanon. Insgesamt gebe es in den Schulen des Landes derzeit mehr syrische als libanesische Kinder. Die hohe Zahl der Flüchtlingskinder stelle das Schulsystem des Landes vor riesige Herausforderungen. Wegen des Unterrichts in Doppelschichten an etwa 360 Schulen müssten auch doppelt so viele Lehrer und Unterrichtskapazitäten bereitgestellt werden.

Gemessen an der Bevölkerungszahl sind im Libanon weltweit die meisten Flüchtlinge untergekommen, 164 pro 1000 Einwohner. Zum Vergleich, in Deutschland sind es 12 Flüchtlinge auf 1000 Einwohner.

Merkel dämpft Erwartungen an EU-Migrationstreffen

Die Kanzlerin nutzte die Pressekonferenz in Beirut auch, um die Erwartungen an den informellen EU-Sondergipfel zum Thema Migration am Sonntag in Brüssel hinunterzuschrauben. "Es handelt sich in Brüssel um ein Beratungs- und Arbeitstreffen, bei dem es keine Abschlusserklärung geben wird", sagte Merkel.  Es gehe darum, mit besonders betroffenen Mitgliedstaaten über alle Fragen der Migration zu sprechen. Dies betreffe etwa die Frage ankommender Flüchtlinge in der EU, woran Länder wie Italien besonders interessiert sind. Zudem gehe es um die sogenannte Sekundärmigration, also die Bewegung von Flüchtlingen innerhalb des Schengenraums. Es sei zudem klar, dass auch auf dem EU-Gipfel am 28. und 29. Juni nicht das gesamte Migrationspaket beschlossen werden könne. 

qu/hf (dpa, rtr, ape, Phoenix)