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Kampf um einen Staatsauftrag

Sabine Teller11. Juni 2002

Die Bundesregierung will Ende Juni einen milliardenschweren Auftrag für das lang umstrittene Lkw-Mautsystem vergeben. Als aussichtsreiches Team gelten DaimlerChrysler und die Deutsche Telekom.

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Sie zahlen, während andere kräftig verdienenBild: AP

Die Lkw-Maut wird kommen und mit ihr das große Geschäft. Für Industrie und Staat erweist sich die Autobahngebühr für Schwertransporter über zwölf Tonnen, die Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) im März 2002 durch den Bundesrat geboxt hat, als dauerhaft lukrative Einnahmequelle. Denn nicht nur Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) rechnet nach Inkrafttreten der Maut im Januar 2003 mit zusätzlichen Einnahmen von 3,5 Milliarden Euro jährlich, auch Unternehmen wie DaimlerChrysler und die Deutsche Telekom hoffen auf Millionen-Gewinne.

Grund für diesen Optimismus ist ein Milliarden schwerer Auftrag des Verkehrsministeriums, das einen Finanzier, Entwickler und Betreiber des Lkw-Maut-Erfassungssystems sucht. Kleine Kästen, mit Mobilfunk und Satellitennavigation ausgestattet, sollen in tausenden von Lkw alle Fahrdaten erfassen und eine Gebühr von durchschnittlich 15 Cent pro Autobahnkilometer berechnen. Statt wie bisher eine einmalige Jahresgebühr zu verlangen, soll nun das elektronische System für mehr Gerechtigkeit sorgen. Kraftfahrer, die noch nicht an das automatische System angeschlossen sind, werden an Terminals entlang der Schnellstraßen ihre Gebühren zahlen können.

Zwölf Mal 700 Millionen Euro pro Jahr

Das Bieterkonsortium von DaimlerChrysler und der Telekom gemeinsam mit ihrem Minderheitenpartner, dem französischen Autobahnbetreiber Cofiroute, gilt als Favorit im Rennen um den lukrativen Auftrag. Jährlich würden dann 600 bis 700 Millionen Euro fließen und das für eine Dauer von voraussichtlich über zwölf Jahren. Damit ist das Konkurrenzkonsortium Ages, bestehend aus dem britischen Mobilfunkkonzern Vodafone, Shell und BP, ausgeschlagen - ein Umstand, der wenig verwundert. Denn im Vorfeld hatte es bereits Vorwürfe der Bevorteilung gegeben.

So stoppte im vergangenen November etwa das Oberlandesgericht in Düsseldorf das Vergabeverfahren. Der Vorwurf: Mauscheleien bei der Ausschreibung. Das Ages-Konsortium hatte vom Verkehrsministerium einen Dämpfer bekommen, weil nicht alle geldgebenden Beteiligungsfirmen des Konsortiums das Angebot unterschrieben hätten. Eine hinreichende Finanzierung durch die Projektgesellschaft sei "nicht gewährleistet", hieß es aus dem Hause des Verkehrsministers Bodewig.

Bei genauerem Hinsehen erwiesen sich die Unterlagen des Telekom-DaimlerChrysler-Konsortiums ebenfalls als mangelhaft. Außer der Tatsache, dass 6000 Seiten ergänzende Unterlagen nach dem Abgabetermin eingereicht wurden, soll etwa die Bürgschaftserklärung der Konzerne überhaupt nicht unterschrieben gewesen sein. Da es hier keinerlei Beanstandungen gab, verdichtete sich bereits damals der Verdacht, das Ministerium habe seinen Auftrag intern schon längst vergeben.

Gerichtliche Auseinandersetzung angekündigt

Das Verkehrsministerium will derlei nicht bestätigen - das Rennen mache letztendlich einzig und allein der kostengünstigere Anbieter. Das Ages-Konsortium reagiert auf die angeblich schon gefallene Entscheidung und gibt sich kämpferisch. Man sei weiter der Meinung, gute Chancen für den Auftrag zu haben, sagte ein Sprecher. "Vielleicht gibt es da eine Lösung mit beiden Konsortien. Falls nicht, werden wir die Entscheidung einer gerichtlichen Prüfung unterziehen."

Diese Haltung scheint verständlich. Nach eigenen Angaben hatte Ages das günstigere Angebot für die Produktion von mehr Systemen eingereicht. Trotzdem könnte sich Ages glücklich schätzen, einer großen Verantwortung entkommen zu sein. Sollte sich die Installation des Lkw-Maut-Erfassungssystems nämlich verzögern, zahlt der Bieter laut Ausschreibungsverfahren für jeden verlorenen Tag zehn Millionen Euro.