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Kampf um Alstom in den Medien

iw23. Juni 2014

Der Poker zwischen Siemens und General Electric um den französischen Konzern Alstom ist zu Ende – nun beäugen viele Zeitungen das Ergebnis und fragen sich, wer sind die wahren Gewinner und Verlierer. Eine Presseschau.

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Symbolbild Medien
Bild: picture-alliance/dpa

Die konservative Pariser Zeitung Le Figaro kritisiert den Einstieg des französischen Staates bei Alstom: "Es war absolut nicht nötig, dass der Staat bei Alstom einsteigt. Besonders da diese fixe Idee den Staat bis zu zwei Milliarden Euro für 20 Prozent des Kapitals von Alstom kosten könnte. In Zeiten leerer Kassen wäre das ein hoher Preis, um den Ehrgeiz eines Ministers (des Wirtschaftsministers Arnaud Montebourg) zu befriedigen. Frankreich ist mit seiner hohen Steuerbelastung und Überreglementierung bekanntlich kein Paradies für Investoren. Mit diesem Eingriff in Unternehmensangelegenheiten macht Montebourg die Sache noch schlimmer."

Die Regionalzeitung Républicain Lorrain aus Metz in Ostfrankreich schreibt: "Es ist in Wirklichkeit ein Hin und Zurück, das die öffentliche Hand im Verwaltungsrat der französischen Energie- und Transportchampions unternommen haben wird." Erst sei die Regierung bei Alstom eingestiegen, um das Unternehmen vor der Pleite zu retten, dann habe der damalige Präsident Nicolas Sarkozy 2006 die Staatsanteile für zwei Milliarden Euro an die französische Gruppe Bouygues verkauft. Nun, acht Jahre später kaufe der Staat die Anteile für dieselbe Summe wieder zurück. "Dies hätte (...) zum Schuldenabbau des Staates beitragen können. Aber das ist der zu zahlende Preis, um ein Auge auf eine strategische Gruppe in Frankreich zu halten. (...)"

Auch die katholische französische Tageszeitung La Croix kommentiert am Montag den Einstieg des französischen Staates. "Die wichtigste Aufgabe des Staates ist es heute, die Belastungen und Steuern für Unternehmen zu verringern, und gleichzeitig die öffentliche Schuldenlast zu senken. Langfristig muss der Staat die Forschung und Entwicklung fördern und günstige finanzielle und soziale Voraussetzungen für die Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen schaffen. Frankreich kann sich erst erfolgreich und dynamisch nennen, wenn Unternehmen keine politische Unterstützung mehr benötigen, um sich zu entwickeln."

Auch in Deutschland schaut die Presse kritisch auf das Verhalten der französischen Regierung. In der Südwest Presse hießt es: "Der französische Staat steigt als Großaktionär bei seinem Großunternehmen ein, nachdem die Regierung zuvor eine Lex Alstom geschaffen hatte: Energie ist strategisch wichtig, wer hier mitmischen darf, entscheidet die Politik. Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg markierte so den starken staatlichen Max. Die Frage sei erlaubt, ob die aktuellen Schwächen Frankreichs nicht mit einem solchen Selbstverständnis von Wirtschaftspolitik zu tun haben."

General Electric würde nun einiges bevorstehen, unken die Stuttgarter Nachrichten. "Offiziell spricht die Regierung zwar von einer gleichberechtigten Partnerschaft mit den neuen Kapitalgebern aus den USA. Wer das glaubt, kennt die französischen Befindlichkeiten aber nicht. Alstom ist mit seinen edlen Dampfturbinen einer der Schlüsselzulieferer für den französischen Nuklearkonzern Areva - ein nationales Heiligtum, gleich hinter Jeanne d'Arc und den Atom-U-Booten. Wer als ausländischer Investor hier mitmischen will, muss darauf gefasst sein, dass der Staat bei jeder Kleinigkeit hineinredet. Das macht die Dinge extrem kompliziert. Gut, dass dem Siemens-Konzern, der gerade genug Probleme im eigenen Haus hat, das jetzt erspart bleibt."

Für Siemens sei der Ausgang des Pokers gar nicht so schlecht, meint der Münchner Merkur: "Man kann den Eindruck gewinnen, dass der Münchner Konzern nicht nur ein guter, sondern auch ein ziemlich zufriedener Verlierer ist. Es ist Siemens-Chef Joe Kaeser mit seiner geschickten Gegenofferte gelungen, nicht nur den Preis für den Konkurrenten GE in die Höhe zu treiben. Statt einer Übernahme und damit einer massiven Stärkung von GE in Europa stehen am Ende der Verhandlungen nur noch mehrere amerikanisch-französische Gemeinschaftsunternehmen. Außerdem werden sich die GE-Manager künftig mit dem französischen Staat als starkem Miteigentümer herumschlagen müssen. Wer die Franzosen kennt, weiß, dass man dort zu keinen Kompromissen bereit sein wird, wenn es um nationale industriepolitische Interessen geht."