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Kammerdiener legt Teilgeständnis ab

2. Oktober 2012

Überraschende Wende bei "Vatileaks": Im Prozess um die Enthüllungsaffäre hat der angeklagte Ex-Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, die Vorwürfe im Wesentlichen eingeräumt. Einen schweren Diebstahl aber bestritt er.

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Der Ex-Kammerdiener Paolo Gabriele (rechts) sitzt vor Gericht (Foto: Reuters)
Vatikan Prozess Paolo GabrieleBild: Reuters

Vor dem vatikanischen Tribunal in Rom gab Paolo Gabriele zu, vertrauliche Dokumente kopiert und an einen italienischen Journalisten weitergegeben zu haben. Er habe kein Geld bekommen, sagte der frühere Kammerdiener des Papstes nach Berichten von Prozessbeobachtern, die vom Vatikan zugelassen wurden. Er habe auch "ohne Komplizen" agiert, verfüge jedoch über zahlreiche "Kontakte", versicherte der verheiratete Vater dreier Kinder. In einem anonym geführten TV-Interview hatte er im Februar noch von etwa 20 Komplizen gesprochen.

Gabriele muss sich wegen schweren Diebstahls verantworten. "Was den schweren Diebstahl betrifft, fühle ich mich nicht schuldig", sagte der 46-Jährige den Beobachtern zufolge in seiner ersten Aussage vor dem Gericht. "Aber ich fühle mich schuldig, das Vertrauen missbraucht zu haben, das der Heilige Vater in mich gesetzt hatte."

Gänswein hatte keinen Verdacht

Neben Gendarmen und einer Hausdame aus dem päpstlichen Haushalt trat der päpstliche Privatsekretär Georg Gänswein in den Zeugenstand. Der deutsche Papst-Vertraute sagte als Zeuge aus, dass ihm ein Fehlen von Dokumenten nicht aufgefallen sei. Bis zum 21. Mai habe er keinen Verdacht gegen Gabriele gehegt. Damals konfrontierte der Prälat die päpstliche Familie damit, dass in einem Enthüllungsbuch auch Dokumente auftauchten, die auf direktem Weg ins päpstliche Appartement gekommen waren und nicht über das Staatssekretariat gingen.

Der Richter ordnete am Dienstag zudem eine Untersuchung zu den Haftbedingungen Gabrieles an, über die sich der Angeklagte beklagte hatte. Unter anderem sprach Gabriele von "psychologischem Druck".

In diesem Saal des vatikanischen Justizpalastes findet der Prozess gegen Gabriele statt (Foto: Reuters)
In diesem Saal des vatikanischen Justizpalastes findet der Prozess gegen Gabriele stattBild: Reuters

Es drohen vier Jahre Haft

Der Prozess hatte am Samstag begonnen. Gabriele wird beschuldigt, über Monate hinweg vertrauliche Dokumente kopiert und dem Journalisten Gianluigi Nuzzi zugespielt zu haben. Die Affäre erregte internationales Aufsehen und erhielt den Namen "Vatileaks", angelehnt an das Internet-Enthüllungsportal "Wikileaks". Gabriele wurde im Mai festgenommen, saß mehrere Wochen lang im Gefängnis und steht nun unter Hausarrest. Dem früheren engen Mitarbeiter des Papsts drohen bis zu vier Jahre Haft. Gabriele hofft jedoch darauf, von Benedikt XVI. begnadigt zu werden.

Ein vom vatikanischen Untersuchungsrichter in Auftrag gegebenes psychologisches Gutachten beschreibt Gabriele als manipulierbar.

Der Vatikan hat die Berichterstattung über den Prozess stark reglementiert. Lediglich acht vom Vatikan zugelassene Journalisten nehmen an der Verhandlung teil und informieren danach zusammen mit Vatikan-Sprecher Federico Lombardi ihre Kollegen. Lombardi erklärte nach dem zweiten Prozesstag, das Verfahren werde am Freitag oder Samstag beendet sein.

Vatileaks-Prozess: Ex-Papstdiener gesteht

kle/fab (afp, dpa, kna, rtr)