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Fairer Handel

Ziphora Eka Robina20. September 2006

Schon zum fünften Mal finden die "Fairen Wochen" statt - doch der Marktanteil fair gehandelter Waren ist nach wie vor gering. Die Veranstaltung richtet sich daher vor allem an die Käufer von morgen: die Jugendlichen.

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Verarbeitung von Kakaobohnen in GhanaBild: dpa - Bildarchiv

Aromatischer Röstkaffee, Karamell-Sahne-Bonbons und Fruchtsaft aus sonnengereiften Orangen - so schmackhaft kann Solidarität mit Kleinbauern in Afrika, Asien und Lateinamerika sein. Davon können sich die Besucher der "Fairen Wochen" überzeugen, die zum fünften Mal bundesweit veranstaltet werden. Solche Überzeugungsarbeit ist auch nötig: Denn trotz starker Zuwächse kommen die Marktanteile von fair gehandelten Waren in Deutschland über ein bis zwei Prozent bei Kaffee oder Tee nicht hinaus - alle anderen Produkte liegen sogar noch darunter.

Dabei macht der faire Handel bereits Schule: Im Rahmen der Aktionswochen zum fairen Handel haben Schüler der Salah und seine Klassenkameraden an einem Workshop zum Thema "Herstellung von fair gehandeltem Orangensaft" teilgenommen. Sie konnten dabei auch Kleinbauern aus Brasilien persönlich treffen und ihnen Fragen stellen - und damit Wissenslücken auffüllen: Viele der Schüler wussten zum Beispiel nicht, dass brasilianische Orangenpflücker mit den zusätzlichen Einnahmen aus dem fairen Handel ihre Kinder zur Schule schicken können.

Fairer Handel: Mindestlöhne für die Produzenten

Salah ist deshalb überzeugt davon, dass der faire Handel eine gute Sache ist: "Wir finden, dass man den anderen Ländern helfen sollte, indem man gerecht mit ihnen handelt - damit die Bauern in armen Ländern genauso leben können wie die europäischen Bauern." Und das, hat Salah jetzt gelernt, ermöglicht der faire Handel: Durch festgelegte Mindestpreise und Prämien sind die Kleinbauern dann nicht mehr abhängig von den Weltmarktpreisen, die sich sehr schnell verändern. Fällt eine Ernte wegen schlechter Witterung aus, erhalten die Bauern von den Fair-Handelspartnern Vorschüsse.

Aber damit die Produzenten in Asien, Afrika und Lateinamerika ihre gerechten Löhne auch bekommen, müssen die Konsumenten bereit sein, höhere Preise zu zahlen. In Deutschland scheint das zu funktionieren: Allein im letzten Jahr gingen fair gehandelte Produkte im Wert von 121 Millionen Euro über die Ladentische, rund 20 Prozent mehr als im Vorjahr.

"Ihr esst ein Stück Afrika!"

Bio-Bananen aus fairem Handel im Supermarkt-Regal
Fair gehandelte Bananen im Supermarkt-RegalBild: dpa

Der faire Handel bringt aber nicht nur für Kleinbauern in den so genannten Schwellenländern Vorteile", sagt Dieter Overath, Geschäftsführer von Transfair. Auch für Jugendliche in Deutschland sei er ein wichtiges Thema, denn er könne als Einstieg in die Themen Globalisierung und Entwicklungspolitik dienen. "Schokolade ist das beste Beispiel dafür, dass man einfach sagt: 'Ihr esst ein Stück Afrika, wenn ihr Schokolade esst'", sagt Overath. Damit könne man Hintergründe zum Herkunftsland aufzeigen - und klar machen, dass Schokolade "nicht nur mit lila Kühen zu tun hat, die uns über die Werbung ständig vermittelt werden." Das sei ein Vorteil des fairen Handels, findet Overath: "Dass man hier anknüpft an Alltagsprodukte, zu denen jeder von uns eine Beziehung hat - auch die Jugendlichen."

Tatsächlich waren es zunächst Jugendliche, die sich vor fast 40 Jahren für den fairen Handel eingesetzt haben: Aus Protest gegen ungerechte Strukturen im Welthandel kauften sie Produkte, die sie ohne Zwischenhändler direkt von den Produzenten bezogen.

Kaffee als Aushängeschild

Seitdem habe sich aber einiges verändert, sagt Dieter Overath: "Zwar ist Kaffee immer noch das Aushängeschild für den fairen Handel, aber auch die Qualität der anderen fair gehandelten Produkte hat sich sehr verbessert." Mittlerweile sind fair gehandelte Produkte außerdem nicht nur in Eine-Welt-Läden und Reformhäusern zu finden: Heute bieten auch große Kaufhäusern und rund 27.000 Supermärkte in Deutschland Kaffee aus Kolumbien, Tee aus Sri Lanka und Bananen aus Ecuador an.

Aber wie gelangen diese Produkte in die Regale der deutschen Supermärkte? Das soll den Schülern während der "Fairen Woche" in zahlreichen Workshops vermittelt werden. Mit Hilfe von Videos und Rollenspielen werden die einzelnen Stationen beschrieben, die fair gehandelte Produkten von den Plantagen bis in die jeweiligen Läden zurücklegen müssen.

Lehrerin Gertrude Steinbrück hält diese Aufklärung für wichtig, denn die meisten Jugendlichen würden fair gehandelte Ware nur als Endprodukt kennen: "Zu wissen, dass das eigentlich Luxusartikel sind, an denen viele Hände mitgearbeitet haben und an denen alle verdienen wollen - das muss im Kopf erst verarbeitet werden." Mit diesen Erkenntnissen könnten die Schüler dann selbst entscheiden, was sie einkaufen wollen und was ihre Ziele sind.

Zwar sind am Ende des Workshops nicht alle jungen Leute entschlossen, ihr Einkaufsverhalten zu ändern: "Die fair gehandelten Produkte sind eigentlich ziemlich teuer", sagt einer von ihnen. "Ab und zu" werde er sie bestimmt mal kaufen, "aber ich denke mal, nicht so oft." Zumindest aber wollen die meisten Schüler ihre Eltern bitten, auf Produkte aus dem fairen Handel zu achten. Und damit wäre zumindest ein Ziel der diesjährigen "Fairen Woche" erreicht: aus Jugendlichen Botschafter des Fairen Handels zu machen.