Journalist in Usbekistan verurteilt
12. Oktober 2006Schon lange vor seiner Verhaftung hatte der Journalist Chajdarow mit der Deutschen Welle über seine Probleme mit der Staatsmacht gesprochen: "Ich lebe ständig im Konflikt mit den Gebietsbehörden. Journalisten, die die Wahrheit sagen, haben es hier sehr schwer. Überall in Usbekistan ist es schwer, aber besonders in Dschisak. Druck und Verfolgung werden stärker. Ich spüre dies, aber auch Menschenrechtler, die in Dschisak arbeiten."
Menschenrechtlerin besorgt
Der Prozess gegen Chajdarow dauerte nur zwei Tage. Die Vertreterin von Human Rights Watch in Usbekistan, Andrea Berg, sagte der Deutschen Welle über das Verfahren: "Wir wollten den Gerichtssaal betreten, aber wir wurden von der Miliz aufgehalten. Sie sagten, sie würden uns nicht hereinlassen, aber später genehmigte mir ein Milizionär den Zutritt", berichtet sie. "Ich sah Ulugbek Chajdarow in der vergitterten Zelle, und als er mich erblickte, sagte er zu mir, er wolle nicht, dass ich an der Sitzung teilnehme." Andrea Berg verließ daraufhin den Gerichtsaal, weil sie "nicht wollte, dass wegen mir auf den Journalisten noch größerer Druck ausgeübt wird." Chajdarow gehe es offenbar nicht gut, er mache einen kranken Eindruck. "Ulugbek sah sehr schlecht aus, ich habe ihn ja nicht zum ersten Mal gesehen", sagt sie. "Er hat sich sehr verändert. Ich befürchte, dass mit seiner Gesundheit etwas nicht in Ordnung ist."
Psychiatrische Zwangsbehandlung
Zwangsbehandlungen in Psychiatrien, aber auch Erpressungsvorwürfe seien in Usbekistan übliche Strafmethoden gegen unbequeme Journalisten und Menschenrechtler, erklärte die Vertreterin von Human Rights Watch. Berichten von Menschenrechtlern zufolge befindet sich ein weiterer unabhängiger Journalist aus Dschisak derzeit in der Psychiatrie in Samarkand. Es handelt sich um Dschamschid Karimow, der zwei Tage vor der Verhaftung seines Kollegen Chajdarow verschwunden war. Er wurde zwangsweise in die Psychiatrie eingeliefert. Etwa einen Monat lang war sein Aufenthaltsort unbekannt.
Unbequemer Neffe des Präsidenten
Die Vorsitzende der usbekischen Oppositionspartei "Osod Dechkonlar", Nigora Chidojatowa, kennt den Fall Dschamschid Karimow. "Uns war bekannt, dass Dschamschid Usbekistan verlassen wollte, weil auch auf ihn großer Druck ausgeübt wurde. Er sagte mir, er werde von zwei Autos verfolgt und beobachtet. Er war entschlossen, das Land zu verlassen, um normal arbeiten zu können", berichtet sie der Deutschen Welle. "Das war dem Geheimdienst wohl bekannt, deswegen haben sie ihn auf diese Weise ‚liquidiert‘." Offensichtlich habe Karimow über Informationen verfügt, von denen die Behörden vor Ort nicht wollten, dass sie bekannt werden. Aber vielleicht spielte auch etwas ganz anderes eine Rolle – denn "immerhin ist Karimow mit dem usbekischen Präsidenten verwandt." Chidojatowa ist überzeugt, dass der Neffe des Präsidenten vor allem deswegen in der Psychiatrie zwangsbehandelt wird, weil er genau weiß, welche Behördenwillkür im Gebiet Dschisak herrscht.
DW-RADIO/Russisch, 8.10.2006, Fokus Ost-Südost