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Johnson-Sirleaf: Afrika kann besser werden

Bernd Riegert2. April 2014

Beim 4. Gipfeltreffen der EU mit Afrika will die Präsidentin Liberias bessere Wege zum Konflikt-Management und zur Regierungsführung in Afrika finden. Ellen Johnson-Sirleaf im DW-Interview.

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EU Afrika Gipfel mit Ellen Johnson Sirleaf (Foto: picture alliance/AP Photo)
Bild: picture alliance/AP Photo

Die Präsidentin Liberias, Ellen Johnson-Sirleaf, hat vor dem EU-Afrika-Gipfel in Brüssel zusammen mit der Afrikanischen Entwicklungsbank einen Bericht über "Fragile States", zerbrechliche Krisenstaaten in Afrika, wie etwa Mali, Somalia oder die Zentralafrikanische Republik, vorgelegt. Sie fordert die EU und afrikanische Staaten auf, Konflikte in Afrika beizulegen und an einer Friedensordnung zu arbeiten.

Deutsche Welle: Frau Präsidentin, was kann Europa tun, um Ihnen zu helfen, zerbrechliche, instabile Staaten in Afrika zu unterstützen?

Ellen Johnson-Sirleaf: Ich hoffe, dass die Staaten Europas der Afrikanischen Entwicklungsbank ihre volle Unterstützung geben werden. Viele sind ja bereits Mitglied der Bank. Es geht darum, nicht nur den unmittelbar bedrohten verwundbaren Staaten zu helfen, sondern allen afrikanischen Staaten eine Widerstandsfähigkeit zu geben, die es ihnen ermöglicht, auf Krisen zu reagieren, sobald sie auftauchen.

Was sind Ihrer Meinung nach die wesentlichen Gründe für die Existenz zerbrechlicher Staaten in Afrika?

Es fehlt an tragfähigen Institutionen. Die Wirtschaft ist nicht breit genug aufgestellt, nicht diversifiziert. Es fehlt an ausgereiften politischen Institutionen. Es mangelt an Gerechtigkeit und Fairness in vielen Gesellschaften. Die Ressourcen und geistigen Reichtümer werden nicht gut genutzt. All das zusammen genommen führt in der Gesellschaft zu einer Ungleichheit, die wiederum zu Konflikten führt. Das kann am Ende zu einem Zusammenbruch der gesamten sozialen Ordnung führen.

Die europäischen Institutionen kritisieren oft die schlechte Regierungsführung in Afrika. Ist das in Ihren Augen das Hauptproblem?

Wir haben in Afrika schlechte Regierungsführung. Manchmal gibt es unzureichende, schwache Verwaltungssysteme für Finanzen und öffentliche Beschaffungen. Es gibt Korruption. Daran besteht kein Zweifel. Ich denke, viele unserer Staaten versuchen damit fertig zu werden. Sie arbeiten am Aufbau von Institutionen, an den Gesetzen und der Strategie, um das abzustellen. Das ist ein fortgesetzter Kampf, den jeder fortführen muss. Man muss es immer wieder versuchen. Einige Staaten sind über dieses Stadium schon hinaus. Die will ich jetzt nicht nennen, aber man kennt sie. Einige von uns, die immer noch damit kämpfen, müssen ihre Bemühungen verstärken - solange, bis wir an dem Punkt sind, dass wir darauf vertrauen können, dass unsere Institutionen das Recht respektieren und die Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft angehen.

Glauben Sie, dass das Gipfeltreffen von afrikanischen Staaten und Europäischer Union in dieser Hinsicht wirklich einen Schritt nach vorne bringen kann?

Ja, das glaube ich. Der Gipfel ist eine Gelegenheit, diese Themen offen zu diskutieren. Er wird die Partnerschaft zwischen der EU und Afrika verstärken. Der Gipfel wird unseren Horizont erweitern, gerade in Bereichen, denen wir vielleicht nicht so viel Aufmerksamkeit schenken konnten.

Ellen Johnson-Sirleaf (75) ist sei 2006 Präsidentin des westafrikanischen Staates Liberia. Nach 14 Jahren Bürgerkrieg bemüht sich die im eigenen Land nicht unumstrittene Staatschefin seither, die Gesellschaft und Wirtschaft wieder aufzubauen. Johnson-Sirleaf wurde 2011 für ihren Kampf um das Recht der Frauen am Aufbau einer friedlichen Gesellschaft mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Die in den USA ausgebildete Politikerin und Finanzexpertin arbeitete mehrfach im Exil für internationale Organisationen wie die Weltbank und die Vereinten Nationen.

Das Interview führte Bernd Riegert.