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Löw: Rücktritt "zum richtigen Zeitpunkt"

Tobias Oelmaier
11. März 2021

Jogi Löw möchte seinem Nachfolger Zeit verschaffen, um das DFB-Team auf die EM 2024 in Deutschland vorzubereiten. Deshalb tritt er schon nach dem Turnier im Sommer zurück, sagt er, und wirkt dabei befreit.

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Bild: Markus Gilliar/GES/picture alliance

Joachim Löw wirkte nachdenklich zu Beginn dieser virtuellen Pressekonferenz, auf der er seine Entscheidung, nach dem EM-Turnier in diesem Sommer zurückzutreten, begründen würde. Er sprach viel von Dankbarkeit, zeigte auch ein wenig Demut: "15 Jahre sind eine lange Zeit, im schnelllebigen Fußballgeschäft heutzutage eine Ewigkeit", sinnierte er, flankiert von DFB-Präsident Fritz Keller und Nationalmannschafts-Direktor Oliver Bierhoff. Keller, der das erste Wort hatte, und den Dank zurückgab: "Jogi Löw leitet und läutet mit seiner Entscheidung eine neue Ära ein. Ich bin der Meinung, zum richtigen Zeitpunkt."

Was zunächst klang wie ein vergiftetes Kompliment, erläuterte der Präsident im Nachsatz: "Ich bin dankbar, weil Jogi uns die Zeit gegeben hat, in aller Ruhe einen Nachfolger zu suchen. Wir haben alle Zeit der Welt. Das ist eine sehr gute Situation für uns." Löw selbst hat, so erklärt er, schon seit Monaten mit einer Entscheidung für dieses Frühjahr gerungen, seit, zwei, drei Wochen sei sie dann in ihm gereift. "Da bin ich dann zum Schluss gekommen, dass es nach der EM der richtige Zeitpunkt ist, den Stab weiterzugeben."

Leistungsexplosion 2024

Begründet hat er das mit der Zeit, die ein neuer Trainer brauche, um sich auf die Europameisterschaft 2024 im eigenen Land vorzubereiten. Er selbst hatte ja nur noch einen Vertrag bis nach der WM im Winter 2022 in Katar, für seinen Nachfolger hätte das bedeutet, innerhalb von eineinhalb Jahren ein Team für das Heim-Turnier zu formen. Für ein Turnier, bei dem dann durchaus eine Leistungsexplosion möglich sei.

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Bierhoff, Keller, Löw - den Rücktritt virutell erkärtBild: Markus Gilliar/GES/picture alliance

"Den Spielern fehlt es an Erfahrung, aber ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die junge Generation ihren Höhepunkt, ihren Zeitpunkt beim Turnier im eigenen Lande 2024 hat", beteuerte Löw, der damit auch den von ihm eingeleiteten Umbruch in der Nationalmannschaft verteidigte. Und er verglich die Situation mit der beim Sommermärchen 2006, für das er als Co-Trainer unter Jürgen Klinsmann mit verantwortlich zeichnete.

Bierhoff will nichts kommentieren

Nationalmannschafts-Direktor Bierhoff, der nun mit der Suche eines Nachfolgers betraut ist, wollte den Blick ebenso wie Löw nach vorne richten. Natürlich sei er in den letzten Monaten nicht tatenlos gewesen, er habe Kontakte, beteuerte er, und die Nachricht vom Rücktritt Löws habe ihn "auch nicht wie der Blitz getroffen". Man sei glücklich, bei den Vereinen in Deutschland und im Ausland gute deutsche Trainer zu haben - und auch beim DFB. Und man habe auch Zeit.

Er werde in der nächsten Zeit keine Kandidaten kommentieren oder Zwischenstände bekanntgeben, so Bierhoff, "und wir werden uns nicht nach Umfragen richten." Selbst eine Frau als künftige Trainerin der Männer-Nationalmannschaft wollte er auf Nachfrage nicht ausschließen: "Daher dürft ihr weiter spekulieren."

Weiter wie immer

Für Joachim Löw hat sich trotz der besonderen Situation mit Blick auf die EM in diesem Sommer nichts geändert. "Ich gehe in jedes Turnier mit dem absoluten Fokus. Ich bin seit drei Monaten schon drin mit aller Spannung und Vorfreude", verspricht er.

Dabei wirkt der Weltmeistertrainer gleichzeitig entspannt, selbstsicher und konzentriert - vor allem im Vergleich mit etlichen Interviews und Pressekonferenzen in den vergangenen Monaten, als seine Auftritte meist alles andere als souverän waren. Diesmal: ganze Sätze, wenig Ähs, kaum Kunstpausen oder das berüchtigte Spuckehochziehen. Stattdessen hatte jede Aussage Hand und Fuß. Als wäre ein riesiger Ballast von ihm abgefallen.