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Martinez: "Bescheidenheit ist eine Tugend"

13. März 2018

Er ist keiner, der sich in den Vordergrund drängt - weder auf noch neben dem Platz. Trotzdem ist Javi Martinez ein ganz wichtiger Spieler für den FC Bayern. Im DW-Interview spricht er über sein Vorbild und seine Träume.

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Deutschland 1. Bundesliga Javi Martinez (FC Bayern München)
Bild: Imago/Sven Simon

Kres meets… Javi Martinez

DW: Im Fußball gibt es die großen Stars und die Profis, die weniger im Rampenlicht stehen. Wie ist das Leben so im Schatten?

Javi Martinez: Es stört mich nicht, wenn andere Spieler auf den Titelblättern der Zeitungen sind oder Schlagzeilen machen. Ich bin glücklich, so wie es ist. Ich weiß, dass ich der Malocher bin und die Arbeit auf dem Platz erledige, die die Leute nicht so wahrnehmen - aber das interessiert mich nicht. Das ist mein Job. Ich möchte einfach dem Team helfen und meinen Kollegen die Möglichkeiten geben, ihr Spiel spielen zu können. Ich bin sehr zufrieden damit.

Würden Sie sich selbst als einen bescheidenen Profi bezeichnen?

Ja, natürlich. Ich denke Bescheidenheit ist eine der wichtigsten Tugenden im Sport. Ich weiß, wo ich herkomme. Ich habe viel gearbeitet und meine Eltern haben viel für mich gearbeitet. Deshalb muss auch ich bescheiden bleiben.

Sie geben ihrem großen Bruder einen großen Anteil daran, dass Sie zu dem Spieler geworden sind, der Sie heute sind. Können Sie das genauer erklären?

Einige haben Vorbilder wie Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo. Aber für mich war mein Bruder mein Vorbild. Als ich acht oder neun Jahre alt war, spielte mein Bruder für Athletic Bilbao in der Reservemannschaft und für mich war es ein Traum, einmal für Bilbao zu spielen. Ich habe seine Spiele geschaut und bin viel im Norden Spaniens herumgereist und habe zu mir gesagt: "Ich möchte wie er sein, wie er spielen." Er war mein Spiegel, mein Leitbild für alles. Es gab da einige lustige Momente. Als ich jünger war, wollte ich Torwart werden und Alvaro sagte mir, dass ich einen von zehn seiner Strafstöße halten müsste, dann könnte ich Torwart werden. Ich hatte keine Chance. Ich musste Feldspieler werden.

Ihr Bruder half Ihnen auch nach Bilbao zu ziehen…
Als ich nach Bilbao zog war das eine große Chance für mich. Davor habe ich mit meinen Eltern und meiner Familie in meiner Heimatstadt gelebt und ich kannte alles um mich herum. Als ich dann umzog war das ein komplett neues Leben für mich. Als ich den Vertrag unterschrieb bat ich nur um eine einzige Sache: Dass mein Bruder mit mir kommen könnte. Zu dieser Zeit spielte er für ein Team in Barcelona, aber er verließ all das und kam mit seiner Freundin zu mir. Das war nicht einfach für ihn und ich rechne ihm das sehr hoch an, weil es für mich sehr wichtig war.

Aber beinahe wären Sie gar kein Fußballer geworden, oder? Sie waren doch auch ein vielversprechender Basketballer und Reisejournalist…

Das stimmt. Ich war ganz schön gut im Basketball als ich jünger war. Ich musste mich zwischen Basketball und Fußball entscheiden. Vielleicht würden Sie ja jetzt mit einem NBA-Spieler reden?! Was den Reisejournalismus angeht: Ich liebe es zu reisen und zu fotografieren. Ich würde liebend gerne nach Australien reisen und für drei Monate Backpacking machen. Ich habe gehört, dass das manchmal gefährlich sein kann, aber das denke ich nicht. Das ist mein Traum.

Zurück zum Fußball: Seit der Rückkehr von Trainer Jupp Heynckes sind Sie wieder ins Mittelfeld zurückgekehrt. Welchen Einfluss hat er auf Ihre Karriere?

Ich muss Jupp danken, weil er derjenige war, der mich vor sechs Jahren hierher geholt hat. 40 Millionen Euro Ablöse waren viel Geld für einen damals 23-Jährigen, er aber hat mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben. Ich brauchte einige Zeit, um mich an das Team anzupassen, aber er setzte mich gleich ein, wenn auch anfangs nur für die Schlussviertelstunde. Aber das war gut für mich, um in Form zu kommen und es half mir sehr. Nicht nur für mich, für das ganze Team ist er wie ein Vater. Er versucht uns die ganze Zeit zu beschützen und ich denke, dass tut uns sehr gut.

Das verspricht ja auch die selbsternannte "Mia-san-Mia"-Mentalität. Was bedeutet Ihnen diese Philosophie? Ist es einfach für einen neuen Spieler, diese Mentalität zu akzeptieren und zu adaptieren?

UEFA CL  Jupp Heynckes und Javi Martinez (FC Bayern München) feiern mit Pokal
Zwei, die sich schätzen. Heynckes über Martinez: "Er ist nicht nur Baske, sondern auch ein robuster Typ und großer Kämpfer."Bild: Imago/Laci Perenyi

Einige Spieler akzeptieren sie, einige nicht. Für mich war es einfach, weil sie ähnlich zu der Philosophie von Bilbao ist. Hier ist es wie bei einer großen Familie. Wir haben ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl. Wir verstehen uns sehr gut untereinander. Nicht nur wir Spieler, auch mit dem Vorstand und den Direktoren. Wenn wir etwas brauchen, können wir sie jederzeit anrufen und sie tun alles, um uns zu helfen. Wir fühlen uns wie zu Hause und das ist das Wichtigste am "Mia-san-Mia".

Stichwort wichtig: Die WM steht in diesem Jahr an. Das spanische Team hat sehr viel Qualität. Wie groß sind Ihre Chancen, in Russland dabei zu sein?

Ich weiß, dass es schwer wird. Es gibt so viele gute Spieler in Spanien und die Konkurrenz ist groß. Aber ich setze auf meine gute Verfassung und versuche alles, um dabei zu sein, um mein Team zu unterstützen. Es ist ein Traum, bei einer Weltmeisterschaft zu spielen und die WM in Russland wäre meine dritte - hoffentlich bin ich dabei.

Javier "Javi" Martínez Aginaga wurde 1988 in Ayegui, im Norden Spaniens, geboren. 2006 wechselte er innerhalb der spanischen Liga von CA Osasuna zu Athletic Bilbao, für den Verein bestritt er 250 Spiele. Im Sommer 2012 wechselte er für 40 Millionen Euro zum FC Bayern München. Seitdem hat er immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Mit dem FCB gewann er fünf Meisterschaften, dreimal den DFB-Pokal und 2013 sogar die Champions League. Martinez kam in 18 Länderspielen zum Einsatz und war Teil der Mannschaft, die 2010 Welt- und 2012 Europameister wurde.

Das Interview führte Kres Harrington