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Japans Liebe zu französischer Kunst

Heike Mund11. Oktober 2015

Der "Japonismus" war im Paris des 19. Jahrhunderts große Mode. Französische Impressionisten ließen sich von japanischen Künstlern anregen - und umgekehrt. Eine Ausstellung in Bonn zeigt den inspirierenden Austausch.

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Ausstellung Japans Liebe zum Impressionismus in der Bundeskunsthalle
Bild: DW/H. Mund

Paris war um die Jahrhundertwende der Nabel der Kunstwelt. Der "Aufbruch in die Moderne" hatte hier auf allen Ebenen des Gesellschaftslebens, in der Industrie, in der Musik und vor allem in der Kunst seinen Anfang genommen. Junge Künstler aus verschiedenen Ländern brachen nach Paris auf, um dort diese elektrisierende moderne Kunst an den Kunstschulen und Akademien zu studieren. Auch aus Japan kamen Ende des 19. Jahrhunderts junge, meist sehr gebildete Künstler in die aufblühende Kunstmetropole Paris.

Japan begann erst 1868 - nach 200 Jahren völliger Abschottung von der westlichen Welt - sich wieder behutsam zu öffnen. Unter der aufgeklärten Herrschschaft des jungen Kaisers Mutsuhito erhielt das Land eine moderne Verfassung, die Zeit der Industrialisierung begann. Hochrangige Politiker und Angehörige der japanischen Oberschicht reisten nach Europa, um die Kultur und politischen Systeme des Westens zu "studieren". Durch die Aufnahme von Handelsbeziehungen kam es auch zum Export und Import von Kunst. Einen Teil der japanischen Kunstsammlungen dieser Zeit ist nun in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen. Bonn ist die einzige Station der sehenswerten Bilderschau, die ganz im Stil der japanischen Kunstauffassung in üppigen Goldrahmen präsentiert wird.

Die Kunstszene Frankreichs beeinflusste japanische Maler

In Frankreich begannen die Impressionisten sich mit ihrer neuartigen, naturalistischen Malerei gegen die Konventionen der Akademischen Ateliermalerei aufzulehnen. Die Maler suchten modernere, freiere Ausdruckformen und wanderten mit ihren Staffeleien und Farbpaletten lieber in die freie Natur, um dort Lichtstimmungen und Naturmotive einzufangen. Die Malerei, der Pinselstrich, die Motive, alles sollte von konventionellem Regelwerk befreit werden - die "Geburtstunde der Moderne". Auch japanische Maler, die Ende des 19. Jahrhunderts zu Studienzwecken nach Paris kamen, ließen sich von dieser neuen Kunstströmung mitreißen und übernahmen die neuartige Malweise.

In der Bonner Ausstellung zeigen viele Gemälde, wie sehr sich die japanischen Maler damals in ihren Farben und ihrer Malgestus dem Impressionismus anpassten. Zurückgekehrt nach Japan tauschten sie die europäischen Motive, oft junge schöne Frauen in westlicher Kleidung, gegen traditionell Gekleidete aus. Die französischen Maler wiederum waren fasziniert von der strengen japanischen Kunst.

Monet, Renoir und van Gogh faszinierten die Motive japanischer Kunst

Traditionelle Holzschnitte standen bei westlichen Sammlern und Künstlern hoch im Kurs. Künstler wie Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir und später auch Vincent van Gogh ließen sich von den fernöstlichen Motiven und auch dem Gestus der reduzierten Linienführung inspirieren. Die Maler und Bildhauer in der Kunstmetropole Paris nahmen die japanische Formensprache interessiert auf: das Meer, die Welle als zentrales Motiv, Bäume, Parks und Blütenzweige tauchten in der französischen Malerei verstärkt auf. Der reine Ausdruck eines Gefühls, einer Impression der Natur, hielt Einzug in die Welt der europäischen Kunst.

Farbholzschnitt ""Die große Welle vor Kanagawaa" von Katsushika Hokusai
"Die große Welle vor Kanagawa" von Katsushika Hokusai gilt als eines der weltweit bekanntesten Bildnisse der japanischen Kunst. Einer der Abzüge hängt heute in Claude Monets Haus in Giverny.Bild: Sammlung Riese

Auch die japanischen Künstler ließen sich von der Malweise ihrer französischen Kollegen inspirieren. Gemälde im Stil des europäischen Pointellismus, zartfarbig hingetupfte Motive, waren neu in der japanischen Kunst. Vorher bevorzugten die Künstler starke, holzschnittartige Kontraste. Auch Kunstsammler - meist aus den Kreisen der Industriellendynastien Japans - reisten nun nach Paris, um in den Ateliers und Kunsthandlungen moderne europäische Malerei zu kaufen. Die Ausstellung beleuchtet kunsthistorisch spannend diesen wechselseitigen Einfluss der europäischen und japanischen Kunst. Fotografien aus dieser Zeit ergänzen die Gemälde und Holzschnitte, die dieses Kapitel der Kunstgeschichte widerspiegeln.

Tauschhandel: französische Gemälde gegen japanische Holzschnitte

Einer der ersten Kunstsammler aus Japan, der die impressionistische Malerei nach Japan brachte, war Tadashi Hayashi. 1878 kam er nach Paris und lernte als Dolmetscher bei einem japanischen Kunsthändler die Bohème der französischen Maler kennen. Er galt als Kenner japanischer Kunst und machte sich schnell in Frankreich als fachkundiger Händler einen Namen. Berühmte Maler wie Camille Pissarro, Berthe Morisot und Edgar Degas tauschten bei ihm Gemälde gegen japanische Holzschnitte. Nach 23 Jahren kehrte Hayashi nach Japan zurück - im Gepäck ein umfangreiches Konvolut europäischer Meisterwerke, die als Teil der Bonner Ausstellung so zum ersten Mal wieder in Europa zu sehen sind. Sein Traum war es damals ein Museum nur für diese westliche Kunst einzurichten. Heute gibt es das "National Museum of Western Art" in Tokio, es gehört zu den beliebtesten in Japan überhaupt.

Dank der Sammelleidenschaft japanischer Mäzene können die Besucher 100 Meisterwerke berühmter französischer Impressionisten in einem kunsthistorisch ganz neuen Zusammenhang entdecken. Allein der Präsident der Kawasaki-Werft, Kojiro Matsukata, kaufte damals in Paris mehr als 2000 europäische Kunstwerke - von Landschaftsbildern eines Gustave Courbet bis zu den Post-Impressionisten wie Georges Seurat und Vincent van Gogh.

Die Werke der Ausstellung "Japans Liebe zum Impressionismus. Von Monet bis Renoir" sind bis zum 26. Februar 2016 in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen.