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Politik

Jamaika: Vor der nächsten Runde

5. November 2017

Das Wochenende hätte Ruhe bringen können - vor der nächsten Gesprächsrunde über ein Jamaika-Bündnis. Aber: Nachdem die Kanzlerin am Freitag noch Optimismus verbreitete, gab es am Wochenende wieder reichlich Interviews.

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Deutschland Fortsetzung der Sondierungsverhandlungen
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Neue Woche, neues Glück: CDU, CSU, FDP und Grüne starten an diesem Montag in die wohl entscheidende Phase der Sondierungsgespräche über ein Jamaika-Bündnis. Bis Mitte November soll, wie es in der Hauptstadt heißt, das Fundament für mögliche Koalitionsverhandlungen stehen. Während sich die Parteien am Wochenende in internen Beratungen vorbereiteten, gingen Politiker von FDP und Grünen beim umstrittenen Thema Klimaschutz erneut aufeinander los.

Die Zeit läuft

FDP-Chef Christian Lindner schloss dabei Neuwahlen nicht aus. "Wir haben jedenfalls keine Angst vor Neuwahlen", sagte Lindner den Zeitungen der "Funke Mediengruppe". Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warnte dagegen vor einer Neuwahl-Debatte. Stattdessen sollten sich alle Beteiligten darauf konzentrieren, die Sondierungen innerhalb der nächsten zehn Tage zu einem "konstruktiven Ergebnis" zu führen, sagte der CSU-Mann. Auch der grüne Unterhändler Robert Habeck forderte im "Handelsblatt", das "Neuwahl-Gerede" einzustellen.

Vor allem die Grünen und die FDP scheinen ein weiteres Mal weit voneinander entfernt zu sein. Der FDP-Vorsitzende Lindner verlangte zum Thema Klimaschutz von den Grünen "Vorschläge, die in der Praxis umsetzbar sind". Mit Blick auf die Forderung der Grünen nach einem Ausstieg aus der Kohleenergie sagte er: Es sei nichts gewonnen, "wenn wir Kohlekraftwerke in Deutschland abschalten, um anschließend Kohlestrom aus Polen zu importieren oder Kernenergie aus Frankreich".

Fortsetzung der Sondierungsgespräche
Neuwahl-Gerede? FDP-Vorsitzender Christian LindnerBild: picture alliance/dpa/M. Kappeler

Ein "industrieller Selbstmord"?

Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff äußerte Bedenken, ob das nationale deutsche Klimaschutzziel für 2020 erreicht werden kann. Dies sieht vor, die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent verglichen mit dem Stand von 1990 zu verringern. Für die Grünen ist dieser Punkt für eine Regierungsbeteiligung zentral. Doch Lambsdorff führte im Deutschlandfunk aus: Die Ziele von 2020 könne niemand erreichen, "ohne dass wir derartig massiv Betriebe in Deutschland stilllegen - und zwar nicht nur energieerzeugende Betriebe, sondern auch Industriebetriebe". Der Liberale sprach von einem drohenden "industriellen Selbstmord".

Deutschland Kohlekraftwerk Grevenbroich
Abschalten? Das Kohlekraftwerk im rheinischen GrevenbroichBild: Imago/Westend61

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf Union und FDP vor, beim Klimaschutz zu blockieren. "Gelingt es uns, den Knoten zu durchschlagen, gewinnt nicht nur das Weltklima. Ich bin zuversichtlich, dass so auch die Sondierungen besser vorankommen", sagte sie der Zeitung "Bild am Sonntag". Anton Hofreiter, ebenfalls Fraktionsvorsitzender der Grünen, betonte, dass bei den Sondierungsgesprächen "nicht kurzsichtig mit dem Klimaschutz gepokert" werden dürfe, während die Welt bei der UN-Klimakonferenz in Bonn über die weitere Umsetzung des Paris-Abkommens berate.

Deutschland Jamaika-Koalition Sondierungsgespräche | Die Grünen - Özdemir & Göring-Eckardt
Kritisiert "Blockadehaltung" bei anderen: Katrin Göring-Eckardt von den GrünenBild: Reuters/A. Schmidt

Union, FDP und Grüne hatten am Freitag nach zweiwöchigen Sondierungen eine Zwischenbilanz gezogen und sich trotz zahlreicher Konfliktthemen zuversichtlich gezeigt. Neben der Klimapolitik knirscht es vor allem beim Thema Zuwanderung. Weitere Knackpunkte sind die Landwirtschafts- und Verkehrspolitik. An diesem Montag treffen sich nun die Spitzen von CDU, CSU, FDP und Grünen, um auf Grundlage der bisherigen Ergebnisse einen Eckpunkteplan für die weiteren Gespräche zu erstellen. Die Sondierungsrunden treten am Dienstag wieder zusammen. Beobachter rechnen damit, dass es letztlich ohne eine "Nacht der langen Messer" der Parteichefs nicht gehen wird. Und dann müssen ja noch die Parteigremien zustimmen, was besonders bei den Grünen als heikel angesehen wird. Denn hier soll am Ende sogar ein Parteitag befragt werden.

ml/sam (afp, dpa, rtr)