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Krisenmodus hält an

Rolf Wenkel13. Oktober 2013

Schluss mit dem bizarren US-Haushaltsstreit: Mit diesem Appell ist die Jahrestagung von IWF und Weltbank in Washington zu Ende gegangen. Außerdem mahnen die Finanzexperten zur Vorsicht bei einer künftigen Zinswende.

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Lagarde und Schäuble in Washington Foto: Yuri Gripas/IMF via Getty Images
Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (r.) im Gespräch mit IWF-Chefin Christine LagardeBild: Getty Images/IWF/Yuri Gripas

Bundesbankpräsident Jens Weidmann und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sind zum Abschluss der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington ganz entspannt vor die Presse getreten. Erstmals seit Jahren sitzen die Euroländer nicht auf der Sünderbank. Zwar hatte Schäuble schon vor einem Jahr beim Jahrestreffen von IWF und Weltbank in Tokio gepredigt, das Euro-Bashing müsse ein Ende haben, denn in der Währungsunion habe es beachtliche Fortschritte gegeben - doch damals mochte ihm keiner so recht zuhören.

Nun aber ist die Eurokrise plötzlich kein Thema mehr - die Weltöffentlichkeit und die in Washington versammelten rund 11.000 Minister, Banker und Journalisten schauen nur noch auf den bizarren Streit in den USA. Präsident Barack Obama und die Republikaner können sich weiterhin nicht über den US-Staatshaushalt und die Schuldenobergrenze einigen. Dicke Luft im Weißen Haus, das nur ein paar Häuserblocks vom IWF-Hauptquartier in der Pennsylvania Avenue entfernt liegt.

Siegt der gesunde Menschenverstand?

Eigentlich kann sich keiner der Akteure vorstellen, dass die Politiker in Washington bis zum Äußersten gehen und die USA in die Zahlungsunfähigkeit schlittern lassen. Auch Schäuble und Weidmann versuchten, in Washington Zuversicht zu verbreiten. Weidmann hält die wirtschaftlichen Folgen der Verwaltungsblockade, den so genannten Shutdown, für begrenzt. Die Aufmerksamkeit gelte vielmehr der Obergrenze bei der Staatsverschuldung der USA. Ohne eine Anhebung der Schuldengrenze droht der weltgrößten Volkswirtschaft schon vom 17. Oktober an die Zahlungsunfähigkeit.

Schäuble sagte, es sei die gemeinsame Einschätzung aller Partnerländer einschließlich des amerikanischen Finanzministers, dass es eine Lösung geben werde. “Es muss, es muss“, so Schäuble - er hoffe auf den gesunden Menschenverstand. Andere geben jedoch zu bedenken, dass eine einfache Erhöhung der Schuldenobergrenze in den USA auf Dauer nicht ausreicht. “Auch ohne eine Erhöhung der Schuldenobergrenze sind die USA pro Kopf der Bevölkerung bereits deutlich höher verschuldet als der Euroraum, sogar höher als das viel diskutierte Griechenland“, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Georg Fahrenschon, am Rande des Jahrestreffens in Washington.

Amerikanische Geldpolitik ist nicht nachhaltig

Auch die Verschuldung pro Kopf wachse in den USA schon jetzt schneller als etwa in Griechenland. Eine auf Schuldenaufnahme ausgerichtete Politik sei ökonomisch nicht nachhaltig, so Fahrenschon. Sie belaste die nachfolgenden Generationen und verschleiere nur Ungleichgewichte. Wenn diese zu groß würden, komme es fast unweigerlich zu wirtschaftlichen Verwerfungen.

Bislang haben die Zentralbanken - vor allem der Industrieländer - versucht, solche Verwerfungen und Krisen mit reichlich Geld und Zinsen nahe Null abzumildern. Doch jedem Ökonomen ist klar, dass man diese Politik nicht ad infinitum fortsetzen kann, ohne neue Preisblasen und Krisen zu riskieren. “Die Notenbanken können nicht endlos auf dem Gaspedal stehen“, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann.

US-Notenbankchef Ben Bernanke Foto: JIM WATSON/AFP/Getty Images
US-Notenbankchef Ben BernankeBild: Jim Watson/AFP/Getty Images

Schwellenländer müssen wachsam sein

Zwar hatte US-Notenbankchef Ben Bernanke schon im Frühjahr laut über einen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik nachgedacht, dies aber von besseren US-Konjunkturdaten abhängig gemacht. Die aber wird es jetzt wohl nicht mehr so schnell geben, wenn der Staat, der für rund 20 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts steht, weiterhin als Nachfrager ausfällt.

Trotzdem muss irgendwann die Kehrtwende in der Geldpolitik kommen - und vor allem die Schwellenländer sollten sich auf diese Situation vorbereiten. Der letztliche Übergang zu einer Normalisierung der Geldpolitik sollte “zeitlich gut abgepasst, vorsichtig abgestimmt und klar kommuniziert werden“, hieß es in der Abschlusserklärung des IWF-Lenkungsausschusses am Samstag. Denn die aufstrebenden Länder werden bei Zinserhöhungen in den USA mit einem massiven Abfluss von Investitionskapital rechnen müssen. IWF-Chefin Christine Lagarde hat deshalb die Notenbanken weltweit zur Zusammenarbeit aufgefordert, um schädliche Auswirkungen beim Eindämmen der Geldflut zu minimieren.

Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann - Archivbild Foto: Thomas Lohnes/dapd
Bundesbankpräsident Jens WeidmannBild: dapd