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Brüchige Waffenruhe

26. November 2006

Trotz der nur Stunden zuvor vereinbarten Waffenruhe mit Israel haben palästinensische Extremisten ihre Raketenangriffe aus dem Gaza-Streifen fortgesetzt. Israels Regierungschef Olmert versprach dennoch Zurückhaltung.

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Ein aus dem Gaza-Streifen abgezogener Soldat beim Gebet
Ein aus dem Gaza-Streifen abgezogener Soldat beim GebetBild: AP

Mit Rücksicht auf den neu abgeschlossenen Waffenstillstand mit den Palästinensern will sich die israelische Regierung in den nächsten Tagen in "Zurückhaltung" üben. "Man muss Geduld beweisen, um der Waffenruhe eine Chance zu geben", sagte der israelische Regierungschef Ehud Olmert am Sonntag (26.11.2006) kurz nach neuen Raketenangriffen bei einer Schuleinweihung in der südisraelischen Stadt Rahat.

Bedingungen vom Islamischen Dschihad

Sowohl der Islamische Dschihad als auch der bewaffnete Flügel der regierenden Hamas, die Essedin-el-Kassam-Brigaden, erklärten, Israel erneut mit Raketen beschossen zu haben. Zur Begründung hieß es, Israel habe sich entgegen eigener Beteuerungen über Nacht nicht vollständig aus dem Gazastreifen zurückgezogen. Mindestens fünf Raketen schlugen im Bereich der Stadt Sderot ein, wie israelische Medien berichteten.

Palästinensische Demonstranten zerren im Westjordanland an Stacheldraht
Palästinensische Demonstranten zerren im Westjordanland an StacheldrahtBild: AP

Der Islamische Dschihad erklärte, dem Waffenstillstand erst dann zuzustimmen, wenn Israel auch im besetzten Westjordanland seine militärischen Aktivitäten einstelle. Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas wies die Chefs der Sicherheitskräfte umgehend an, die Waffenruhe durchzusetzen - ob auch mit Gewalt, blieb unklar. Die Palästinenser-Regierung stehe zu ihrem Wort, sagte Kabinettssprecher Ghasi Hamad: "Wir sind dem Abkommen verpflichtet. Wir werden mit den betroffenen Gruppen sprechen."

Hoffnung auf Frieden

Mit dem Waffenstillstand stehen und fallen auch die Hoffnungen, den Nahost-Friedensprozess wieder aus der Sackgasse zu führen. Israel und die Palästinenser hatten sich am Samstagabend darauf geeinigt, dass Israel seine Militäraktionen stoppt und alle Soldaten aus dem Gazastreifen abzieht. Im Gegenzug sagte Abbas dem israelischen Regierungschef Ehud Olmert zu, dass alle bewaffneten Gruppen ihre Angriffe einstellen wollten. Nach Angaben des öffentlichen israelischen Rundfunks stellte Israel im Rahmen der Waffenruhe auch die gezielte Tötung radikaler Palästinenser ein.

Militärangaben zufolge hat sich die israelische Armee an die Vereinbarung gehalten und bis zum Beginn der Waffenruhe um 6 Uhr Ortszeit am Sonntag seine Soldaten abgezogen. Palästinensische Augenzeugen bestätigten, dass israelische Soldaten den nördlichen Gazastreifen verlassen hätten.

Peretz droht, Liwni wiegelt ab

Der israelische Verteidigungsminister Amir Peretz drohte mit einer Wiederaufnahme der Militäreinsätze. Falls Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und die palästinensischen Bewegungen, die den Waffenstillstand unterschrieben hätten, nicht in der Lage seien, diese auch umzusetzen, werde Israel zur Verteidigung seiner zivilen Bevölkerung handeln, erklärte Peretz.

Die israelische Außenministerin Zipi Liwni wollte trotz der Querschüsse der Extremisten die Hoffnung auf ein Zustandekommen der Waffenruhe noch nicht aufgeben. "Wir sollten das als Beginn einer Chance sehen. Wir sind in den ersten Stunden eines Prozesses. Es ist noch zu früh, um zu urteilen", sagte die Außenministerin dem Armeeradio.

Mit der Waffenruhevereinbarung verknüpfen beide Seiten große Hoffnungen: Sollten die Waffen dauerhaft schweigen, würde dies den Weg für ein Gipfeltreffen zwischen dem als moderat geltenden Palästinenserpräsidenten und Olmert freimachen. Zugleich könnten auch die Bedingungen für ein Ende der seit Monaten schwelenden Geiselkrise geschaffen werden. Bei den Palästinensern könnte die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit mit Abbas' Fatah und der derzeit regierenden radikalislamischen Hamas nach langwierigen Verhandlungen endlich zu Stande kommen. Die Parteien hoffen, dass damit die internationale Isolation des Landes durchbrochen werden kann. (stu)