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Mahnung aus Jerusalem

1. Mai 2008

Israel hat anlässlich des Holocaust-Tages vor einer Leugnung oder Verdrängung des Mordes an sechs Millionen Juden während der NS-Zeit gewarnt. In Auschwitz beteiligten sich rund 10.000 Menschen am "Marsch der Lebenden".

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Der Holocaust-Überlebende Mordehai Fux bei der Zeremonie in der Gedenkstätte Jad Vashem, Quelle: AP
Der Holocaust-Überlebende Mordehai Fux bei der Zeremonie in der Gedenkstätte Jad VashemBild: AP

Mit Schweigeminuten, Sirenen und Kritik an den Deutschen haben die Israelis am Donnerstag (01.05.2008) der sechs Millionen Holocaust-Opfer gedacht. Zum Gedenken an die Opfer heulten am Donnerstag im ganzen Land für zwei Minuten die Sirenen. Landesweit blieb um 10 Uhr (Ortszeit) der Verkehr stehen und Menschen verharrten auf Straßen oder am Arbeitsplatz in stiller Andacht.

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Der Marsch der Lebenden von Auschwitz nach Birkenau, Quelle: AP
Der Marsch der Lebenden von Auschwitz nach BirkenauBild: picture-alliance/ ZB

In Auschwitz beteiligten sich am Donnerstag rund 10.000 junge Juden sowie Polen und Überlebende des Zweiten Weltkriegs am so genannten Marsch der Lebenden. Die jährliche Gedenkveranstaltung am Vernichtungslager Birkenau zu Ehren der Opfer wurde eingeleitet mit dem Blasen eines Widderhorns am Eingangstor. Zu den Teilnehmern gehörte auch der israelische Generalstabschef Gabi Aschkenasi.

Einen Tag zuvor hatte das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem eine neue Liste mit den meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrechern veröffentlicht. An erster Stelle der zehn Meistgesuchten steht der als "Dr. Tod" bekannt gewordene SS-Arzt Aribert Heim, der in Südamerika untergetaucht sein soll. Deutschland erhielt bei der Notenverteilung, mit dem das Zentrum die weltweite Verfolgung von Nazi-Kriegsverbrechern bewertet, in diesem Jahr ein B, die zweitbeste Note. Die beste Note bekamen als einziges Land die USA.

Warnung vor dem Iran

Israelische Soldaten vor Jad Vashem, Quelle: AP
Israelische Soldaten vor Jad VashemBild: AP

Bei der Eröffnungszeremonie zum Holocaust-Gedenktag am Mittwochabend in der Gedenkstätte Jad Vaschem hatten bereits zahlreiche israelische Persönlichkeiten dem Entzünden von sechs Fackeln beigewohnt, die die sechs Millionen Opfer symbolisieren sollen. Der israelische Staatspräsident Schimon Peres warnte vor einer atomaren Bedrohung durch den Iran und verglich indirekt den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad mit Hitler. Die Welt sei damals zu spät aufgewacht, um der von Hitler ausgehenden Bedrohung noch vor dem Krieg zu begegnen, sagte der 84-jährige Friedensnobelpreisträger. Dies dürfe sich nicht wiederholen. Israel vermutet, dass die Regierung in Teheran nach Atomwaffen strebt.

Zugleich kritisierte Peres die Deutschen, die in den 1930-er Jahren "einen Verrückten" gewählt und verehrt hätten. Er fügte hinzu: "Wie ist es möglich, dass ein Volk nicht aufsteht im Angesicht von Mord auf offener Straße?" Ministerpräsident Ehud Olmert warnte davor, den Mord an sechs Millionen Juden zu vergessen oder zu leugnen. Niemand habe geglaubt, dass 63 Jahre nach dem Ende der Nazi-Herrschaft der Hass auf Juden und Israelis "sein hässliches Haupt" an so vielen Orten weltweit erheben könne. Der Regierungschef entschuldigte sich bei Holocaust-Überlebenden, dass der Staat nicht immer seinen Verpflichtungen nachgekommen sei.

Der Holocaust-Gedenktag wurde vom israelischen Parlament 1951 auf einen Tag festgelegt, der im jüdischen Kalender zwischen dem Passah-Fest und dem Unabhängigkeitstag am 14. Mai liegt. In Israel leben heute noch rund 270.000 Holocaust-Überlebende, davon rund 80.000 ehemalige KZ-Häftlinge.

Zunehmende Gewalt gegen Juden

Eine neue israelische Studie berichtete unterdessen von einem weltweiten Anstieg antisemitischer Gewalt um knapp sieben Prozent im vergangenen Jahr. Die am Mittwoch von Wissenschaftlern der Universität Tel Aviv veröffentlichte Studie über Vorfälle in 30 Ländern spricht von insgesamt 632 Fällen. Die Zahl schwerer Angriffe verdreifachte sich von 19 auf 57. Dabei ging es vor allem um bewaffnete Angriffe, Brandstiftung oder Tötungsabsichten.

Die Forscher sprachen von einem Zusammenhang zwischen der wachsenden Zahl antisemitischer Vorfälle und einer allgemeinen Kriminalitätszunahme. Außerdem seien Zusammenhänge mit sozialen und wirtschaftlichen Spannungen und wachsender Furcht vor Muslimen und anderen Ausländern festzustellen, heißt es. Untersucht wurden unter anderem die USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Russland, Ukraine und Deutschland. (stu)

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