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Israel unterbricht Militäroffensive

7. Januar 2009

Israel hat die Angriffe auf den Gazastreifen gestoppt. Dadurch sollen Hilfslieferungen an die notleidende Bevölkerung ermöglicht werden. Die Waffenruhe wird aber wohl nur von sehr kurzer Dauer sein.

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(AP Photo/Dan Balilty)
Zahlreiche LKW warteten bereits auf die kurzzeitige Öffnung der GrenzeBild: picture-alliance/ dpa

"Die Idee ist, dass das israelische Militär ab heute jeden Tag von 13 bis 16 Uhr in der Gegend von Gaza die Waffen schweigen lässt", sagte ein Vertreter aus Armeekreisen am Mittwoch (07.01.2009). Das entspricht 12 Uhr bis 15 Uhr Mitteleuropäischer Zeit. Nach Angaben der Palästinenserbehörden im Gazastreifen hat Israel sie über die Feuerpausen informiert. In den Kampfpausen sollten die Geschäfte öffnen und Beerdigungen stattfinden.

(AP Photo/Ariel Schalit)
Die Angriffe auf den Gazastreifen sollen noch am Mittwoch weitergehenBild: AP

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert hatte angekündigt, über humanitäre Korridore solle zeitlich begrenzt Zugang zu verschiedenen Gebieten des abgeriegelten Gazastreifens geschaffen werden. Die Korridore sollten den Transport von Menschen, Lebensmitteln und Medikamenten ermöglichen. Etwa 80 Lastwagen sollten diese Hilfsgüter in das Palästinensergebiet bringen. Ziel sei, dass die Palästinenser sich mit den wichtigsten Dingen des täglichen Bedarfs eindecken könnten.

Hilfsorganisationen hatten nach dem tagelangen Beschuss des mit 1,5 Millionen Menschen dicht besiedelten Gazastreifens Alarm geschlagen, weil die Versorgungslage immer schlimmer wurde.

Israel berät über ägyptischen Vorschlag zu Waffenruhe in Paris

Das israelische Kabinett berät zudem nach Angaben von Regierungssprecher Avi Pasner über den von Ägypten vorgelegten Waffenstillstandsplan für den Gazastreifen. "Diese Initiative wird im Kabinett beraten", sagte Pasner am Mittwoch dem französischen Radiosender Europe-1. "Ziel unseres Einsatzes ist ein Waffenstillstand, aber ein richtiger Waffenstillstand." Die Regierung werde entscheiden, ob Regierungschef Olmert zu Verhandlungen nach Ägypten reise.

Zugleich könne das Kabinett aber auch den Beginn einer dritten Phase der Offensive gegen die Hamas beschließen. "Wenn wir keinen Waffenstillstand mit dieser terroristischen Organisation haben können, müssen wir dies in Erwägung ziehen." Seit Beginn der israelischen Offensive am 27. Dezember kamen bisher rund 600 Palästinenser und elf Israelis ums Leben.

Der ägyptische Staatschef Husni Mubarak hatte seinen Plan am Dienstagabend vorgelegt. Er sieht eine zunächst befristete Waffenruhe vor, der Gespräche über eine Lösung des Konflikts folgen sollen. Er lud Olmert zu Beratungen über die israelische Grenzsicherheit nach Kairo ein. Außerdem soll die Versorgung der Bevölkerung des abgeriegelten Autonomiegebiets ermöglicht werden.

Diplomatische Unterstützung für Mubarak-Plan

Im UN-Sicherheitsrat wurde die Initiative auch von US-Außenministerin Condoleezza Rice unterstützt. Ein Streitpunkt ist die Frage, ob die radikale Hamas-Organisation in eine Vereinbarung eingebunden werden soll. Dies lehnt Israel bislang ab.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier begrüßte Mubaraks Vorschlag für einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen. "Auf dieser Grundlage muss es jetzt darum gehen, schnellstmöglich einen Ausweg aus der Gewalt zu finden", erklärte Steinmeier am Mittwoch in Berlin. Der SPD-Vize äußerte sich auch zufrieden über die Ankündigung der israelischen Regierung, einen "humanitären Korridor" für Hilfslieferungen in den Gazastreifen einzurichten.

Heftige Kämpfe

AP Photo/Dan Balilty)
Fotografiert von Israel aus: Rauch steigt über Gebäuden im Gazastreifen aufBild: AP

Ungeachtet der Bemühungen um eine Waffenruhe setzte Israel bis Mittwochvormittag den zwölften Tag in Folge die Angriffe im Gazastreifen fort. Ein Militärsprecher sagte am Morgen, es seien etwa 40 Ziele beschossen worden. Die Armee beschoss unter anderem Gebäude der Hamas, Bunker und Raketen-Abschussrampen. Die Luftwaffe habe auch Gruppen bewaffneter Palästinenser angegriffen. An der Grenze zu Ägypten seien mehr als zehn Tunnel bombardiert worden, die dem Waffenschmuggel dienten. Im israelischen Grenzgebiet schlugen nach Rundfunkangaben erneut aus dem Gazastreifen abgefeuerte Raketen ein.

Türkei bietet Soldaten an

Die türkische Regierung dringt auf die Entsendung einer internationalen Friedenstruppe zur Überwachung eines Waffenstillstands im Gazastreifen. Diese solle auch die Kontrolle etwa 200 Schmugglertunnel übernehmen, die zwischen Ägypten und dem Gazastreifen gegraben wurden, berichtete die türkische Zeitung "Sabah" am Mittwoch. Über das Tunnelsystem werden Waffen, aber auch Verbrauchsgüter und Lebensmittel in das Palästinensergebiet gebracht.

(AP Photo/Keystone/Alessandro della Bella)
Joschka Fischer (Archivbild)Bild: AP

Fischer: "Flohzirkus"

Unterdessen kritisierte der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer den Auftritt der EU bei der Bewältigung der Krise um den Gaza-Streifen als "chaotisch". Der Wochenzeitung "Die Zeit" sagte Fischer: "Der gegenwärtige chaotische Auftritt von EU und europäischen Regierungen sollte uns die Schamesröte ins Gesicht treiben." Es reise "eine EU-Troika mit einem Anhang von Außenministern herum, und der französische Präsident macht diesem Unternehmen noch obendrein Konkurrenz. Da machen wir uns doch lächerlich als Europäer. Das ist ein diplomatischer Flohzirkus". (mas)

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