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Israel und Europa: Abgekühltes Verhältnis

8. Mai 2009

Israels Außenminister war fünf Tage lang auf Europa-Reise. Fast überall ist Avigdor Liebermann rauer Wind entgegen geschlagen - zu Recht, meint Bettina Marx in ihrem Kommentar.

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Themenbild Kommentar (Foto: dw)
Bild: DW

Es wäre sicher übertrieben, von einer Eiszeit in den israelisch-europäischen Beziehungen zu sprechen. Deutlich abgekühlt aber sind sie nach der Bildung der zweiten Regierung Benjamin Netanjahu schon. Das wurde bei der ersten Reise des neuen israelischen Außenministers Avigdor Liebermann durch europäische Hauptstädte deutlich.

Denn obwohl Liebermann für diese erste diplomatische Vorstellungsrunde die Länder auswählte, die Israel am nächsten stehen und nicht bekannt sind für überdeutliche Kritik an der Politik Jerusalems, wurde er fast überall mit Zurückhaltung empfangen.

Nur in Rom, wo Liebermann von Regierungschef Silvio Berlusconi empfangen wurde und in dem rechts-populistischen Parlamentspräsidenten Gianfranco Fini auf einen Gleichgesinnten traf, war so etwas wie Herzlichkeit zu spüren.

Mahnende Worte

In Paris und Berlin dagegen wurde Liebermann besonders kühl und fast verschämt empfangen. Kein Treffen mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy an der Seine, kein gemeinsames Foto und keine Pressekonferenz mit Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier an der Spree. Dafür mahnende Worte an die israelische Regierung. Man erwarte von ihr, dass sie an der Zweistaatenlösung festhalte, erklärten Steinmeier und sein französischer Amtskollege Bernard Kouchner übereinstimmend. Der Ton zwischen Israel und Europa also ist rauer geworden.

Verärgerung in Brüssel

Und das nicht erst seit der Regierungsbildung in Jerusalem. Schon vorher war in Brüssel zunehmende Verärgerung über die israelische Politik spürbar gewesen. Am Tag nach dem Ende des Gazakrieges im Januar hatten zwar führende europäische Staats- und Regierungschefs Israel noch ihre Aufwartung gemacht - unter ihnen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Beim Außenministertreffen in Brüssel mit der damaligen israelischen Außenministerin Tzipi Livni wenige Tage später dagegen kam es zu heftigen Meinungsverschiedenheiten. Zum ersten Mal wurde die Forderung laut, die Blockadepolitik gegenüber den Palästinensern im Gazastreifen zu überdenken.

Täuschungs-Manöver

Zu lange hatte die Regierung Olmert/Livni die internationale Öffentlichkeit mit ihren fruchtlosen Gesprächen mit Vertretern der Autonomiebehörde getäuscht. Unter dem Deckmantel eines mühsamen Verhandlungsprozesses mit den so genannten "gemäßigten" Kräften in Ramallah hatte Israel weitere Fakten geschaffen und die Siedlungspolitik im Westjordanland sowie die Judaisierung Ostjerusalems vorangetrieben.

Die neue Rechts-Regierung in Israel verzichtet auf diesen Deckmantel. Sie erklärt ganz offen, dass sie keine Zweistaatenlösung anstrebt, dass sie den Palästinensern im Westjordanland allenfalls wirtschaftliche Erleichterungen zugestehen will. Unterdessen hat sie schon damit begonnen, neue Siedlungen zu bauen. Und Jerusalems nationalistischer Bürgermeister Nir Barkat lässt fast täglich palästinensische Häuser in Ost-Jerusalem abreißen, um dort Parks anzulegen und preisgünstige Wohnungen für die jüdische Bevölkerung zu schaffen.

Augen auf!

Die europäische Politik kann davor nicht länger die Augen verschließen. Sie muss begreifen, wohin die neue israelische Regierung steuert und sie muss daraus die Konsequenzen ziehen. Wenn Israel keine faire Lösung des Nahost-Konflikts will, dann sollte die europäische Politik ihre enge Zusammenarbeit mit Jerusalem überdenken und die Beziehungen zwischen der EU und Israel auf den Prüfstand stellen.

Autorin: Bettina Marx

Redaktion: Anna Kuhn-Osius