1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Für immer verbunden"

Bettina Marx13. Mai 2015

Mit einem Festakt in der Philharmonie in Berlin haben Deutsche und Israelis den 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen gefeiert. Präsident Rivlin präsentierte sich freundschaftlich und warmherzig.

https://p.dw.com/p/1FOuG
Israels Präsident Reuven Rivlin umarmt Bundespräsident Joachim Gauck in der Berliner Philharmonie (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Zwei Tage hat der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin in Berlin verbracht, um zusammen mit seinem deutschen Amtskollegen Joachim Gauck das Jubiläum der deutsch-israelischen Beziehungen zu feiern. In dieser Zeit haben die beiden Staatsoberhäupter offenbar Freundschaft geschlossen. Die gegenseitige Zuneigung jedenfalls war nicht zu übersehen, als die beiden Politiker am Abend noch einmal zum offiziellen Festakt in der Berliner Philharmonie zusammentrafen. Dabei könnten sie unterschiedlicher kaum sein: Gauck: nachdenklich und bewegt, Rivlin: temperamentvoll, engagiert und immer zu einem Lachen bereit.

"Israel und Deutschland sind für immer verbunden durch die Erinnerung an die Schoah", sagte Gauck zu den etwa 1000 geladenen Gästen und versprach: "Wir werden nicht zulassen, dass das Wissen um die besondere historische Verantwortung Deutschlands verblasst." Längst aber verbinde Deutsche und Israelis mehr als diese schmerzvolle Geschichte. Beide Länder stünden für die gleichen Werte ein, "für Freiheit, Demokratie und die universellen Menschenrechte". Auf diesem festen Fundament könnten Deutsche und Israelis einander als Gleiche begegnen und ihre Unterschiede leben, so Gauck.

Bundespräsident Joachim Gauck spricht beim Festakt in der Philharmonie (Foto: dpa)
Bundespräsident Joachim Gauck spricht beim Festakt in der PhilharmonieBild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Gemeinsam gegen Antisemitismus, Rassismus und Terror

Rivlin rief Deutsche und Israelis dazu auf, "in diesen Tagen, in denen eine Welle von Terror, Gewalt, Intoleranz und religiöser Verfolgung den Nahen Osten" überrolle, gegen Antisemitismus, Faschismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zusammenzustehen. "Es ist unsere Pflicht, in Berlin und in Jerusalem, uns weiterhin den bösen Kräften entschlossen entgegenzustellen, die unsere gemeinsamen Werte, allen voran die Würde des Menschen zerstören wollen."

Rivlin erinnerte an das Leben und Wirken des jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn, der im Jahr 1743 als 14-Jähriger nach Berlin gekommen war. Sein Enkel Felix Mendelssohn-Bartholdy, dessen italienische Sinfonie zur Feier des Tages aufgeführt wurde, kam im Jahr 1809 zur Welt. Im gleichen Jahr emigrierten Rivlins Vorfahren aus Vilnius in Litauen nach Jerusalem. Noch heute lebt ein Großteil ihrer zahlreichen Nachkommenschaft in der heiligen Stadt, die dem 75-jährigen Vater von vier Kindern besonders am Herzen liegt. Vor 50 Jahren hatte Rivlin noch gegen den ersten deutschen Botschafter in Israel demonstriert. Beim Festakt zum 50. Jubiläum des Botschafteraustauschs sagte er: "Mir und allen Bürgern Israels ist die echte Freundschaft zwischen Ihrem und meinem Land sehr wertvoll."

Israels Präsident Rivlin und Bundespräsident Gauck begrüßen Besucher des Festaktes in Berlin (Foto: dpa)
Freundschaftlich verbunden: Rivlin und Gauck feiern die deutsch-israelischen BeziehungenBild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Politische Gespräche in Berlin

Der zweite Tag des Staatsbesuchs von Israels Präsident stand im Zeichen politischer Gespräche. Laut einer Mitteilung von Rivlins Pressesprecher ging es dabei um die deutsch-israelischen Beziehungen, daneben aber auch um die Lage im Nahen Osten, den ausgesetzten Verhandlungsprozess mit den Palästinensern und die Situation im Gazastreifen. Über die Frage der Lösung des Nahostkonflikts gibt es Differenzen zwischen der Bundesregierung und dem israelischen Staatsoberhaupt. Berlin tritt für die Zweistaatenlösung ein, also für die Schaffung eines palästinensischen Staates an der Seite Israels. Den Bau von israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten hält sie für falsch und für ein Friedenshindernis. Rivlin dagegen spricht sich gegen eine Zweistaatenlösung aus und will von einer Teilung Jerusalems nichts wissen.

Im Gespräch mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier unterstrich Rivlin dennoch die Notwendigkeit, das Vertrauen zwischen Israelis und Palästinensern wiederherzustellen und den Gazastreifen wieder aufzubauen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Israels Präsident Reuven Rivlin in Berlin (Foto: Anadolu Agency)
Bundeskanzlerin Merkel empfängt Rivlin zu einem MeinungsaustauschBild: picture alliance/AA/M. Kaman

Am Dienstagmittag wurde Rivlin von Bundeskanzlerin Angela Merkel empfangen. "Nach dem Holocaust ist es ein Wunder, dass Sie heute hier sind", sagte Merkel zu ihrem Gast. Sie sei erstaunt über den Mut der israelischen Politiker, die der Zukunft ins Auge sähen, ohne die Vergangenheit zu vergessen. Merkel wies darauf hin, dass die Ostdeutschen erst auf 25 Jahre Beziehungen zu Israel zurückschauen könnten. "Ich bin im Osten aufgewachsen, in einem Staat, der keine Beziehungen zu Israel hatte."

Am Nachmittag wurde Rivlin auch von Bundestagspräsident Norbert Lammert im Reichstagsgebäude empfangen.

Israelische Innenpolitik lässt Rivlin auch in Berlin nicht los

Obwohl Rivlins Programm in Berlin dicht und vollgepackt war, ließ ihn dennoch auch die israelische Innenpolitik nicht los. Denn während das Staatsoberhaupt in Deutschland weilt, versucht Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zuhause eine Gesetzesnovelle auf den Weg zu bringen, die ihm die Möglichkeit einräumt, die Zahl der Minister und Vizeminister zu erhöhen. Er will damit offenbar die Loyalität der Mitglieder seiner wackligen Koalition erhöhen. Rivlin kritisierte diese Absicht. "Es wäre besser, wenn sie die Gesetze einhalten würden, die sie verabschieden", sagte er laut einem Bericht der Tageszeitung "Haaretz".

Die israelische Regierungskoalition verfügt über 61 Mandate und damit über eine Mehrheit von nur einer Stimme. Netanjahu will 20 Ministerposten verteilen. In seiner Likudpartei erhebt eine ganze Reihe von Politikern Anspruch auf ein Ministeramt.