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Tränen und Jubel

17. Juli 2008

Israel und die libanesische Hisbollah-Miliz haben mit dem Austausch von Gefangenen und sterblichen Überresten von rund 200 Menschen das letzte Kapitel des Libanonkrieges geschlossen.

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Samir Kuntar (l.) und die anderen vier freigelassenen Hisbollah-Kämpfer lassen sich feiern, Quelle: AP
Samir Kuntar (l.) und die anderen vier freigelassenen Hisbollah-Kämpfer lassen sich feiernBild: AP
Präsident Suleiman schüttelt im Beisein von Premierminister Siniora (r.) die Hand von Kuntar, Quelle: AP
Präsident Suleiman schüttelt im Beisein von Premierminister Siniora (r.) die Hand von KuntarBild: AP

Tränen in Israel, Jubel im Libanon: Ein Gefangenenaustausch hat der israelischen Bevölkerung am Mittwoch (17.07.2008) Gewissheit über den Tod der Soldaten Ehud Goldwasser und Eldad Regev gebracht, während die Menschen im Libanon die Rückkehr von fünf in Israel inhaftierten Landsleuten feierten. Zwei Jahre nach dem Libanonkrieg übergab die Hisbollah am Grenzübergang Rosch Hanikra Mitarbeitern des Roten Kreuzes die beiden toten Soldaten. Deren Entführung hatte im Sommer 2006 einen israelischen Großangriff auf den Libanon ausgelöst. Im Gegenzug ließ Israel den Top-Terroristen Samir Kuntar sowie vier Hisbollah-Kämpfer frei und übergab die sterblichen Überreste von libanesischen und palästinensischen Kämpfern.

Zweifelsfrei identifiziert

Eldad Regev (l.) und Ehud Goldwasser, Quelle: AP
Eldad Regev (l.) und Ehud GoldwasserBild: AP

Vor den Häusern der Familien von Goldwasser und Regev in den nordisraelischen Orten Naharija und Kiriat weinten zahlreiche Menschen, als sie im Fernsehen die Särge sahen. Obwohl die israelische Regierung zwar mit ihrem Tod gerechnet hatte, war das Schicksal der Soldaten bis zuletzt ungewiss geblieben. Gerichtsmediziner in Jerusalem identifizierten die sterblichen Überreste nach Angaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks später zweifelsfrei als die von Goldwasser und Regev. Am Abend fand für die beiden Soldaten eine Trauerfeier auf einem Militärstützpunkt im Norden Israels statt, an der neben Ministerpräsident Ehud Olmert und Verteidigungsminister Ehud Barak auch die Familien der Toten teilnahmen. Am Donnerstag sollen die Soldaten mit militärischen Ehren beigesetzt werden.

Vom Ministerpräsidenten begrüßt

Die freigelassenen libanesischen Kämpfer wurden in der Grenzstadt Nakura von tausenden Hisbollah-Anhängern begrüßt, die sie mit Marschmusik und Ehrengarde feierten. Anschließend wurden sie mit dem Hubschrauber zum internationalen Flughafen von Beirut geflogen, wo sie unter anderem von Präsident Michel Suleiman und Ministerpräsident Fuad Siniora begrüßt wurden. "Eure Rückkehr ist ein neuer Sieg", sagte Suleiman.

Israelische Soldaten rücken im Sommer 2006 auf den Libanon vor, Quelle: AP
Israelische Soldaten rücken im Sommer 2006 auf den Libanon vorBild: AP

Die Hisbollah hatte Israel bis zuletzt über den Tod der Soldaten bewusst im Unklaren gelassen, um ihre Verhandlungsposition zu verbessern, wie Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah bei einem Auftritt mit den fünf freigelassenen Libanesen in einem Vorort von Beirut sagte. "Wäre ihr Schicksal bekannt geworden, hätten die Verhandlungen einen anderen Weg genommen." Vor tausenden Anhängern ließen sich Nasrallah und die Ex-Häftlinge feiern. "Dieses Volk, diese Nation und dieses Land können nicht geschlagen werden", rief Nasrallah. Es war einer der wenigen öffentlichen Auftritte des Hisbollah-Chefs, der sich normalerweise aus Sicherheitsgründen versteckt hält. In der ganzen Stadt feierten derweil Tausende Menschen, am Himmel leuchtete ein Feuerwerk. Der begnadigte Kuntar dankte dem Hisbollah-Chef für die Freilassung und kündigte an, den Kampf gegen Israel fortsetzen zu wollen.

Kind mit Gewehrkolben erschlagen

Der israelische Regierungssprecher Mark Regev übte scharfe Kritik an den Feierlichkeiten im Libanon. "Samir Kuntar ist ein brutaler Kindermörder und wer ihn als Helden feiert, tritt die grundlegenden Werte des menschlichen Anstands mit Füßen", sagte Regev. Kuntars Freilassung war besonders umstritten gewesen. Kuntar, der wegen mehrfachen Mordes verurteilt wurde und seit 28 Jahren im Gefängnis saß, ist für den Tod von fünf Menschen, darunter zwei kleinen Mädchen im Alter von zwei und vier Jahren, verantwortlich. Er hatte unter anderem bei einem Überfall einen israelischen Familienvater erschossen und dessen vierjährige Tochter mit dem Gewehrkolben erschlagen. Kuntar, der zur Tatzeit erst 16 Jahre alt war, war der am längsten einsitzende arabische Häftling.

Der Grenzübergang Rosch Hanikra, Quelle: AP
Der Grenzübergang Rosch HanikraBild: picture-alliance/dpa

Die anderen vier Häftlinge waren während des Libanon-Krieges 2006 gefangen genommen worden. Die Bundesregierung bezeichnete den Gefangenenaustausch als "politisch, aber auch humanitär wichtigen Erfolg". Der BND-Agent Gerhard Conrad hatte den Austausch im Auftrag der UNO vermittelt. Zuvor waren 1996 und 2004 Austauschaktionen mit deutscher Hilfe zustande gekommen. (stu)

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