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Politik

Irans Parlament zeigt Präsident Rohani an

11. April 2021

Der Machtkampf im Iran wird härter: Das Parlament beschuldigt Präsident Hassan Rohani, Gesetze missachtet zu haben. Vermutlicher Anlass: die Atomgespräche in Wien.

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Hassan Rohani Iran
Druck aus dem Parlament: Irans Präsident Hassan Rohani (Archivbild)Bild: Isna

Wie die iranische Nachrichtenagentur Fars meldet, stimmten 190 der 235 anwesenden Mandatsträger für die Anzeige gegen den Staatspräsidenten. Weitere Hintergründe nannte die Agentur nicht. Beobachter sehen jedoch einen Zusammenhang zwischen den neuen Atomverhandlungen in Wien, die zu einem Kompromiss mit dem Erzfeind USA führen könnten.

Schon kurz nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl im Februar 2020 wollten die Hardliner und Erzkonservativen eine Einbestellung und letztendlich den Rücktritt des moderaten Präsidenten. Rohani habe mit einer prowestlichen Politik und dem Wiener Atomabkommen von 2015 die Islamische Republik von ihren ideologischen Zielen entfernt, hieß es. Außerdem habe seine Reformpolitik nichts gebracht und das einst ölreiche Land in eine seiner schlimmsten Wirtschaftskrisen geführt.

Rohani im Clinch mit Hardlinern

Rohani weist die Kritik vehement zurück und wirft seinerseits den Hardlinern im Parlament vor, nationale Interessen für innenpolitische Machtkämpfe vor der anstehenden Präsidentenwahl im Juni zu opfern. Er kann zwar nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten, aber die Hardliner wollen nach Einschätzung von Beobachtern auch die Chancen anderer eher moderater Kandidaten minimieren.

Iran Parlament
Heftiger Gegenwind für Rohani aus dem Parlament in Teheran (Archivbild)Bild: Fatemeh Bahrami/AA/picture alliance

Seit der islamischen Revolution von 1979 ist kein iranischer Präsident derart aggressiv von der Opposition behandelt worden. Im Oktober 2020 forderte ein Abgeordneter sogar Rohanis Hinrichtung, weil der Präsident Verhandlungen mit dem Erzfeind USA vorgeschlagen hatte, um das Land aus der Wirtschaftskrise führen zu können. Die Hardliner sehen in Verhandlungen mit den USA einen Akt des Landesverrats.

Iran wertet "Zwischenfall" in Natans als "Terrorakt"

Aus der iranischen Atomanlage Natans wird aus der Nacht zum Sonntag ein "Zwischenfall" gemeldet. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars gab es durch das Ereignis aber keine Verletzten. Es seien auch keine Schadstoffe freigesetzt worden, heißt es unter Berufung auf den Sprecher der iranischen Atomenergiebehörde, Behruz Kamalvandi.

Inzwischen hat der Iran hat den Vorfall in der Atomanlage als "Terrorakt" bezeichnet: "Wir verurteilen den Terrorakt in Natans als einen Versuch der Feinde des Irans den nuklearen Fortschritt im Land zu verhindern", sagte der Chef der nationalen Atomorganisation AEOI und Vizepräsident Ali Akbar Salehi. Ein weiteres Ziel des Angriffes sei es gewesen, die Atomverhandlungen in Wien zu sabotieren, teilte Salehi in einer Presseerklärung mit.

Iran Uran-Anreicherung IR6 Zentrifugen
Sogenannte IR6-Zentrifugen zur Uran-Anreicherung in NatansBild: SalamPix/abaca/picture alliance

In einer Produktionsstätte für moderne Zentrifugen in Natans hatte es bereits im Juli 2020 eine Explosion gegeben. Die Behörden sprachen damals von einem "Sabotageakt", für den sie "Terroristen" verantwortlich machten. Die Ergebnisse einer Untersuchung zu dem Vorfall wurden bisher nicht veröffentlicht.

Neue Zentrifugen in Betrieb

Der aktuelle Vorfall ereignete sich einen Tag, nachdem der Iran zur Beschleunigung der Urananreicherung in Natans neue Zentrifugen in Betrieb genommen hatte. In einer Live-Übertragung des Staatsfernsehens war zu sehen, wie Präsident Rohani die Injektion von Urangas in die Zentrifugen anordnete. Damit verstößt der Iran abermals gegen das internationale Atomabkommen. Dieses erlaubt dem Iran die begrenzte Urananreicherung mit älteren IR-1-Anlagen. Die moderneren Anlagen vom Typ IR-5 und IR-6, wie sie nun in Betrieb genommen wurden, sind laut Abkommen verboten, da sie eine deutlich schnellere Urananreicherung erlauben. Rohani bekräftigte bei der Zeremonie, alle Atomaktivitäten seines Landes hätten keinen militärischen Hintergrund. 

Über die Wiederbelebung des Abkommens wird derzeit in Wien verhandelt. Unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump waren die USA 2018 einseitig aus dem Abkommen ausgetreten und hatten neue Sanktionen gegen Teheran verhängt. Seither hat sich auch Teheran schrittweise aus seinen Verpflichtungen zurückgezogen. In den vergangenen Monaten meldete die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) eine starke Beschleunigung der iranischen Verstöße gegen die Vereinbarungen.

Iran-Atomabkommen: Kommt mit Biden ein neuer Deal?

Kompromisslinie gesucht

Der neue US-Präsident Joe Biden hat eine Rückkehr seines Landes unter bestimmten Bedingungen in Aussicht gestellt. Streit gab es Verhandlungskreisen zufolge darüber, welche Sanktionen gegen den Iran aufgehoben werden sollen. Der Iran pocht auf die Rücknahme aller Strafmaßnahmen, die Trump verhängt hatte.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas erklärte am Samstag, die erste Woche der Gespräche in Wien sei "konstruktiv" gewesen. "Alle Seiten" hätten Bereitschaft gezeigt, "mit der nötigen Ernsthaftigkeit auf das gleiche Ziel hinzuarbeiten: die vollständige Umsetzung des Atomabkommens mit Iran", schrieb Maas auf Twitter. Dieses Ziel zu erreichen, werde allerdings nicht leicht, räumte der SPD-Politiker ein. "Wir stehen erst am Anfang intensiver Verhandlungen." Die Gespräche in Wien sollen in der kommenden Woche fortgesetzt werden.

kle/rb (dpa, afp, rtr, ape)