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Politik

Irans Friedensinitiative – echte Chance oder leere Worte?

Shabnam von Hein
24. September 2019

Irans Präsident Rohani ist mit "Vorschlägen für Frieden und Sicherheit" am Persischen Golf nach New York gereist. Die Initiative stößt bisher auf wenig Gegenliebe, Angst und das Misstrauen in der Region sind zu groß.

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Iran | Hassan Rouhani  Flughafen Theran | UN-Klimagipfel
Bild: Reuters/Official Iranian President website

"Der Iran ist bereit, seinen Nachbarn ihre Fehler zu verzeihen", sagte Irans Präsident Hasan Rohani vor seiner Reise nach New York. Dort wird Rohani an der UN-Vollversammlung teilnehmen und auch eine Rede halten. "Wir wollen nicht zulassen, dass die Feinde des Islam die Kluft zwischen Nachbarn ausnutzen", betonte Ruhani am vergangenen Sonntag bei einer großen Militärparade im Teheran. Teheran wolle Freundschaft und Brüderschaft mit allen Staaten der Region und "streckt hiermit seine Hand aus". Rohani hat der Initiative den Namen "Koalition der Hoffnung" gegeben.

Wie ernst auch immer sie gemeint ist: Die iranische Initiative kommt zu einem kritischen Zeitpunkt. Die Angriffe auf saudische Ölanlagen am 14. September haben die ohnehin schon starken Spannungen in der Region weiter erhöht. Inzwischen haben sich auch Deutschland, Frankreich und England die Ansicht Washingtons zu eigen gemacht, wonach der Iran für die Angriffe verantwortlich sei.

Saudi-Arabien | Nach dem Drohnenangriffe | Ölanlage Churais
Schäden an saudischer Ölanlage in Abqaiq durch den DrohnenangriffBild: Reuters/H. Mohammed

Irans ambivalente Signale  

"Irans offensive Strategie der letzten Monate hat seine Stärke und seinen Einfluss demonstriert. Aber die vermutlich iranischen Aktionen haben natürlich auch Ängste regionaler Destabilisierung hervorgerufen", sagt Ali Fathollah-Nejad, Iran-Experte der Brookings Institution in Doha im DW-Interview. "Trotz der unterschiedlichen Beziehungen der verschiedenen Golfstaaten zum Iran überwiegt bei allen das Misstrauen", meint Ali Fathollah-Nejad.

Die iranische Initiative zielt nach den Worten Rohanis darauf ab, Frieden und Sicherheit am Persischen Golf und in der Straße von Hormus durch die Anrainer zu gewährleisten. Fast ein Drittel der weltweiten Ölexporte wird durch diese Region verschifft. In den vergangenen Monaten hat eine Serie von Zwischenfällen die Verletzlichkeit dieser Arterie der weltweiten Energieversorgung der ganzen Welt vor Augen geführt. Unter anderem wurden im Mai und Juni mehrere Öl-Tanker, die in der Nähe der Straße von Hormus unterwegs waren, durch Explosionen am Rumpf beschädigt. Die USA und westliche Verbündete sowie Saudi-Arabien verdächtigen den Iran, die Angriffe ausgeführt zu haben. Im Juli beschlagnahmte Teheran vorübergehend den britischen Öltanker Stena Impero. 

Iran setzt «ausländisches» Schiff fest
Satellitenbild der Straße von Hormus - recht der Golf von Oman, links der Persische GolfBild: picture-alliance/dpa/NASA/The Visible Earth

Brennpunkt Straße von Hormus 

Hintergrund ist der Konflikt zwischen den USA und dem Iran nach dem einseitigen Austritt der USA aus dem Atomabkommen im Mai 2018. Insbesondere geht es um die von US-Präsident Donald Trump im Zuge der Kampagne des "maximalen Druckes" verhängten Sanktionen gegen Irans Ölexporte - die Haupteinnahmequelle des Landes. Seit der weiteren Verschärfung der US-Sanktionen in diesem Frühjahr sind diese Exporte empfindlich eingebrochen.

"Falls die USA eines Tages wirklich den iranischen Ölexport blockieren sollten, dann wird überhaupt kein Öl mehr am Persischen Golf exportiert", hatte Rohani im vergangenen Jahr gesagt - und damit indirekt mit einer Blockade der Straße von Hormus gedroht.

"Die größte Gefahr an der Straße von Hormus ist der Iran selbst", sagt Reza Taghizadeh gegenüber der DW. Der aus dem Iran stammende Professor für Internationale Beziehungen an der Universität von Glasgow meint: "Der Iran tut so, als ob er in einer Position der Stärke wäre. Nach den jüngsten Angriffen auf saudische Ölanlagen besteht kaum Zweifel daran, dass der Iran direkt oder indirekt hinter diesen Angriffen steckt und damit eine Gefahr für die Sicherheit des weltweiten Energiesektors ist".

Straße von Hormus Helikopter US-Navy MH-60S Seahawk
US-Militär zeigt Präsenz in der Straße von Hormus Bild: picture-alliance/Zuma/U.S. Navy

US-Militärpräsenz als Streitpunkt 

Saudi-Arabien gilt als scharfer Kritiker des Atomabkommens und unterstützt die US-Politik des "maximalen Drucks" auf seinen regionalen Rivalen Iran. Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman verlangt jetzt von der internationalen Gemeinschaft, "auf solche Taten zu reagieren". Die Angriffe, zu denen sich die seit vier Jahren von Saudi-Arabien erbittert bekämpften Huthi Rebellen im Jemen bekannt haben, hatten die saudische Erdölproduktion um die Hälfte reduziert.

Als Reaktion verstärkten die USA ihre Truppenpräsenz im Nahen Osten. US-Verteidigungsminister Mark Esper hatte am Freitag zwar mitgeteilt, der US-Präsident wolle keinen Krieg mit dem Iran. Gleichzeitig sagte Esper: "Uns stehen andere militärische Optionen zur Verfügung, sollten sie nötig sein."

Bereits Ende Mai hatten die USA ihre Truppen im Nahen Osten wegen der "anhaltenden Bedrohung durch iranische Kräfte" um 1500 Soldaten verstärkt. Zuvor hatte das US-Militär bereits einen Flugzeugträgerverband und eine Bomberstaffel in die Region verlegt.

"Im Kern fordert Teheran den Rückzug westlicher Mächte aus der Golfregion. Seine arabischen Kontrahenten sind aber weiterhin auf deren Militärpräsenz angewiesen, obwohl sich durch den Angriff auf die saudischen Ölanlagen gezeigt hat, dass die USA die Sicherheit der Petromonarchien nicht in vollem Umfang gewährleisten können", erläutert Iran-Experte Fathollah-Nejad. Eines sei allerdings auch den Golfmonarchien klar: Ein Krieg gegen den Iran hätte auch für sie katastrophale Folgen. "Daraus folgt, dass diese Länder, ob sie wollen oder nicht, sich sicherheitspolitisch mit dem Iran arrangieren müssen", sagt Fathollah-Nejad. In welchem Rahmen dies geschehen kann, sei aber derzeit unklar.

Wenn sie wirklich ernst gemeint ist: Irans Präsident wird bei der UN-Vollversammlung – und danach - viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, wenn die "Koalition der Hoffnung" Wirklichkeit werden soll.