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Freiheit gegen Sicherheit

16. Februar 2011

US-Außenministerin Hillary Clinton fordert erneut eine weltweite Öffnung des Internets. Den daraus resultierenden Herausforderungen müsse man geschlossen begegnen, so die Ministerin am Dienstag in Washington.

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Hillary Clinton in Washington (Foto: AP)
Hillary Clinton: "Internet ist ein Menschenrecht!"Bild: dapd

Vor wenigen Tagen ist Ägyptens Präsident Hosni Mubarak nach jahrzehntelanger Herrschaft zurückgetreten. Was war es, das ihn dazu bewegt hat? "Nicht das Internet hat das getan, sondern die Menschen", sagte US-Außenministerin Hillary Clinton bei der Eröffnung ihrer Rede vor mehr als 200 Zuhörern in der George Washington University in Washington.

Der Einsatz sozialer Medien wie Facebook und Twitter habe jedoch gezeigt, welche Kraft das Internet habe, um politischen Wandel voranzutreiben. Mit seiner Reichweite und Geschwindigkeit helfe es, gegen Diktatoren und Regime mobil zu machen, so Clinton am Dienstag (15.02.2011) in Washington. Dieselbe Technologie ermögliche aber auch Fehlverhalten in nie dagewesenem Ausmaß. Staaten wie den Iran, China und Syrien rief Clinton zur Öffnung des Internets auf. Kein Land könne von den wirtschaftlichen Vorteilen des Netzes profitieren, wenn es zugleich den Meinungsaustausch zwischen den Bürgern blockiere.

Balanceakt zwischen Freiheit und Sicherheit

Clinton zufolge gehe es bei der Debatte um die Zukunft des Internets vor allem darum, das richtige Gleichgewicht zu finden: in Bezug auf Freiheit und Sicherheit, Transparenz und Diskretion und in der Balance von freier Meinungsäußerung und einem toleranten Miteinander. "Für die Vereinigten Staaten ist die Entscheidung gefallen: Auf der Bandbreite der Freiheit des Internets stehen wir auf der Seite der Offenheit", so die amerikanische Außenministerin ein Jahr nach ihrer ersten Rede zur Zukunft des Internets. Als Zeichen dafür habe die Obama-Regierung in den vergangenen drei Jahren mehr als 20 Millionen US-Dollar ausgegeben, um den Zugang zu Informationen und geschützter Kommunikation zu unterstützen.

"We want internet" - graffiti in Kairo (Foto: AP)
"Wir wollen Internet!" - Ein Mann in Kairo protstierte gegen die Internetschranke des Mubarak-RegimesBild: AP

In dem Jahr seit meiner Rede haben die Menschen weltweit das Internet genutzt, um gemeinsam Probleme zu lösen und Korruption öffentlich zu machen, angefangen bei den Menschen in Russland, die online Waldbrände aufgespürt und Feuerwehr-Einsätze organisiert haben, über Kinder in Syrien, die per Facebook auf den Missbrauch durch ihre Lehrer aufmerksam gemacht haben, bis hin zu der Internet-Kampagne in China, die Eltern hilft, ihre vermissten Kinder zu finden", sagte Clinton.

In diesem Jahr will die US-Regierung weitere 25 Millionen Dollar einsetzen, um die Angebote des Internets für noch mehr Menschen besser zugänglich zu machen. Unter anderem plant Washington Twitter-Angebote auf Chinesisch, Russisch und Hindi - nachdem erst vor wenigen Tagen Angebote auf Arabisch und Farsi erschienen sind. Außerdem richtet die Außenministerin gerade ein eigenes Amt zur Koordination für die Belange des Internets ein. Es soll sich ausschließlich um Probleme der Internetsicherheit kümmern, und sich zu diesem Zweck mit anderen vernetzen.

Weltweite Regeln fürs world wide web

Für den virtuellen Marktplatz des Internets müsse es jedoch Regeln geben, so Clinton. "Das Ziel ist nicht, den Menschen zu sagen, wie sie das Internet benutzen sollen – genauso wenig wie es das Ziel ist, den Menschen zu erklären, wie sie jeden anderen Platz benutzen sollen – sei es der Tahrir-Platz oder der Times Square." Vielmehr wolle die USA dabei mithelfen, das Internet für den Austausch zu öffnen und Regierungen davon abzuhalten, die Aktivitäten im Netz zu beschränken.

Wikileaks Gründer Julian Assange mit Daniel Domscheit-Berg. Daniel Domscheit-Berg auch bekannt als Daniel Schmitt. (Foto: Jacob Appelbaum/Creative Comments)
Wikileaks Gründer Julian Assange mit Daniel Domscheit-Berg.Bild: cc-by-sa/2.0/Jacob Appelbaum

Wenn Hilary Clinton über Transparenz und Diskretion spricht, dann bezieht sie sich vor allem auf die von der Internetplattform WikiLeaks veröffentlichten US-Geheimdokumente. "Die Tatsache, dass WikiLeaks das Internet benutzt hat, ist nicht der Grund, warum wir die Plattform kritisiert haben", so Clinton. Vielmehr habe es sich bei den veröffentlichten Unterlagen um Diebstahl gehandelt. Diese seien genau so gestohlen worden, als hätte sie jemand in einer Aktentasche herausgeschmuggelt. Dennoch: "WikiLeaks ändert nichts an unserem Bekenntnis zur Freiheit des Internets", so Clinton weiter.

Und was ist mit WikiLeaks?

Berichte, nach denen einige US-Unternehmen - wie Amazon, MasterCard, PayPal und Visa - ihre Dienste für WikiLeaks auf Wunsch der US-Regierung eingestellt hatten, wies Clinton zurück: "Geschäftliche Entscheidungen, die private Unternehmen möglicherweise getroffen haben, um ihre eigenen Werte oder ihre eigene Politik bezüglich Wikileaks durchzusetzen, waren keine Anweisung der Obama-Regierung."

Ungeachtet ihrer eigenen Forderung nach Freiheit im Internet prüfen die USA derzeit, wie sie gegen Wikileaks und deren Gründer Julian Assange vorgehen können. Während Hilary Clinton am Mittag in Washington sprach, gab es nur wenige Kilometer entfernt in Virginia eine Anhörung vor Gericht: Drei Betroffene wehren sich gegen den Versuch der US-Regierung, über den Kurznachrichtendienst Twitter an Informationen über die Personen heranzukommen, die mit WikiLeaks in Verbindung stehen.

Autorin: Katharina Lohmeyer
Redaktion. Christina Bergmann/ Anne Herrberg