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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

Hans Ziegler2. September 2006

Atomstreit mit dem Iran / Geber-Konferenz für den Libanon

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Zentrales Thema in den Kommentaren der ausländischen Presse ist in dieser Woche der nach wie vor ungelöste Atomstreit mit dem Iran. Daneben findet ein weiteres Mal die Lage im Libanon Beachtung. Zunächst zum Atomkonflikt mit dem Iran. Das Land hatte ein UN-Ultimatum verstreichen lassen und seine Urananreicherung fortgesetzt.

Das LUXEMBURGER WORT macht dafür auch mangelnde Einigkeit des Westens verantwortlich:

'Geschickt nutzt Präsident Ahmadinedschad die Uneinigkeit im Weltsicherheitsrat aus: Da kann er auf die wohlwollende Zurückhaltung seiner Verbündeten Russland und China zählen, derweil die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland sich für Sanktionen stark machen.'

Die italienische Zeitung CORRIIERE DELLA SERA sieht das etwas anders und spricht sehr wohl von einem Konsens des Westens:

'Frankreich, Großbritannien und - außerhalb des Kreises der ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates - auch Deutschland sind sich in einem Punkt einig mit den Vereinigten Staaten: Wenn der Iran die Forderungen ignoriert, das Nuklearprogramm abzubrechen, dann muss es eine Reaktion geben. Ob diese nun Sanktionen beinhaltet oder nicht - alle im Westen wollen den Druck auf Teheran erhöhen.'

Die britische FINANCIAL TIMES ist ebenfalls für Druck auf Teheran, erinnert aber auch an Forderungen des Iran:

'Der Iran will Sicherheitsgarantien und die Anerkennung als seriöse Regionalmacht. Diese zwei Dinge können letztlich nur die USA gewährleisten. Im Gegenzug muss Teheran bereit sein, volle und nachweisbare Transparenz über sein Atomprogramm zu bieten, um zu zeigen, dass es sich nicht mehr in die Angelegenheiten seiner Nachbarstaaten einmischt und mit diesen zusammenarbeitet, um Stabilität im Nahen Osten aufzubauen.'

Die Pariser Tageszeitung LE MONDE richtet den Blick auf den Nachbarn Italien:

'Italien fordert einen Platz bei den Atomverhandlungen mit dem Iran. Die Italiener verstehen nicht, warum die Deutschen dabei sind und sie nicht. Schließlich ist weder der eine noch der andere Ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat. Und beide sind die wirtschaftlichen Hauptpartner des Irans. Muss man diesen diplomatischen Aktivismus Roms bedauern? Sicherlich nicht. Ministerpräsident Romano Prodi, der auf seine Erfahrung an der Spitze der EU-Kommission pocht, arbeitet daran, Europa im Bereich der Verteidigung und darüber hinaus neuen Schwung zu geben.'

Zum Thema Atomstreit abschließend die Moskauer Zeitung KOMMERSANT, die im Kern der Position der eigenen Regierung folgt, wenn es im Kommentar heißt:

'In der Atomkrise um Iran gibt es nur wenig Greifbares und dafür umso mehr Spekulationen: Was wäre wenn die Iraner Uran anreichern, und was ist, wenn sie tatsächlich eine Atombombe bauen, und was wird, wenn sie dann anderen dabei helfen, die genauso gefährlich und unvernünftig sind? In dieser Lage kann jeder in der Welt das Problem Iran so sehen, wie es ihm passt. Die USA und Israel schlagen Alarm. Moskau und Peking halten die Vorwürfe weiterhin für aus den Fingern gesogen.'

Themenwechsel und zur Situation im Libanon. Auf einer Geber-Konferenz in Stockholm hatte die Staatengemeinschaft 700 Millionen Euro für den Wiederaufbau zugesagt.

Die britische Tageszeitung THE GUARDIAN spricht zwar von einem teuren Ausgang, heißt die Vereinbarung aber gut:

'Jetzt, da die internationale Gemeinschaft mit dem katastrophalen und teuren Ausgang des Libanon-Kriegs zurecht kommen muss, gibt es Beweise im Überfluss für das alte Sprichwort, wonach Vorbeugung besser ist als eine Kur. Die Europäische Union stellt sich jedoch besser an als zu Zeiten der Kämpfe, indem sie Zurückhaltung und Streit überwunden hat, um für die erweiterte UN-Mission entlang der gefährlichen Grenze zu Israel mehrere tausend Soldaten zur Verfügung zu stellen. Die großzügigen Zusagen der Geberkonferenz in Stockholm werden ihr Weiteres tun.'

Die französische Zeitung LE MONDE würdigt die Konferenz ebenfalls, warnt aber mit Blick auf die Kriegschäden vor zu großen Erwartungen:

'Die EU sollte die Zügel beim Wiederaufbau des Zedernlandes in die Hand nehmen und vorne unter denen stehen, die finanziell beitragen. Die Lage ist katastrophal. Denn der Libanon ist um '15 Jahre zurückgeworfen' worden, wie es das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen festhält, das die Kriegsschäden auf mindestens 15 Milliarden Dollar veranschlagt.'

Anders die BASLER ZEITUNG, die in Geld kein Allheilmittel sieht, im Gegenteil warnt:

'Geld alleine schafft keinen Frieden. Die israelisch besetzten Gebiete sind ein Beispiel dafür. Die Palästinenser stehen auf der Liste der Empfänger internationaler Hilfe seit Jahren ganz oben. Die Geber finanzierten den Aufbau der Autonomieverwaltung, ernähren die Flüchtlinge, bauen Straßen und Schulen. Gekämpft wird im Gazastreifen und im Westjordanland dennoch ohne absehbares Ende. Am Ende verhindert der Geldsegen möglicherweise sogar jeden politischen Lösungsversuch der Geber: Großzügigkeit ist auch eine Methode, von eigenem Nichtstun abzulenken.'

Abschließend noch ein Kommentar zur deutschen Beteiligung an der Libanon-Friedenstruppe. Der Zürcher TAGES-ANZEIGER, der sich dem Thema widmet, spart nicht mit Kritik:

'Aller Friedensrhetorik zum Trotz bietet die deutsche Aussenpolitik genügend Zunder, um politische Hitzköpfe zu Anschlägen anzustiften. Gerade der Libanonkrieg machte deutlich, wie vorbehaltslos Deutschland für Israel Partei ergreift: So eisern wie Angela Merkel schwieg nur noch George Bush zum unverhältnismässigen Gewalteinsatz in diesem Krieg. Deutschland betreibt eine Nahostpolitik, die im Widerspruch steht zu den eigenen Ansprüchen einer an Menschenrechten orientierten Politik und die von den 3,5 Millionen Muslimen im Land als ungerecht empfunden wird.'