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Integrationsgipfel berät über Aktionsplan

3. November 2010

Im Bundeskanzleramt hat der vierte Integrationsgipfel begonnen. Bundeskanzlerin Merkel berät mit Ministern und Vertretern aus den Ländern, der Wirtschaft und verschiedenen Verbänden über neue Integrationsvereinbarungen.

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Angela Merkel mit Aktenordner unterm Arm (Foto: AP)
Einen konkreten Aktionsplan will Merkel auf den Weg bringenBild: AP
Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (Foto: dpa)
Die Integrationsbeauftragte hat konkrete PläneBild: picture-alliance/dpa

Ziel ist ein Nationaler Aktionsplan. Dieser soll beim Integrationsgipfel am Mittwoch (03.11.2010) auf den Weg gebracht werden. Inhalt des Aktionsplans sollen konkrete Integrationsvereinbarungen sein. Beispielsweise soll künftig festgeschrieben werden, was ein Einwanderer an Unterstützung bekommen könne, erläuterte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU). Darüber hinaus sollen Böhmer zufolge die sprachlichen, schulischen und beruflichen Voraussetzungen festgehalten werden, mit denen ein Zuwanderer nach Deutschland kommen darf.

Mit diesen, auf dem Gipfel neu definierten Vorgaben soll vom ersten Quartal des kommenden Jahres an die Integrationsarbeit besser koordiniert durchgeführt werden. Wenn klare Ziele und deren Überprüfung festgeschrieben seien, könnte jeder Migrant dadurch bessere Chancen für den Aufstieg erhalten, sagte die Staatsministerin.

Zu viele Schulabbrecher

Herbstlaub weht in Berlin vor dem Bundeskanzleramt vorbei (Foto: dapd)
Im Kanzleramt werden die Facetten des Integration beratenBild: dapd

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sind vor allem Defizite bei der Integration im Schulbereich eklatant. "Kinder aus Einwandererfamilien brechen doppelt so häufig die Schule ab wie deutsche Kinder, ausländische Jugendliche haben doppelt so oft keine Berufsausbildung. Deshalb gibt es auch unter Migranten weitaus mehr Hartz-IV-Bezieher als unter Deutschen", sagte Merkel.

Die Kanzlerin plädierte schon vor dem Treffen für Sanktionen, wenn Migranten beispielsweise Integrationskurse verweigerten. "Für Neuzuwanderer sind diese Kurse Pflicht, und wer sie nicht besucht, wird die Konsequenzen tragen müssen, darauf werden wir in Zukunft stärker achten", erklärte die CDU-Chefin.

Bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern

Schon im Vorfeld der Beratungen hatte auch die Integrationsbeauftragte Böhmer gefordert, dass auch die 16 Bundesländer mithelfen sollen, um vor allem die Zahl der Schulabbrecher unter Zuwanderungskindern senken zu können. Dem pflichtete die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper (FDP), bei, indem sie bei Bund und Ländern eine effektivere Zusammenarbeit bei der Integration von Ausländern anmahnte.

Der Deutsche Städtetag wies darauf hin, dass die Städte und Gemeinden genügend Geld haben müssten, um Migranten fördern zu können. Im Fokus stehe dabei die Bildung der Kinder, sagte Städtetagspräsidentin Petra Roth (CDU). Zuwanderer seien zudem als Mitarbeiter für die kommunale Verwaltung ein Gewinn, weil sie mehrere Sprachen beherrschten und durch ihre Kenntnisse anderer Kulturen Konflikte abbauen könnten.

Unterschiedliche Erfahrungen mit Integrationskursen

Eine Frau mit Kopftuch schiebt ein Kind auf einem Dreirad über eine Straße im Berliner Stadtteil Kreuzberg (Foto: dapd)
Migrantenkinder sollen bessere Zukunftschancen bekommenBild: DAPD

Auf Initiative von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte das Bundeskabinett in der vergangenen Woche schärfere Regeln für Ausländer gebilligt, die ihre Aufenthaltserlaubnis verlängern wollen. Die Behörden werden ausdrücklich verpflichtet, zuvor zu prüfen, ob alle erforderlichen Integrationskurse besucht wurden.

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) macht nach eigenen Angaben selten die Erfahrung, dass ein Zuwanderer die Integration verweigert. Die Teilnehmer der Kurse seien meistens hoch motiviert, sagte der AWO-Vorsitzende Wolfgang Stadler. Allerdings werde den Migranten häufig die Anerkennung ihrer Zugehörigekit verweigert. Die aktuelle Debatte wirke abschreckend.

Experten aus Politik und Gesellschaft

Zum Vierten Integrationsgipfel im Berliner Kanzleramt wurden insgesamt 115 Teilnehmer erwartet. Neben den CDU-Minister Thomas de Maizière (Inneres), Annette Schavan (Bildung), Kristina Schröder (Familie) und Ursula von der Leyen (Arbeit) auch die beiden FDP-Minister Rainer Brüderle (Wirtschaft) und Philipp Rösler (Gesundheit).

Aus den Reihen der Ministerpräsidenten der Länder sind Wolfgang Böhmer (Sachsen-Anhalt), Volker Bouffier (Hessen) dabei, beide CDU, sowie Hannelore Kraft (Nordrhein-Westfalen) und Klaus Wowereit (Berlin), beide SPD.

Aber auch Vertreter mehrerer Organisationen und Institutionen sind dem Ruf von Angela Merkel nach Berlin gefolgt. So sitzt die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, am Tisch, wie auch Kenan Kolat, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Auch Dieter Hundt als Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und Michael Sommer, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sind zugegen sowie Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fußballbunds (DFB).

Merkel sieht Erfolge der bisherigen Integrationsgipfel

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (lFDP, links im Bild) und Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) unterhalten sich (Foto: dapd)
Bundesarbeitsministerin Von der Leyen soll den Bedarf an Fachkräften prüfenBild: dapd

Merkel verwies vor dem Start des Gipfels auch auf Erfolge beim Thema Integration: "Hunderttausende von Menschen aus aller Welt leben gut integriert unter uns und mit uns." Die bisherigen drei Treffen hätten schon eine Menge erbracht. Durch die Gesetzgebung der letzten Jahre sei der Zusammenhang zwischen Integrationsbereitschaft und der Frage, in Deutschland bleiben zu dürfen, hergestellt worden, erklärte sie.

Ein Punktesystem zur Regelung von Zuwanderung, wie es die FDP fordert, lehnte Merkel erneut ab. "Der Begriff Punktesystem steht bewusst nicht im Koalitionsvertrag", betonte sie. Bei dem Nationalen Aktionsplan gehe es um transparente Kriterien, die sich an Bedarf, Qualifizierung und Integrationsfähigkeit ausrichten würden. Auch damit soll die Zuwanderung von Hochqualifizierte geregelt werden können. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen werde jetzt ermitteln, in welchen Branchen solche Zuwanderung nötig sei.

Autorin: Marion Linnenbrink (epd, dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Martin Schrader