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Einsatz in Afghanistan

6. November 2010

5000 deutsche Soldaten und Soldatinnen sind in Afghanistan stationiert. Ihr Dienst ist gefährlich - lebensgefährlich. Der Bildjournalist Fabrizio Bensch hat ihn während wochenlanger Aufenthalte dokumentiert.

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Soldat steht auf der Ladefläche eines LKWs und hat ein Gewehr geschultert (Foto: Fabrizio Bensch/ Reuters)
Bild: Fabrizio Bensch/Reuters

Mädchen mit bunten Mappen auf dem Rücken kommen aus der Schule, Soldaten suchen auf dem Basar nach neuen Sonnenbrillen, in den Straßen einer Kleinstadt feiert man ausgelassen das Ende des Ramadan, und ein kleiner Junge, vier Jahre alt vielleicht, guckt während einer Lebensmittelausgabe mit großen Augen in die Kamera. Eindringlich sind diese Fotos, bunt und lebensfroh, Bilder, wie man sie sich aus Afghanistan wünscht. Andere Bilder sind Fabrizio Bensch indes wichtiger. Bilder von Gefechten. Auf denen ein Feuerkampf stattfindet. Bilder, die zeigen, "was Krieg bedeutet - nämlich Tod und Elend".

Ein deutscher Soldat begegnet afghanischen Frauen und Kindern (Foto: Fabrizio Bensch/ Reuters)
Bild: Fabrizio Bensch/Reuters

Im September 2008 ist Fabrizio Bensch im Auftrag der Nachrichtenagentur Thomson Reuters das erste Mal nach Afghanistan gereist, zwei weitere Aufenthalte folgten 2009 und 2010. Jeweils mehrere Wochen lang war er so etwas wie ein "embedded journalist", also ein Gast der deutschen Truppen, der sich in den Feldlagern der Bundeswehr frei bewegen durfte. Und das hat er genutzt.

Ungewöhnliche Nähe

Der besonnene Mann begleitete Soldaten im Gefecht, ins afghanische Polizeihauptquartier, bei der Minensuche und bei Patrouillenfahrten; er war also wirklich mittendrin. Und er wurde von den Männern und Frauen in Kampfuniform akzeptiert. Ja, er sei sogar sehr willkommen gewesen, sagt Bensch. Weil die Soldaten das Bedürfnis gehabt hätten, jemanden da zu haben, der sie beobachtet. "Und als Fotograf bin ich ein Beobachter. Und ich möchte ja auch den Punkt erreichen, wo mich der Soldat gar nicht mehr wahrnimmt."

Soldat bei einer Zigarrettenpause im Gefechtsposten (Foto: Fabrizio Bensch/ Reuters)
Bild: Fabrizio Bensch/Reuters

Gelungen ist Bensch das immer wieder, das belegen Fotos von außergewöhnlicher Nähe – der Gefechtsposten, der in einer Pause mit ernstem Gesicht eine Zigarette raucht, die Männer, die sich im Schlamm mit einer Tasse Tee wärmen, der Soldat, der vor der Nachtmission seine Waffe überprüft, in seinem Zelt, vor einer Galerie barbusiger junger Frauen.

Gefährlicher Auftrag

Viele der Soldaten und Soldatinnen hätten gewusst - haben schon gewusst - was sie erwartet, davon ist Fabrizio Bensch überzeugt. Aber die Wirklichkeit, die hätten sie erst später erfasst, nach den ersten Gefechten. "Und erst, wenn sie solche Erfahrungen gemacht haben, diese Extremsituationen, dann haben sie eigentlich gemerkt und für sich selber auch empfunden, was es heißt, einem Krieg gegenüber zu stehen und in einen Krieg mit involviert zu sein". Bensch hat mit den Männern und Frauen viel gesprochen. Die meisten, sagt er, seien ihm gegenüber sehr offen gewesen, hätten auch ihre Ängste und Zweifel an dem Einsatz formuliert. Und dass sie sich mehr Rückhalt aus Deutschland wünschen, darunter leiden, dass man sich für Afghanistan und ihre Mission immer nur dann interessiert, wenn es wieder einmal einen tragischen Zwischenfall, wenn es Tote und Verletzte gegeben hat. "Die Erfahrung, die dort jeder einzelne macht, ist etwas, was sein Leben verändert. Soldaten sind eben auch nur Menschen."

Bundeswehrsoldaten bei der Minenräumung (Foto: Fabrizio Bensch/ Reuters)
Bild: Fabrizio Bensch/Reuters

Auch davon erzählen die Fotos, die Fabrizio Bensch nun in der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung in Potsdam präsentiert. Bilder, die immer im richtigen Moment gemacht wurden, und die von Anspannung und Misstrauen, von Zerstörung und Einsamkeit und manchmal auch von kleinen Erfolgen erzählen. Für diese vielschichtigen Innenansichten aus Afghanistan hat der Fotograf sein Leben riskiert. Denn er will aufklären und informieren - mit der Kraft der Bilder, an die er glaubt.

Autorin: Silke Bartlick
Redaktion: Conny Paul