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Indien erwägt Militärhilfe für Afghanistan

Priya Esselborn26. Mai 2013

Präsident Karsai hat Indien um Militärhilfe für die Zeit nach dem NATO-Abzug gebeten. Trotz der Freundschaft mit Afghanistan muss Neu Delhi die Reaktionen Pakistans und Chinas berücksichtigen.

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Hamid Karsai wird von seinem indischen Amtskollegen Pranab Mukherjee begrüßt (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Fast ein Dutzend Mal hat der afghanische Präsident Hamid Karsai Indien in seiner Amtszeit bereits besucht. Er ist ein gern gesehener Gast, der perfekt Hindi spricht, da er als Student einige Jahre im indischen Shimla verbracht hat. Bisher zeigte sich Indien großzügig. Neu Delhi ist der größte Mittelgeber Afghanistans in der Region und hat bereits zwei Milliarden Dollar in Infrastruktur- und Wiederaufbauprojekte investiert. 2011 gingen Indien und Afghanistan eine strategische Partnerschaft ein. Inzwischen bildet Indien auch afghanische Offiziere und Polizeikräfte aus.

"Indien ist bereit, seine Hilfen beim Aufbau von Institutionen, bei Ausbildung und Ausrüstung der Sicherheitskräfte auszubauen, soweit es möglich ist", bekräftigte der indische Präsident Pranab Mukherjee beim Treffen mit Karsai in Neu Delhi.

Wunschliste Afghanistans

Doch dieses Mal wollte der Gast aus Kabul mehr. Karsai bat die indische Regierung explizit um militärische Hilfe, um den Kampf gegen die Taliban auch nach dem Abzug der meisten ausländischen Truppen 2014 fortsetzen zu können. "Wir sind mit einer Wunschliste an die indische Regierung herangetreten. Nun liegt es an Indien zu entscheiden, ob dies machbar ist", so Karsai im Gespräch mit Journalisten.

Afghanischer Brückenbau in Lashkargah (Foto: DW)
Wenn es nur um Material zum Brückenbau ginge, wäre Karsais Wunschliste wohl weniger heikelBild: DW/R. Elham

Was genau auf der Wunschliste stand, ist nicht bekannt. Die indische Website firstpost.com berichtet aber, dass der afghanische Präsident Granaten, Transportflugzeuge, Lastwagen und Material zum Bau von Brücken angefragt habe. Indien produziert selbst kaum militärische Ausrüstung und Waffen, sondern importiert all dies zum großen Teil aus dem Ausland, vor allem aus Russland.

"Aus afghanischer Sicht ist diese Bitte sinnvoll", sagt Afsar Karim, ehemaliger General der indischen Streitkräfte gegenüber der Deutschen Welle. "Afghanistan braucht Waffensysteme und kaum jemand ist bereit, Afghanistan diese zur Verfügung zu stellen." Wenn Indien hier einspringe, so Karim, müsse es auch "die Konsequenzen in der Region und vor allem die Reaktion seiner Nachbarn aushalten." Im Klartext: Es geht um die Reaktion Pakistans. Die Frage für die indische Regierung sei also, ob die tiefe Freundschaft mit Afghanistan eine indische Zusage rechtfertigen würde, so Verteidigungsexperte Karim aus Neu Delhi.

Interessen Pakistans und Chinas

Qamar Agha von der Jamia Millia Islamia, der muslimischen Universität in Neu Delhi, verweist in diesem Zusammenhang auf den Regierungswechsel in Pakistan. Dadurch ergäben sich Chancen für verbesserte Beziehungen zwischen den beiden südasiatischen Atommächten. "Nawaz Sharif hat bekräftigt, dass er auf Indien zugehen will. Die Lage in Pakistan ist schlecht. Sharif muss die Wirtschaft ankurbeln und will den Handel mit Indien ausbauen", so Qamar Agha. Indien habe sich bewusst nie militärisch in Afghanistan engagiert, sondern nur bei der Ausbildung von Sicherheitskräften und im Wiederaufbau, um keine zusätzlichen regionalen Spannungen zu provozieren.

Afghanische Genzsoldat mit Patronengurt (Foto: Reuters)
Die Beziehungen zwischen Afghanistan und Pakistan sind alles andere als entspannt, wie dieser afghanische Genzsoldat demonstriertBild: Reuters

Verteidigungsexperte Afsar Karim fügt hinzu, dass nicht nur Pakistan eigene Interessen in Afghanistan verfolgt, sondern auch Indiens anderer Nachbar und Rivale, China: "Indien muss genau abwägen. Bisher hatten die Chinesen mit dem indischen Engagement in Afghanistan keine Probleme. Die Frage ist nur, ob das so bleibt, wenn der Rahmen für das indische Engagement ausgeweitet wird."

Afghanistanexperte Qamar Agha sieht die Probleme Afghanistans nach dem Abzug der NATO-Truppen 2014 nicht vorrangig im militärischen Bereich: "Es geht doch nicht nur um das Thema militärische Hilfe ja oder nein. Die Herausforderungen sind groß. Das Land besteht aus vielen Ethnien und Stämmen. Eine echte Demokratie zu verankern, ist kaum möglich. Korruption ist ein großes Problem oder auch die Frage, wie man eine Industrialisierung vorantreiben kann." Hilfe aus der Region sei für Afghanistan daher überlebenswichtig, so Agha.

Ob dazu auch Militärhilfe aus Indien zählt, ist die Frage. Indien hat sich Bedenkzeit erbeten, um auf die Bitte Afghanistans zu reagieren. In Neu Delhi ist es der Regierung klar, dass die falsche Entscheidung die Zukunft der gesamten Region gefährden könnte.