Kölner Ausstellung zu jüdischem Leben in Deutschland
"In die Weite" stellt Kunstinstallationen neben Objekte und Dokumente aus verschiedenen Epochen - darunter ein erstmals in Deutschland ausgestelltes Dekret.
Das Dekret Kaiser Konstantins
Im Jahr 321 erließ Kaiser Konstantin ein Gesetz, das besagte, dass Juden Ämter in den Kurien, den römischen Stadträten, bekleiden durften und sollten. Es ist die früheste Quelle zur Existenz von Jüdinnen und Juden im heutigen Deutschland und begründet das Festjahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland". Die Abschrift aus dem 6. Jahrhundert ist eine Leihgabe der Biblioteca Apostolica Vaticana.
Siegeszug der Römer
Der Gipsabguss eines Reliefs aus dem Titusbogen in Rom zeigt den Siegeszug der Römer mit Kultgeräten aus dem Tempel in Jerusalem nach der Eroberung der Stadt. Der Bezug zur römischen Vergangenheit Kölns wird hier ebenso deutlich wie die sich in der Folge immer wiederholende Geschichte von Verfolgung und Aneignung jüdischen Lebens und jüdischer Kunstschätze.
Die Genisa aus Niederzissen
Eine Genisa ist ein Aufbewahrungsort für abgenutzte und beschädigte rituelle Schriftstücke und Kultgegenstände innerhalb einer Synagoge. Eine der bedeutendsten bisher entdeckten Genisot Deutschlands stammt aus Niederzissen. In dem kleinen Eifelort lebten einmal 400 Jüdinnen und Juden - heute ist dort kein einziger Bürger mehr jüdischen Glaubens.
Der Amsterdam Machsor
Das auf Kalbspergament verfasste Schriftstück wird auf Mitte des 13. Jahrhunderts datiert und gilt als eine der ältesten erhaltenen hebräischen Handschriften im deutschsprachigen Raum. Sie wurde in Köln verfasst und gelangte später nach Amsterdam. Ein Machsor enthält Gebete und liturgische Verse für die Feiertage, die sich von Stadt zu Stadt unterscheiden konnten.
Rebecca Horn, "Earthbound", 1994
Die Installation besteht aus einem halb geöffneten, ramponierten Koffer, der immer wieder in die Höhe steigt und wieder absinkt. Dabei klappt er auf und zu wie ein Flügel. In seinem Inneren ist mit einem roten Band der Umriss eines Davidsterns angeheftet. Die Hoffnung eines dauerhaften Aufbruchs wird immer wieder mit dem Fall beendet.
Jannis Kounellis, "Tragedia Civile" (Bürgerliche Tragödie), 1975/2007
Die Rauminstallation des griechischen Mitbegründers der Kunstbewegung "Arte povera" erinnert an ein Kaffeehaus. An dem Kleiderständer hängen Relikte bürgerlichen Lebens: ein Hut und ein Mantel. Sind es die Hinterlassenschaften eines Mannes, der öfter hier war und nun verschwunden ist? Seitlich flackert eine Öllampe, an der vergoldeten Wand im Hintergrund spiegeln sich die Umrisse der Betrachter.
Andor Weininger, "Komposition mit Trauernden in surrealer Landschaft" (1941)
Nicht nur historische Schriftstücke und rituelle Objekte, sondern auch Kunstwerke sind Teil der Ausstellung "In die Weite - Aspekte jüdischen Lebens in Deutschland", die eine historisch-ästhetische Annäherung an ihr Sujet wagt. Sie ist eine Kooperation des Kölner Museums Kolumba und MiQua, dem LVR-Jüdischen Museum im Archäologischen Quartier Köln, und vom 15.09.2021 bis 15.08.2022 zu sehen.