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Roma Südserbien Asyl

2. Februar 2012

Von den etwa 46.000 Menschen, die 2011 einen Asylantrag in Deutschland gestellt haben, kamen etwa 4600 aus Serbien - die große Mehrheit Roma. Sie wählen Deutschland aus, weil das Land als tolerant gegenüber Roma gilt.

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Roma-Siedlung Romsko Podvorce in Leskovac, Serbien (Foto: Milica Ivanovic)
Roma-Siedlung Romsko Podvorce nahe Leskovac in SerbienBild: DW
Drei Generationen einer Roma-Familie aus Podvorce, Roma-Siedlung in Leskovac (Foto: Milica Ivanovic)
Kaum jemand hat ArbeitBild: DW

Nach Angaben des Verbandes der Roma aus Südserbien, stammt die größte Zahl der Roma-Asylbewerber in Deutschland aus Leskovac, einer kleinen Stadt im Süden des Landes mit etwa 70.000 Einwohnern. Unweit der Stadt liegen drei große Roma-Siedlungen, wo über 10.000 Menschen leben. Der Präsident der Vereinigung "Rom", Aca Demirovic (51), dessen Tochter vor drei Monaten mit ihrer Familie nach Deutschland gegangen ist, sagt, Deutschland sei sehr beliebt als Zielland, weil die Deutschen mit den Roma sympathisierten. Das sei aber nicht der einzige Grund, fügt Demorivic hinzu: "Als Sozialfall, als Asylbewerber, bekommt man in Deutschland mehr Geld, als wenn man in Serbien arbeiten würde", stellt er fest.

Für Zoran Muratovic (46) und seine siebenköpfige Familie war Deutschland, wo er anderthalb Monate verbrachte, der einzige Weg um zu überwintern. Sie waren untergebracht in der Nähe von Stuttgart, und sie kamen zurück mit 4000 Euro in der Tasche. "Man hat uns 500 Euro pro Person angeboten, wenn wir den Asylantrag zurückziehen. Ich sagte: ok, was soll's, ich unterschreibe. So sind wir mit dem Geld zurück nach Hause gegangen, und haben auch noch kostenlosen Transport nach Leskovac bekommen", erzählt Zoran Muratovic von seiner Erfahrung mit den deutschen Gemeindevertretern.

Roma in Podvorce, Roma-Siedlung in leskovac, Serbien (Foto: Milica Ivanovic)
Leben in ArmutBild: DW

Reisen ohne Visa

Seit dem 19. Dezember 2009 ist die Visa-Pflicht für die Einreise aus Serbien, Mazedonien und Montenegro in die EU abgeschafft. Das hat in Westeuropa zu einem sprunghaften Anstieg der Asylbewerber geführt, insbesondere in Belgien, Schweden und Deutschland, so dass man schon im Frühjahr 2010 in den europäischen Hauptstädten laut darüber nachdachte, ob die Reiseerleichterung nicht besser rückgängig gemacht werden sollte.

Ein Großteil dieser Asylbewerber waren Albaner und Roma aus armen Gemeinden Südserbiens in der Nähe zum Kosovo und zu Montenegro. Diese Flüchtlingswelle wurde damals aber gemeinsam von den europäischen und serbischen Behörden weitgehend unterbunden. Man hat einerseits strengere Kontrollen an den Grenzen eingeführt, um einmal abgelehnte Asylbewerber an der erneuten Einreise zu hindern. Andererseits hat man in den Zielländern die Bearbeitungszeit der gestellten Anträge wesentlich verkürzt – statt wie früher 15 oder 18 Monate dauern die Verfahren jetzt oft nur noch ein bis zwei Monate.

Soziale Not

Zoran Amedović (46) verbrachte zusammen mit seiner Frau Nevena acht Monate in einem Flüchtlingsheim in Hannover. Sie kamen fast organisiert nach Deutschland - fast wie eine Reisegruppe: Ein Bus fuhr durch die Siedlung und sammelte die Roma ein, die nach Deutschland fahren wollten. Seine Erfahrung in dem Asylbewerberheim waren aber eher ernüchternd: "Meine Frau und ich haben jeden Tag geweint. Es gibt keinen besseren Ort als meine Heimat, als meine Stadt, als mein Land. Ich habe gesagt, ich würde den Beton küssen, wenn ich die Grenze wieder erreiche", erinnert sich Amedović.

Gemüse- und Fleischhändler in Podvorce, Roma-Siedlung in Leskovac, Serbien (Foto: Milica Ivanovic)
"Markt" in der Roma-Siedlung in LeskovacBild: DW

Bei den Roma in Leskovac ist seltener politische Verfolgung der Grund für die Asylanträge, als vielmehr wirtschaftliche und soziale Not. In Serbien gibt es viele Arbeitslose, insbesondere im Süden des Landes, und die Kriterien für die Sozialhilfe sind äußerst streng - besonders es um Roma geht. In Leskovac haben von etwa 6000 Roma im erwerbsfähigen Alter nur ungefähr 300 einen festen Job. Und von 1500 Personen, die in der Stadt Sozialhilfe beziehen, sind 60 Prozent Roma.

Die Söhne von Maksut Demirovic (61) haben weder Arbeit noch bekommen sie Sozialhilfe. Zurzeit leben sie von dem Geld, das sie als Asylbewerber in Deutschland bekommen haben. Eine Perspektive sei das aber nicht, betont Maksut Demorovic: "Ich habe zwei Söhne. Das sind junge und gesunde Menschen, sie können arbeiten. Man soll ihnen Arbeit und ein Gehalt von 400 bis 500 Euro in Serbien geben - warum sollten sie dann nach Deutschland gehen?", fragt sich Demirovic.

Autorin: Milica Ivanovic
Redaktion: Zoran Arbutina