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Neuer mRNA-Impfstoff gegen Malaria?

Martina Schwikowski
8. September 2021

Nach dem Erfolg seines Covid-19-Vakzins strebt Biontech die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Malaria an. Das Unternehmen plant den Aufbau der Produktion in Afrika und hofft auf klinische Studien bis Ende 2022.

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Eine Anopheles-Mücke sticht in die Haut eines Menschen
Die Anopheles-Mücke überträgt Malaria - eine mRNA-Impfung soll dagegen schützenBild: dpa/picture alliance

Im Kampf gegen die Tropenkrankheit Malaria gibt es ein Hoffnungszeichen: Das Mainzer Pharma-Unternehmen Biontech will Impfstoffe gegen Malaria und Tuberkulose entwickeln. Klinische Studien sollen schon Ende 2022 beginnen. Der Impfstoff soll auf Basis von Biontechs innovativer Messenger-RNA-Technologie entwickelt werden, die bereits beim Covid-19 Vakzin in vielen Ländern erfolgreich eingesetzt wird. Die Firma geht noch weiter: Sie will den Malaria-Impfstoff künftig auch in Afrika produzieren – geplant sind Produktionsanlagen in Ruanda und Senegal.

Unterstützt wird Biontech von seinen Partnern, darunter die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Europäische Kommission und die Initiative Africa CDC (Africa Centres for Disease Control and Prevention).

Zwei Laborantinnen in Ganzkörperschutzanzügen arbeiten an einem Bioreaktor
Biontech arbeitet an der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Malaria. Klinische Studien sollen Ende 2022 starten.Bild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Ist der Kontinent bereit für diesen Schritt? In Afrika gebe es nur sehr begrenzte Kapazitäten zur Herstellung von Impfstoffen – sie konzentrierten sich bislang auf wenige Länder, sagt Ole Olesen, Direktor der europäischem Impfinitiative EVI (European Vaccine Initiative) in Heidelberg.

Hohe Investitionen für den Impfstoff-Erfolg?

Zu den traditionellen Zentren der Impfstoff-Produktion zählen das Pharma-Unternehmen Biovac in Südafrika, das Institut Pasteur in Senegal und in Tunesien sowie die Firma Vacsera in Ägypten. Auch Äthiopien, Nigeria, Ghana und Ruanda seien auf dem Weg, ihre Industrien aufzubauen, sagt Patrick Tippoo, Direktor der afrikanischen Impfhersteller-Initiative AVMI (African Vaccine Manufacturing Initiative) im südafrikanischen Kapstadt.

"Es ist eine große Herausforderung, Fabriken in Afrika zu schaffen, Personal auszubilden, Technologietransfer zu leisten, die Erlaubnis der Behörden zu erhalten und dann das Produkt für klinische Studien freizugeben – alles bis Ende 2022," sagt Tippoo im DW-Interview. Finanziert werden könnten diese Prozesse durch Kredite von Entwicklungsinstituten, aber auch Gelder von Regierungen, Zuschüssen von Organisationen und Eigenmittel von Privatinvestoren.

Coronavirus - Impfung beim Kinder- und Jugendarzt
Die innovative Messenger-RNA-Technologie ist bereits mit dem Covid-19-Impfstoff erfolgreich in vielen Ländern eingesetzt. Bild: Fabian Sommer/dpa/picture alliance

Biontechs Ziel zu erreichen sei nicht unmöglich, aber hänge von großen Geldsummen und reibungslosen Abläufen ab, sagte Tippoo. "So entstand auch der Covid-Impfstoff. Man hat mit vollem Risiko enorme Investitionen an verschiedenen Orten für die Entwicklung eingesetzt – und noch vor der Gewissheit eines Erfolges mit der Herstellung begonnen."

Malaria-Parasiten wirksam angreifen

Nach Jahrzehnten der Forschung und missglückter Versuche, die Infektionskrankheit Malaria auszurotten, wäre mit einem hocheffektiven Impfstoff eine wirksame Behandlung in Sicht. Das bereits vom britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline entwickelte Vakzin Mosquirix wird seit 2019 in einem Pilot-Projekt in Afrika verabreicht. Es hat aber nur eine Wirksamkeit von rund 30 Prozent - mindestens 75 Prozent erwartet die WHO. Weitere Impfstoffkandidaten sind in der Entwicklung.

Malaria kommt in 87 Ländern weltweit vor: Die Anopheles-Mücke überträgt dabei den Malaria-Parasit auf den Menschen. Gefürchtet ist vor allem die Malaria tropica – sie verursacht schwere Organkomplikationen und könne ohne entsprechende Behandlung auch zum Tode führen. 

Indien Tehatta | Netz schützt eine Frau vor Malariaübertragenden Mücken
Malaria-Netze dienen als Schutz. Aber viele Menschen sterben an dem gefährlichen Stich der Anopheles-Mücke.Bild: Soumyabrata Roy/NurPhoto/picture alliance

"Der entscheidende Vorteil der Messenger-RNA-Technologie ist, dass sie sehr flexibel ist. Sie besteht aus verschiedenen Bausteinen, die leicht ausgetauscht und angepasst werden können", sagt Olesen. "Es ist fast wie ein Satz Lego-Bausteine, die man auf unterschiedliche Art zusammensetzen kann", sagt er im DW-Interview.

"Bei Malaria besteht die größte Herausforderung jedoch darin, den Baustein zu finden, der den Malaria-Parasiten wirksam angreift."

Im Falle von Covid war es laut Olesen leicht: Es sei ziemlich klar gewesen, dass das Spike-Protein das offensichtliche Ziel war. "Aber der Malaria-Parasit hat einen sehr komplizierten Lebenszyklus. Das ist der Hauptgrund für die schwierige Impfstoff-Entwicklung."

Andere Viren, zum Beispiel Covid-19, seien Organismen, die oft nur eine Handvoll Gene enthielten, aber der Malaria-Parasit bestehe aus 5000 Genen, sagt Olesen. "Das bedeutet, er hat viel mehr Möglichkeiten, sich zu tarnen und vor einem Impfstoffangriff zu verstecken." 

Solide Infrastruktur und politischer Wille nötig

Für eine erfolgreiche Entwicklung müssten viele Faktoren zusammenkommen. Nicht nur die erheblichen Kapital- und Investitionskosten für den Aufbau der Produktionsanlagen. Für eine zuverlässige Versorgung mit Rohstoffen sei eine solide Infrastruktur rund um diese Anlagen entscheidend. Das war auch schon das Problem bei den Covid-Impfstoffen. "Wir müssen die globalen Lieferketten weltweit offen halten und jegliche Art von Exportbeschränkungen oder -verboten vermeiden, die letztlich die Lieferungen noch schwieriger machen," sagte jüngst Stella Kyriakides, EU-Kommissarin für Gesundheit bei der G20-Konferenz in Rom.

Aber man brauche auch den guten Willen der Hersteller, sich am Technologietransfer zu beteiligen sowie das Interesse lokaler Regierungen, so Olesen. Und selbstverständlich funktionierende Kühlketten für die Impfstoffe.