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Im Irak droht ein zäher Koalitions-Poker

8. März 2010

Zum zweiten Mal nach dem Sturz von Saddam Hussein wurde im Irak gewählt. Ein klarer Sieger steht aber noch nicht fest. Das Zweistromland steht nach der Parlamentswahl offenbar vor einer langwierigen Regierungsbildung.

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Nuri al-Maliki an der Wahlurne (Foto: AP)
Er will weiter regieren: Nuri al-Maliki bei der StimmabgabeBild: AP

Für politische Beobachter der Wahl im Irak ist klar: Angesichts der Zersplitterung der politischen Landschaft könnten sich die Verhandlungen, wer im Zweistromland in Zukunft die Regierungsverantwortung inne hat, noch über Monate hinziehen. Fakt ist jedenfalls eines: Die Beteiligung an der Abstimmung lag mit 62 Prozent deutlich niedriger als 2005, wie die Wahlkommission am Montag (08.03.2010) erklärte. Bei der letzten Parlamentswahl hatten 76 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Trotz der Anschläge mit 36 Toten war die Beteiligung am Sonntag aber höher als bei der Regionalwahl im vergangenen Jahr.

Knappe Ergebnisse erwartet

Wahlhelfer verstauen Wahlcontainer
Das offizielle Ergebnis der Wahl liegt noch nicht vor

Endgültige Ergebnisse liegen noch nicht vor, doch für einige Bezirke der Hauptstadt Bagdad werden der Wahlkommission zufolge am Dienstag erste Zahlen veröffentlicht. Zwar wird das offizielle Ergebnis erst in einigen Tagen vorliegen, doch deutet sich bereits jetzt ein spannendes Rennen an. Politische Beobachter erwarten, dass die Abstände zwischen den Wahlbündnissen im 325-köpfigen Parlament knapp ausfallen. Erste Teilergebnisse weisen darauf hin, dass das Bündnis des amtierenden Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki gut abgeschnitten haben könnte. Ein Vertreter der Rechtsstaat-Allianz, Abbas al Bajati, sagte, die Liste habe in Bagdad und im schiitisch geprägten Süden des Landes gute Ergebnisse erzielt. Doch es ist absehbar, dass in Bagdad harte Koalitionsverhandlungen anstehen.

Muktada al Sadr (Foto: AP)
Propagiert gegen die westliche Welt: Muktada al SadrBild: AP

Bedrängt werden dürfte Al-Maliki von der Irakischen Nationalallianz (INA), die als Iran-freundlich gilt. Sie wird angeführt vom Obersten Islamischen Rat Iraks (SIIC), der auch von dem antiamerikanischen Geistlichen Muktada al Sadr unterstützt wird. Auf der anderen Seite steht das Irakija-Bündnis unter Führung des ehemaligen Ministerpräsidenten Ajad Allawi, eines Schiiten, und des sunnitischen Politikers Saleh al Mutlak.

Bagdad weniger optimistisch als Washington

Faruk Abdullah, ein Mitglied des Bündnisses von Al-Maliki, erwartet zähe Gespräche: "Es wird auf eine Regierung hinauslaufen, an der alle Interessensgruppen beteiligt werden." Die Beobachter im Irak sind in ihren Prognosen deshalb bislang nicht so positiv wie US-Präsident Barack Obama, der die Wahl im fernen Washington bereits als "Meilenstein" lobte. Obama lobte den Mut der irakischen Wähler und die Regierung Al-Malikis sowie die irakischen Sicherheitskräfte, die ein noch schlimmeres Blutvergießen verhindert hätten. Die Vereinigten Staaten haben sich zum Ziel gesetzt, bis 31. August diesen Jahres alle Kampftruppen und bis Ende 2011 sämtliche Soldaten aus dem Irak abzuziehen.

Positive Kommentare kommen auch aus Berlin: Die Bundesregierung sieht nach der Wahl die Voraussetzungen für eine demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung im Irak verbessert. Nun werde es darauf ankommen, eine stabile Regierung zu bilden und die demokratischen Institutionen weiter aufzubauen, sagte ein Regierungssprecher die Lage nach der Parlamentswahl. Außenminister Guido Westerwelle, der zurzeit in Südamerika auf Staatsbesuch weilt, lobte den "Mut der vielen Frauen und Männer, die sich durch ihre Beteiligung an der Wahl zur Demokratie bekannt haben."

Autor: Marcus Bölz (apn, dpa, afp)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot