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Im Gespräch: Neue Möglichkeiten durch Optogenetik

9. April 2012

Studiogespräch mit Prof. Peter Hegemann, Humboldt-Universität Berlin, einer der Pioniere auf dem Gebiet der Optogenetik. Der Bio-Physiker hat in den 90er Jahren das lichtempfindliche Grünalgengen entdeckt, das bereits erfolgreich Fadenwürmern und Mäusen eingestzt wurde.

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DW: Herr Hegemann, es heißt, dass es in drei Jahren klinische Studien am Menschen geben soll. Schätzen Sie das auch so ein?

Peter Hegemann: Ich würde da durchaus zustimmen. Die Experimente an Mäusen und Primaten sind sehr erfolgreich und ich kann mir durchaus vorstellen, dass das in Kürze am Menschen gemacht wird und auch funktionieren wird.

Also an Affen wird das bereits auch schon untersucht. Wie ist denn Ihre Prognose – was genau könnte ein blinder Mensch dank Optogenetik dann wieder sehen können?

Die Sehfähigkeit wird nicht sein wie bei uns, aber es ist durchaus möglich und auch wahrscheinlich, dass er bei guten Lichtbedingungen, also bei hellem Sonnenlicht außerhalb des Hauses sich sehr gut orientieren kann. Er hat eine sehr gute räumliche Auflösung. Und ich denke, das ist ein sehr großer Zugewinn an Lebensqualität, wenn ein Blinder sich wie wir in seiner natürlichen Umgebung draußen frei bewegen kann.

In wie weit kann man denn mit der Optogenetik gezielt wie noch nie in das Gehirn eingreifen?

Erstmal würde ich vorsichtig sein mit „eingreifen“. Wir betrachten die Optogenetik erstmal als analytisches Werkzeug. Wir wollen neuronale Zusammenhänge verstehen und sie erstmal nicht verändern. Aber auf der Basis dieses Verständnisses ist es durchaus wahrscheinlich, dass wir dann auch Therapieansätze für verschiedene Krankheitsbilder finden werden.

Dann bleiben wir mal bei den Therapieansätzen. Welche anderen medizinischen Anwendungen können Sie sich denn vorstellen mit der Optogenetik?

Die Optogenetik – man dringt ja mit Licht in das Gehirn ein – ist für solche Zelltypen geeignet, die sehr konzentriert vorkommen. Das sind z.B. Motorneuronen im Zentralhirn, im Hippocampus, die man gezielt stimulieren kann oder inaktivieren kann, mit Hilfe von Licht.

Und das könnte man zum Beispiel bei Parkinson-Patienten einsetzen?

Bei Parkinson-Patienten ist das durchaus aussichtsreich, weil diese Patienten heute auch mit Strom therapiert werden. Strom hat gegenüber einem optogenetischen Ansatz den Nachteil, dass er das umgebende Gewebe mit aktiviert und diese Nebenwirkungen würden mit einem optogenetischen Ansatz verhindert oder zumindest sehr stark reduziert werden.

Also ein optogenetischer Ansatz wäre dann schonender für diese Patienten. Optogenetik am Menschen heißt aber auch: Sie müssen Nervenzellen genetisch verändern. Das ist doch ethisch ein gewaltiges Problem?!

Da machen wir uns auch als weltweite Gemeinschaft sehr sorgfältig Gedanken drüber. Wir werden eine Konferenz in Berlin veranstalten, die Dahlem-Konferenz, die sich exakt mit dieser Fragestellung beschäftigt.

(Interview: Maria Grunwald)