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Politik

Zweite Nacht der Gewalt in Nantes

5. Juli 2018

Premier Edouard Philippe eilte an den Ort des dramatischen Geschehens. In Nantes im Westen Frankreichs dauern nach dem Tod eines jungen Mannes bei einer Polizeikontrolle die Ausschreitungen an. Wieder brennen Autos.

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Frankreich Polizei in Nantes
Polizisten in Nantes in Abwehrstellung hinter Schutzschilden Bild: Getty Images/AFP/S. Salom Gomis

Auch das massive Aufgebot der Staatsmacht hat die Krawalle nicht verhindern können. In der zweiten Nacht in Folge lieferten sich in Nantes Gruppen von Jugendlichen regelrechte Straßenschlachten mit der Polizei. 19 Personen wurden vorübergehend festgenommen. Davon waren elf am Donnerstag noch in Polizeigewahrsam, wie Regierungschef Edouard Philippe bei einem Besuch in der westfranzösischen Stadt mitteilte.

Frankreich Edouard Philippe Premierminister in Nantes
Premierminister Edouard Philippe zeigt Präsenz in Nantes Bild: Getty Images/AFP/D. Meyer

Soziale Brennpunkte 

In mehreren Vierteln von Nantes, die als soziale Brennpunkte gelten, wurden erneut Autos angezündet und Geschäfte sowie öffentliche Gebäude beschädigt, darunter auch eine Bibliothek und ein Kommissariat. Einige hundert Vermummte griffen mit Wurfgeschossen auch die Feuerwehr an. Die Bereitschaftspolizei setzte Tränengas ein. Die Ermittler werfen den Festgenommenen Sachbeschädigung und Brandstiftung vor.

Die Krawalle waren durch tödliche Polizeischüsse auf einen 22-Jährigen ausgelöst worden. Philippe versprach "größtmögliche Transparenz" bei der Untersuchung des Vorfalls durch Justiz und Polizei. Innenminister Gérard Collomb verurteilte "die Gewalttaten und die inakzeptablen Zerstörungen" und rief zur Ruhe auf. Es sei jetzt einzig die Aufgabe der Justiz zu klären, unter welchen Umständen der Polizist den Schuss abgegeben habe, der zum Tod des jungen Mannes geführt habe. 

Randale auch am Heimatort 

Auch in der Gemeinde Garges-lès-Gonesse nördlich von Paris kam es zu Ausschreitungen: Polizisten wurden mit Molotowcocktails und Wurfgeschossen attackiert, Mülleimer wurden angezündet. In dem Ort, aus dem der Tote stammt, hatte es zuvor einen Protestmarsch gegen Polizeigewalt gegeben. In Nantes ist für heute eine Kundgebung zum Gedenken an den Getöteten geplant.
    

Frankreich | Unruhen in Nantes
Verwüstung aus der Nacht zum MittwochBild: picture-alliance/Maxppp/J. Fouquet

Widersprüche zum Tathergang 

Nach Angaben des Staatsanwalts von Nantes, Pierre Sennès, hatte der junge Mann bei der Fahrzeugkontrolle eine falsche Identität angegeben. Die Polizisten hätten ihn deshalb aufgefordert, mit zum Kommissariat zu kommen - der Fahrer habe daraufhin anscheinend versucht, sich der Kontrolle zu entziehen, indem er sein Auto schnell zurückgesetzt habe. Der örtliche Polizeifunktionär Jean-Christophe Bertrand sagte, dabei sei ein Polizist am Knie getroffen worden, woraufhin ein Kollege das Feuer eröffnet habe.

Staatsanwalt spricht von "Fluchtlogik"

Mehrere französische Medien zitierten allerdings angebliche Augenzeugen, die dieser Version der Polizei widersprachen. Gegen den Mann lag demnach ein Haftbefehl vor - dies erkläre möglicherweise seine "Fluchtlogik", sagte Staatsanwalt Sennès. Der 22-Jährige wurde wegen Verdachts auf bandenmäßigen Diebstahl, Hehlerei und krimineller Vereinigung gesucht.

Frankreich | Unruhen in Nantes
Laut Medien sagten manche Jugendliche, sie hätten sich "rächen" wollenBild: Getty Images/AFP/S.S. Gomis

Sennès sagte, dass die Stimmung im Breil-Viertel von Nantes, wo der tödliche Schuss gefallen war, schon zuvor angespannt gewesen sei. Vergangene Woche hätten dort mehrere Personen Schüsse auf die Fassade eines Gebäudes abgefeuert, dabei sei ein Mädchen verletzt worden. Deshalb sei die Polizei in den vergangenen Tagen verstärkt präsent gewesen.

sc/qu/pg (afp, APE, dpa)