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ICTY-Anklage: Kroatischer Journalist muss in Haft bleiben

13. Oktober 2005

Das UNO-Tribunal in Den Haag hat einen kroatischen Journalisten festnehmen lassen. Journalistenverbände fordern seine Freilassung, ein kroatisches Gericht lehnte dies jedoch ab.

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Ehemaliger Chefredakteur aus Split hinter verschlossener ZellentürBild: AP

Josip Jovic, ehemaliger Redakteur und Chefredakteur der kroatischen Tageszeitung Slobodna Dalmacija, muss bis auf weiteres im Spliter Bilica-Gefängnis bleiben. Dort ist er gelandet, weil er sich geweigert hatte, vor dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal ICTY in Den Haag zu erscheinen. Jovic wird vorgeworfen, im Jahr 2000 den Namen eines geschützten Zeugen in einem Prozess vor dem UNO-Tribunal veröffentlicht zu haben. Damit, so der Vorwurf, habe er die Arbeit des Tribunals behindert. Ihm drohen sieben Jahre Haft oder eine Strafe von 100.000 Euro.

Keine Haftverschonung

Auf Antrag des ICTY war Jovic in der vergangenen Woche in seinem Haus in Split verhaftet worden, nachdem er zu einer ersten Anhörung in Den Haag nicht erschienen war. Die zuständige Kammer des Landgerichts Split ist der Meinung, dass Jovic unzweifelhaft seine Absicht bekundet habe, der Vorladung des UN-Tribunals nicht zu folgen, obwohl es eine Anklage gegen ihn gebe. Aus diesem Grund werde er bis auf weiteres in Haft bleiben müssen.

Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen sagte Jovic: "Ich möchte, dass ein normales gerichtliches Verfahren durchgeführt wird. Ich will mich nicht verstecken oder fliehen, aber ich will, dass innerhalb der kroatischen Gerichtsbarkeit ein normales Verfahren durchgeführt wird, wie es im übrigen auch vom Haager Tribunal und im Verfassungsgesetz zur Zusammenarbeit Kroatiens mit dem Haager Tribunal vorgesehen ist."

Freilassung gefordert

Nach der Verhaftung von Jovic meldete sich der Kroatische Journalistenverband HND zu Wort. Nach Konsultationen mit der internationalen und der europäischen Journalisten-Föderation rief er das Tribunal auf, die Möglichkeit einer Rücknahme des Verfahrens gegen Josip Jovic in Erwägung zu ziehen, ebenso wie gegen drei weitere kroatische Journalisten. Der HDN brachte auch sein Bedauern darüber zum Ausdruck, dass Jovic der Vorladung des Tribunals nicht gefolgt sei, wo er selbst seinen Standpunkt hätte vertreten können und müssen.

Inoslav Besker, angesehener Kommentator der Zagreber Tageszeitung Jutarnji list und Professor für politische Wissenschaft an der Universität Zagreb, meint, dass jeder Journalist das Recht auf Gewissensfreiheit und bürgerlichen Ungehorsam habe, was aber gleichzeitig das Risiko strafrechtlicher Verfolgung in sich trage. Der Fall Jovic sagt nach Besker Meinung allerdings mehr über das Gericht als über den Journalisten aus. "Ich kann diese Art von Logik definitiv nicht verstehen, nach der das Haager Tribunal weniger das Wesentliche prüft, sondern mehr seinem Stolz Rechnung trägt. Nach dem Motto: Ihr habt an der Erhabenheit des Gerichts gerührt und jetzt gibt's was auf die Finger", meint Besker.

Auch für Zarko Puhovski, Vorsitzender des Kroatischen Helsinki-Komitees und Professor für politische Philosophie, ist das Recht etwas anderes als das, was das Haager Tribunal mit der Anklage gegen die Journalisten aufzeigt. "Recht ist, wenn Menschen in einem korrekten Verfahren verurteilt werden. Und ich finde nicht, dass es Recht ist, wenn Journalisten für das, was sie reden, verurteilt werden", so Puhovski. Der Forderung nach Freilassung von Jovic hat sich auch die OSZE angeschlossen. Das ICTY solle im Einklang mit den Prinzipien der Pressefreiheit agieren, so der Appell des Medienbeauftragten der OSZE, Miklos Haraszti.

Gordana Simonovic, Zagreb
DW-RADIO/Kroatisch, 12.10.2005, Fokus Ost-Südost