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"Ich zitterte als ich die Gravitationswellen hörte!"

Conor Dillon / hf12. Februar 2016

Andrew Lundgren, Astrophysiker am Max-Planck-Institut in Hannover, war einer der Ersten, der den Klang einer Gravitationswelle zu hören bekam. Im Interview erzählt er, was er dabei empfand.

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Deutschland Max-Planck-Institut Gravitationswellen
Bild: picture-alliance/dpa/M. Hanschke

Deutsche Welle: Herr Lundgren, Sie haben als einer der ersten Menschen den Klang einer Gravitationswelle gehört. Was ist damals passiert?

Andrew Lundgren: Es war am Montag, den 14. September 2015. Wir bereiteten die Instrumente darauf vor, einige Monate Daten zu sammeln und dann - kurz vor Mittag - kam mein Kollege Marco Drago in mein Büro gestürmt. Er sagte, er habe auf seinem Computer ein Signal gesehen.

Wir fragten uns, ob das vielleicht ein Test war oder irgendetwas mit den Instrumenten nicht stimmte. Deshalb verbrachten wir noch einige Zeit damit, Daten zu überprüfen, nur um sicherzugehen, dass es wirklich echt war.

Es klang so unerwartet laut - und so unerwartet perfekt. Und dann, als wir davon überzeugt waren, dass nichts schiefgelaufen war, sagten wir allen anderen Bescheid.

Was haben Sie gefühlt, als Ihnen klar wurde, dass das wirklich eine Gravitationswelle war, die Sie da gehört haben?

Es dauerte tatsächlich eine ganze Weile, bis mir das bewusst wurde. Denn bei uns wurden eine Reihe von Tests gemacht, bei denen beabsichtigt solche Signale entstehen sollten. Wir wussten alle, dass so etwas passieren kann, aber keiner sagte uns, wann genau. Also dachten wir für eine Weile, dass es vielleicht nur ein Test war.

An diesem Tag telefonierte ich mit Kollegen, die mir sagten, dass der neue Detektor gerade erst in Betrieb genommen wurde und noch gar nicht für Tests bereit war. In diesem Moment wurde mir bewusst, was wir gehört hatten und ich begann richtig zu zittern.

Dr. Andrew Lundgren Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Foto: privat).
Andrew Lundgren vom Max-Planck-Institut für GravitationsphysikBild: privat

Danach waren wir monatelang damit beschäftigt, alles penibel aufzuschreiben, zu dokumentieren und die Geräte am Laufen zu halten.

Durften Sie erst einmal nicht in der Öffentlichkeit darüber sprechen?

Ja, aber so handhaben wir das immer. Gravitationswellen sind nur sehr schwer sicher zu erkennen. Es ist immer gefährlich, über Ergebnisse zu reden und damit für Aufruhr zu sorgen, solange wird wir uns noch auf unsere Arbeit konzentrieren müssen. Deshalb schweigen wir lieber, bis wir die endgültigen Ergebnisse haben.

Nur - wenn 1000 Leute zusammenarbeiten, gibt es immer so etwas wie Flurfunk. Wir reden manchmal zu laut in unseren Büros oder lassen etwas auf dem Schreibtisch liegen… so kann schnell etwas durchsickern. Aber ich bin froh, dass wir die Möglichkeit hatten, die Nachricht zu einem von uns gewählten Zeitpunkt zu veröffentlichen.

Deutschland engagiert sich stark in der Gravitationswellenforschung. Was passiert hier, auf das Sie sich in Zukunft freuen?

Es gibt so viele Dinge. LISA Pathfinder wurde zum Beispiel gerade erst ins Leben gerufen. Die Sonde soll für eine später geplante Mission eine neue Technologie testen, die niederfrequente Gravitationswellen im Weltall beobachten soll. Ein großer Teil dieser Arbeit passiert in Hannover.

Oder ATLAS - einer der weltweit größten und schnellsten Computercluster, der hauptsächlich Daten der Gravitationswellenobservatorien analysiert.

Prof. Dr. Andrew Lundgren forscht am #link:http://www.geo600.org/2337/de:GEO600, einem Gravitationswellendetektor vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Hannover. Hier wurden entscheidende technische Komponenten entwickelt und erprobt, die im Gravitationswellen-Observatorium LIGO in den USA im Einsatz sind.

Das Interview führte Conor Dillon.