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Hunger – das ungelöste Problem

Klaus Feldkeller (Rom)12. Juni 2002

Auf der Welternährungskonfernz in Rom wurde Bilanz gezogen. Kann die Zahl der Hungernden bis zum Jahr 2015 auf 400 Millionen halbiert werden? Die Antwort: Nein – dieses Ziel ist unerreichbar.

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Der Kampf gegen den Hunger ist noch nicht wirksam aufgenommenBild: AP

Für die Teilnehmer aus 180 Staaten stand bereits vor dem Abschluss des Gipfels fest, dass es bei dem heutigen Tempo noch 60 Jahre dauern wird, bis diese Zahl erreicht werden kann. Zahlreiche Nicht-Regierungsorganiosationen werfen den Industriestaaten Untätigkeit und Egoismus vor. Für sie steht fest, dass die Bemühungen der Organisation der Vereinten Nationen nicht ausreichen.

Hunger als Rechenaufgabe

Michael Windfuhr von FIAN, Teil eines internationalen Menschenrechts-Netzwerkes, stellt die propagierten Erfolge der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) in Frage: "Die statistischen Angaben der FAO sind schwierig zu beurteilen. Die FAO sagt, sie hätte die Zahl der Hungernden auf 6 Millionen pro Jahr reduziert. Sie sagt aber auch, dass dies in China stattgefunden hat. In den meisten anderen Ländern stagniert die Zahl der Hungernden, oder steigt sogar an."

Fakt ist ...

In zwei Drittel der 99 Entwicklungsländer hungern heute mehr Menschen als vor fünf Jahren. Jeden Tag sterben 24.000 Menschen an den Folgen von Unterernährung. Nun will der Ernährungs-Gipfel in Rom die internationale Allianz gegen den Hunger verstärken. Dazu haben die Staaten freiwillige Richtlinien zum Recht auf Nahrung beschlossen. Ein erster Schritt zumindest in die richtige Richtung, wie Johannes Brandstätter von der kirchlichen Hilfsorganisation Brot für die Welt meint:

"Für Brot für die Welt ist das erst einmal ein grosser Erfolg. Das ist eine Sache, für die die Zivilgesellschaft, die NGOs, die Menschenrechts-Organisationen jahrelang gekämpft haben - seit 6, 7 Jahren. Und die FAO muss sich entscheiden, ob sie mehr Menschenrechte will oder internationalen Agrarmarkt. Da ist die FAO am Scheideweg. Sie erweckt den Eindruck, dass sie in die richtige Richtung geht hin zu Menschenrechten."

Umgestaltung der Agrarpolitik

Deutschland hatte zusammen mit der Europäischen Union und den armen Staaten mehr gefordert: Ein verbindliches Recht der Bevölkerung in den Entwicklungsländern auch gegenüber ihren eigenen Staaten. Eine Auflage, dass Staaten in die Ernährung ihrer Bürger und nicht wie beispielsweise in Indien in Rüstung investieren. Die Entwicklungsländer sollen so verpflichtet werden, die Voraussetzungen zu schaffen, damit sich die Menschen aus eigener Kraft ernähren können. Für Rainer Engels von "German Watch" sähe die Konsequenz so aus:

"Eine Umgestaltung der Agrarpolitik, ein stärkeres Investment in die Landwirtschaft in den Ländern im Süden ist notwendig. In vielen Ländern ist zudem eine Aggrareform nötig, weil es da Grossgrundbesitz gibt, der wesentlich unproduktiver ist, als dies kleinbäuerliche Strukturen leisten können."

Genmanipulierte Nahrungsmittel

Ein umstrittenes Thema in Rom ist der Einsatz von genmanipulierten Nahrungsmitteln und Saatgut zur Bekämpfung des Hungers. Die FAO baut auf die Chancen - Für Rainer Engels von German Watch sind diese Optionen zum einen risikoreich, zum anderen behindern sie die nachhaltige Entwicklung: "Das Problem mit der Bio-und Gentechnologie ist, das es Technologien sind, die für Grossbauern einsetzbar sind, für Kleinbauern aber kaum. Insbesondere ist da die Terminator-Technologie zu nennen, die zur Folge hat, dass Saatgut nicht wiederverwendet werden kann für den Anbau. Das heisst, eigene Entwicklung von standortangepassten Sorten von den Bauern ist da nicht mehr möglich. Das ist eine Verlagerung von Gewinnen zu den multinationalen Konzernen, die zur Folge hat, dass der Hunger nicht wirklich bekämpft wird."