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'Recht auf Flucht'

Das Interview führte Manfred Götzke31. Januar 2009

Für die humanitären Probleme in Gaza kann es nur eine politische Lösung geben, sagt António Guterres, Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) im Interview mit der Deutschen Welle.

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UN-Flüchtlingskommissar António Guterres (Bild: dpa)
UN-Flüchtlingskommissar António GuterresBild: dpa

DW-WORLD.DE: Sie haben kürzlich gesagt, in Gaza müssen humanitäre Prinzipien gewahrt werden - hat Israel im Gaza-Krieg gegen diese Prinzipien verstoßen?

António Guterres: Humanitäre Prinzipien müssen überall gewahrt werden. Aber eines ist absolut essentiell, in jeder Situation: die Möglichkeit, Zugang zu den Konfliktherden zu bekommen. Und zweitens, und das ist das Besondere in Gaza – auch aus der Sicht einer Flüchtlingsorganisation: die Menschen haben noch nicht einmal die Möglichkeit zu fliehen, wenn dort Krieg herrscht. Und das ist eine dramatische Sache, dass die Menschen in einer Falle stecken, in dem Konflikt selbst. Und es gab natürlich immer wieder das Problem für die Hilfsorganisationen, überhaupt Zugang zu bekommen, zum Gaza-Streifen.

Was muss nun passieren, um den Palästinensern in Gaza zu helfen?

Das müssen sie eigentlich die Internationale Gemeinschaft fragen. Was ich sagen kann: Es wird nie eine humanitäre Lösung für ein humanitäres Problem geben. Die Lösungen für humanitäre Probleme sind immer politisch. Und das muss die Internationale Gemeinschaft nicht nur richtig verstehen, sondern sie muss auch viel Energie investieren, denn wir alle wissen, eine Lösung in Gaza wird nicht einfach zu finden sein.

Gaza wurde in einer Debatte hier in Davos als Gefängnis für die Palästinenser bezeichnet. Inwieweit trägt auch Ägypten schuld daran? Immerhin könnte es die Grenzen öffnen und Flüchtlingen und Hilfsbedürftigen Schutz gewähren.

Wir müssen die Dinge in die richtige Perspektive rücken, wie gesagt, die Menschen haben ein Recht zu fliehen und das Recht darauf, Asyl zu suchen. Wir müssen aber die komplexe Situation sehen, in der sich Ägypten befindet und dürfen es nicht leichtfertig verurteilen. Aber wir verstehen den Kontext und es ist der Kontext, der eine Umgebung schafft, in der die Rechte der Menschen nicht gewahrt sind.

Was heißt das denn jetzt konkret für Ägypten, was sollte Ägypten jetzt tun?

Wie gesagt, das ist nicht unser Verantwortungsbereich. Was wir alle hoffen, ist, dass jetzt allen klar geworden ist, dass wir eine politische Lösung brauchen.

Viele Menschen hier in Davos setzen auch im Nahost-Konflikt große Hoffnungen auf Barack Obama. Wie kann die neue Obama-Administration zu einer politischen Lösung beitragen?

Nun als humanitäre Organisation können wir die politische Situation in einzelnen Ländern nicht kommentieren, aber eines ist offensichtlich: Die neue US-Administration hat viele Hoffnungen geweckt und wir hoffen, dass einige dieser Hoffnungen sich erfüllen, dass wir positive Veränderungen haben, nicht nur im Nahen Osten, sondern auch was Probleme wie Klimawandel oder Entwicklung und Armut angeht.

Wir müssen auch über die Situation in Thailand sprechen. Flüchtlinge aus Myanmar haben Thailand vorgeworfen, Landsleute aus thailändischen Gewässern aufs offene Meer getrieben zu haben. Von mehreren hundert Menschen fehle bisher jede Spur. Ein schwerer Vorwurf!

Es ist absolut essentiell in Situationen, in denen es gemischte Populationsströme gibt – manchmal Migranten zusammen mit Flüchtlingen, verfolgten Frauen und Kindern, etwa im Golf von Aden, im Mittelmeer und in den Gewässern von Myanmar –, es ist absolut essentiell in solchen Situationen, zwei Dinge zu garantieren: Erstens: physischer Zugang zu den Territorien und zweitens eine faire Behandlung der Menschen. Unser Vertreter in Bangkok hat jetzt mit Verantwortlichen in der Regierung in Thailand gesprochen, wir hoffen, dass Thailand diese beiden Prinzipien in Zukunft befolgt.

Das heißt, sie bestätigen, dass Thailand diese Prinzipien nicht respektiert hat?

Ja, die Leute wurden einfach zurückgeschickt, ohne dass diese beiden Prinzipien, Zugang zum Territorium und faire Behandlung, beachtet wurden. Es ist nicht nur Thailand, wo so etwas vorkommt, es passiert überall, aber es ist wirklich essentiell, wenn es solche gemischten Populationsströme aus Migranten und Flüchtlinge gibt, dass diese Prinzipien eingehalten werden – das heißt ja nicht, dass alle Leute anerkannt werden müssen. Menschenrechte müssen für jeden gelten, und bei jedem respektiert werden, aber nicht jeder hat das Recht zu bleiben. Und Verstöße dagegen müssen aufgedeckt werden, in fairer Art und Weise in allen Ecken dieser Welt.