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Israel verweigert Human Rights Watch Visum

25. Februar 2017

Israels Außenministerium hat der NGO ein Arbeitsvisum verwehrt. Warum Israel damit in einer Reihe mit Kuba und Nord-Korea steht, erklärt der betroffene Regionalleiter Omar Shakir im DW-Interview selbst.

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Israel Siedlung im Westjordanland
Bild: picture alliance/chromorange/E. Weingartner

Es ist ein Zeichen für ein härteres Vorgehen der israelischen Regierung gegen Nicht-Regierungsorganisationen: Der Regionalleiter von Human Rights Watch (HRW) bekommt kein Arbeitsvisum. Das israelische Außenministerium erklärte zur Begründung, die Menschenrechtsorganisation verfolge eine eindeutig anti-israelische Agenda. Wir erreichten Omar Shakir, den betroffenen HRW-Mitarbeiter, für das Interview in New York. 

DW: Omar Shakir, der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Emmanuel Nahshon, hat die Frage gestellt: "Warum sollte Israel Leuten ein Arbeitsvisum geben, deren einzige Absicht es ist, uns zu beschmutzen und anzugreifen?" Wie beantworten Sie die?

Omar Shakir: Weil die Bereitschaft eines Landes, eine ernsthafte Untersuchung der Menschenrechtslage zuzulassen, ein Gradmesser dafür ist, wie ernst es das Land mit demokratischen Werten meint. Israel ist nicht das erste Land, das mit unseren gut recherchierten Berichten nicht einverstanden ist. Aber wir hatten Jahrzehnte lang Zugang zu Israel, obwohl die Regierungen nicht immer einverstanden mit unseren Ergebnissen waren. Diese Entscheidung stellt also die Abkehr von einer langen professionellen Beziehung mit israelischen Behörden dar. Und das ist ein Schock.

Worauf bezieht sich Nahshon denn, wenn er sagt, HRW sei eine "anti-israelische Organisation"?

Israel Omar Shakir Human Rights Watch
Omar Shakir leitet die Arbeit von Human Rights Watch in Israel und PalästinaBild: picture-alliance/AP Photo/Human Rights Watch

Es ist offensichtlich, dass Nahshan in seinem Statement versäumt, zwischen gerechtfertigter Kritik und feindlicher Propaganda zu unterscheiden. Ich nehme an, er bezieht sich auf kritische Stellungnahmen etwa zur israelischen Siedlungspolitik im Westjordanland oder zur Zerstörung von palästinensischen Wohnhäusern [etwa von Attentätern, Anmerkung der Redaktion]. Aber wir kritisieren auch die willkürliche Festnahme und Folter durch palästinensische Behörden und die Raketenanschläge der Hamas auf Israel. Wir kritisieren Vergewaltigungen durch den IS, Hinrichtungen im Iran und Angriffe Saudi Arabiens auf Jemen, bei denen Zivilisten ums Leben kommen. Wir berichten über die Menschenrechtslage in jedem der 19 Länder der Region und haben Mitarbeiter im Libanon, in Jordanien und in Tunesien, die dort frei arbeiten können. Insofern ist diese Entscheidung schwer zu verstehen.

Sie sagen, Israel stehe damit in einer Reihe mit Kuba, Nord-Korea und Usbekistan. Wie ernst ist dieser Vergleich?

Es geht nicht um den Vergleich der Menschenrechtslage. HRW vergleicht grundsätzlich keine Länder miteinander, aber wir nennen diejenigen, die unseren Mitarbeitern den Zugang verweigern. Wir haben direkten Zugang zu fast jedem der mehr als 90 Länder, über die wir berichten. Nun gehört Israel zu den wenigen Ausnahmen. Israel hat sich also selbst in diese Reihe gestellt.

Außenministeriumssprecher Nahshan sagt, Israel habe keine HRW-Mitarbeiter aus dem Land verbannt, und dass sie demnach weiterhin dort arbeiten könnten. Wie sehen Sie das?

Verbannt wurden wir nicht. Wir haben israelische Mitarbeiter vor Ort, aber als Leiter für Israel und Palästina brauche ich ein Arbeitsvisum, um meine Arbeit richtig ausüben zu können, um Informationen aus erster Hand zu bekommen von Behörden und Vertretern der Zivilgesellschaft. Die Verweigerung eines Arbeitsvisums behindert unsere Arbeit maßgeblich.

Israel versteht sich als einzige Demokratie im Nahen Osten. Nun handelt die Regierung entgegen dem allgemeinen Demokratieverständnis. Warum tut sie das?

Das ist kein isolierter Fall. Es ist Teil eines Musters, es kritischen Stimmen schwerer zu machen. Die israelischen Behörden erhöhen seit längerem den Druck auf Menschenrechtsorganisationen in Israel und Palästina. Die Regierung verweigert mit alarmierender Häufigkeit Menschen die Einreise, die mit der Politik nicht einverstanden sind - insbesondere wenn sie arabische Wurzeln haben. Das signalisiert einen signifikanten Niedergang grundlegender demokratischer Werte, der jeden besorgen sollte, dem Menschenrechte in Israel etwas bedeuten.

Wie geht es nun weiter?

Wir haben 45 Tage Zeit, die Entscheidung anzufechten. Das Außenministerium hat uns dazu ermutigt, und angedeutet, man werde die Entscheidung überdenken. Bis dahin sei man bereit, ein Touristenvisum für mich auszustellen.

 

Omar Shakir leitet die Arbeit von Human Rights Watch in Israel und Palästina derzeit von New York aus.

Das Interview führt Jan D. Walter

Jan Walter Autorenfoto
Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.