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Huawei: "Spionage im Mobilfunknetz? Technisch unmöglich!"

Andreas Becker z. Zt. Hannover
2. April 2019

Mit einer groß angelegten Medien-Offensive wehrt sich Huawei gegen Vorwürfe, das Unternehmen würde Mobilfunknetze ausspionieren. Fragen an Walter Haas von Huawei Deutschland.

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China Peking Huawei Store
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Wong

DW: Herr Haas, kann Huawei in einer 5G-Infrastruktur in die Daten der Firmen hinein schauen, die diese Strukturen nutzen?

Walter Haas: Normalerweise ist es so, dass Unternehmen ihre Kommunikationsnetze im Prinzip autark betreiben, egal wer das ist. Wenn dort niemand Zugang hat, dann kann man da nicht hinein gucken.

Das gilt jetzt für diese Firmennetze. Aber wenn über das normale Mobilfunknetz etwas ausgetauscht würde, wäre es dann möglich, hineinzugucken?

Walter Haas
Walter Haas, Chief Technology Officer Huawei DeutschlandBild: DW/A. Becker

Sie meinen das öffentliche Mobilfunknetz? Da ist es, glaube ich, noch viel, viel schwieriger, weil die öffentlichen Netze heute schon abgesichert sind. Wenn Techniker das betrachten, die also verstehen, wie Kommunikationsnetze funktionieren und um welche Datenmengen es sich dabei handelt, die können da nur den Kopf schütteln.

Ich kann Ihnen ein Beispiel nennen: Dort, wo in ein Mobilfunknetz zum Beispiel alle Daten zusammengeführt werden, die von außen kommen, und dann beispielsweise ins Internet übergeführt werden: Das ist zum einen ein Hochsicherheitstrakt. Dort stehen die größten Rechenmaschinen, und das sind riesengroße Räume voll mit Maschinen, die diese Daten verarbeiten. Dort geht es um Terrabyte an Daten pro Sekunde.

Nun stellen Sie sich vor, da will irgendjemand diese Datenkanäle anzapfen und möchte Daten irgendwo anders hin umleiten. Der bräuchte also die gleiche Rechenleistung und die gleiche Anzahl von dicken Glasfaserkabeln und die müsste er dann irgendwo verlegen, ja wo hin denn? In ein anderes Land? Man bräuchte ein kleines Rechenzentrum, das alles müsste man mit Energie versorgen. Wenn Sie sich das vorstellen, ist sofort klar, dass kann nicht funktionieren, das würde jedem auffallen der auch mit der Technik nichts zu tun hat. Der Hausmeister würde gleich merken, hoppla, da steht ja jetzt jede Menge großes Zeug rum, das nicht hier hin gehört. Also, das ist absurd.

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Die andere Möglichkeit, Daten zu analysieren ist, das direkt vor Ort zu machen. Also gar nicht abzuleiten sondern vor Ort. Dann brauchen sie auch ein Rechenzentrum, ähnlicher Aufwand. Ich sage da immer als anschauliches Beispiel, wenn jemand vorhätte, die Hälfte des Wassers aus dem Rhein abzuleiten, dann muss er mindestens ein Flussbett bauen, das halb so groß ist wie der Rhein. Und das dann unter der Maßgabe, dass das niemandem auf fällt. Das kann nicht funktionieren. Das sind eigentlich die Punkte, warum Leute, die etwas davon verstehen sagen, sorry, was soll die Diskussion.

Was ist mit dem zweiten großen Vorwurf, Huawei könnte mit einem Kill Switch quasi das Internet abschalten?

Das ist ja genau das gleiche. Wenn Sie sehen, aus wieviel Lagen ein Telekommunikationsnetz aufgebaut ist, mit Komponenten und Technologien von mindestens einem Dutzend verschiedener Hersteller, also in der Regel sind das noch deutlich mehr. Die eine Mobilfunkstation macht der eine, die nächste Stufe in der Regel schon ein anderer Hersteller. Den Rechenkern machen wieder andere. Die Sicherheitskomponenten ebenso. Also wie wollen Sie das anstellen, bei einem solchen komplexen Thema? Das ist eigentlich eine müßige Diskussion.

Und doch wird sie geführt. Wie erklären Sie sich das?

Aus meiner Sicht ist das vollkommen klar. Diese Debatte ist politisch motiviert und kommt aus einer bestimmten Ecke jenseits des Atlantiks. Es geht zum einen um die wirtschaftliche Auseinandersetzung zwischen den USA und China. Es geht auch schon seit vielen, vielen Jahren um die Abschottung des amerikanischen Marktes und dann geht es natürlich auch um die Rivalität, was die Zukunft der Technologien betrifft. Wer wird die Führerschaft haben bei gewissen Technologien? Da ist KI (Künstliche Intelligenz) jetzt das große Thema. Das sind die eigentlichen Themen.

Aber verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Sicherheit ist im Bereich der Netze, im Bereich "Internet der Dinge" (IoT) und natürlich im Kontext von 5G ein essenziell wichtiges Thema. Wir werden viel, viel mehr Teilnehmer, sprich vernetzte Geräte haben. Das heißt, von außen her besteht also viel, viel mehr Gefahr, dass dort Anwendungen attackiert werden. Durch die Telekommunikationsnetze werden die Daten nur durchgeleitet, das ist der unkritische Teil. Aber die Anwendungen, die dann in irgendwelchen Clouds laufen, da muss man wirklich noch sehr, sehr viel tun, um dort umfassende Sicherheitsarchitekturen zu bekommen. Allerdings: Die Debatte, wie sie jetzt im Kontext mit uns geführt wird, ist aus unserer Sicht überhaupt nicht zielorientiert und hat damit eigentlich wenig zu tun. Wie gesagt, ich sehe das eher als politisch, wirtschaftlich motivierte Debatte.

Walter Haas ist seit 2006 Chief Technology Officer der Huawei Technologies Deutschland GmbH.           

Das Interview führte Andreas Becker auf der Hannover Messe.

Andreas Becker
Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.