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Homs - "Mikrokosmos der Brutalität"

11. November 2011

Verbrechen gegen die Menschlichkeit wirft Human Rights Watch den Milizen und Truppen des Regimes in Syrien vor. Besonderer Schauplatz der Gewalt: die Protesthochburg Homs.

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Panzer in Homs - ein alltägliches Straßenbild (Foto: dpa)
Panzer in Homs - ein alltägliches StraßenbildBild: picture alliance/dpa

Ob tatsächlich auch das ganze Ausmaß der Gewalt- und Gräueltaten der vergangenen Wochen in Syrien erfasst worden ist, daran haben die Mitarbeiter der Menschenrechtsorganiation Human Rights Watch Zweifel. Keinen Zweifel haben sie in ihrem am Freitag (11.11.2011) in Beirut veröffentlichten, 63 Seiten starken Bericht daran, dass Schärgen und Soldaten des umstrittenen Staatschefs Baschar al-Assad in Homs Oppositionelle systematisch foltern und töten. "Das erfüllt den Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit", bilanzierte ein Sprecher.

Die Außenminister der Arabische Liga am 2. November in Kairo (Foto: dpa)
Die Außenminister der Arabischen Liga am 2. November in KairoBild: picture-alliance/dpa

Gewalt und schwere Folter

Seit dem 2. November, dem Tag, an dem Syrien dem von der Arabischen Liga vorgelegten Friedensplan zugestimmt hat, sind nach Erkenntnissen der Menschenrechtler allein in der Protesthochburg Homs mindestens 104 Zivilisten getötet worden. Zwischen April und August seien es mindestens 587 gewesen, liest man in dem Dokument weiter.

Grundlage des Berichts mit dem Titel "Wir leben wie im Krieg - We Live as in War" waren mehr als 110 Interviews mit Betroffenen aus der Stadt und der Provinz Homs. So berichtet eine Frau, die mit ihrem dreijährigen Sohn an einer Protestveranstaltung teilnahm, dass plötzlich zwei Autos mit getönten Scheiben vorfuhren, aus denen das Feuer eröffnet wurde. Zu Wort kommen auch ehemalige Häftlinge, die von schwerer Folter mit glühenden Metallstäben und Elektroschocks berichten. Die Nahost-Direktorin der Menschenrechtsorganisation, Sarah Leah Whitson, bezeichnete Homs als "Mikrokosmos der Brutalität" des syrischen Regimes.

Arabische Liga muss aktiv werden

In dem vorgelegten Dokument wird auch darauf verwiesen, dass Demonstranten sowie Deserteure der Streitkräfte Waffengewalt anwenden. Allerdings rechtfertige dies nicht den unverhältnismäßigen und systematischen Gebrauch tödlicher Gewalt durch das Regime, heißt es weiter.

Human Rights Watch nimmt zugleich wegen des Scheiterns des Friedensplans die Arabische Liga in die Pflicht. Die Organisation forderte den Staatenbund auf, Syrien vorerst auszuschließen und bei den Vereinten Nationen Sanktionen gegen die Führung in Damaskus zu unterstützen. Für Samstag berief die Arabische Liga in Kairo eine weitere Dringlichkeitssitzung ein.

Auch die UN sind beunruhigt

Die Vereinten Nationen in New York warnten jüngst eindringlich vor dem Risiko eines Bürgerkriegs in Syrien. "Wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden und friedliche Forderungen nach Veränderung auf brutale Gewalt treffen, müssen sich die Menschen irgendwann gegen Tyrannei und Unterdrückung auflehnen", sagte die Hohe Kommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay.

Am Freitag wurden in der Provinz Homs nach Angaben der Opposition wieder mehrere Menschen von Regierungssoldaten getötet.

Autorin: Susanne Eickenfonder (dapd, afp, rtr, dpa)
Redaktion: Martin Schrader