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Hollywood zwischen Mythos und Alptraum

Jochen Kürten
20. Januar 2018

Vor einem Jahr wurde Donald Trump Präsident. Seine Person macht die Spaltung des Landes einmal mehr sichtbar. Hollywood hat diese Zerrissenheit immer schon widergespiegelt. Ein filmischer Rückblick in 7 Kapiteln.

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Filmstill aus Unternehmen Capricorn mit drei Astronauten
"Fake News" und "Alternative Fakten" gab es schon vor 40 Jahren: "Unternehmen Capricorn"Bild: Imago/United Archives

 

Das Hollywood-Kino ist bunt und glitzernd. Es lenkt die Menschen von ihren Sorgen und Nöten ab. Die Stars der großen Studios sind die Götzen der Moderne. Wer in einen Hollywood-Film geht, vergisst für zwei Stunden die Welt. Sicher, manchmal wird es auch laut und grell auf der Leinwand, der Tod von Menschen wird gezeigt, Leid und Schrecken nicht gänzlich verschwiegen. Doch am Ende siegt immer das Gute: Das "Happy End" in einem Hollywood-Film steht am Ende eines Films so sicher wie das Amen in der Kirche. Einerseits - denn das ist nur die halbe Wahrheit.

Hollywood hat auch immer kritisch auf die Wirklichkeit geblickt

Hollywood kann auch anders. Schon früh haben sich Drehbuchautoren, Regisseure, Produzenten, aber auch manche engagierte Schauspieler, gegen allzuviel Zuckerguss auf amerikanischen Leinwänden gewehrt. Sie alle sorgten dafür, dass Hollywood schon zu Stummfilmzeiten für Anarchie und Auflehnung, für Kritik und Engagement stand. Das US-Kino war immer auch verstörend und unheimlich, widerborstig und nah an der Wirklichkeit.

In seinem neuen Amerika-Roman "Ashland & Vine" beschreibt der schottische Autor John Burnside diese kritische Seite US-amerikanischer Geschichtswahrnehmung sehr genau: Amerikanische Geschichte sei nie ganz das gewesen, "was Historiker darunter verstanden, oder so, wie europäische oder japanische Historie Geschichte war. Deshalb verwechselten die Amerikaner auch so leicht ihre Geschichte mit dem, was sie in Filmen sahen (...), denn die Geschichte, die ihnen blieb, war sehr viel uninteressanter als die Geschichten, die sich eine beliebige Gruppe von Drehbuchschreibern an einem einzigen Nachmittag in ihrem Büro zusammenfabulieren konnten." 

Filmstill Western Buffalo Bill mit Titelfigur und Indianer in Manege
Erst mit Filmen wie "Buffalo Bill und die Indianer" von Robert Altman öffnete Hollywood den Blick auf die wahren Kämpfe zwischen Weißen und IndianernBild: picture-alliance/ Mary Evans Picture Library

Hollywood steht also für Mythos und Entmythologisierung gleichermaßen. Das zeigt ein Blick auf die Geschichte des Hollywood-Kinos, vor allem der Blick auf die einzelnen Filmgenres, die seit Beginn des Kinos die DNA des amerikanischen Films ausmachen. Zum klassischsten amerikanischen Genre schlechthin, dem Western, gesellte sich irgendwann der Anti-Western. Politikerfilme verloren irgendwann das Heroische und Idealistische. Auch Kriegsfilme wurden erst spät von Kritik durchzogen.

Kritik manchmal hinter glitzernder Oberfläche versteckt

Nicht immer machten die einzelnen Kino-Genres eine solch chronologisch-gradlinige Entwicklung durch. Kritische Filme über die Presse gab es schon früh, gleichwohl wird in vielen aktuellen Filmen in heutigen Zeiten immer noch ein Hohelied auf journalistische Tugenden angestimmt. Auch Gangster-, Kriminal- und Detektiv-Filme hatten immer schon, seit den 1930er Jahren, etwas düsteres und abgründiges. Und selbst poppig-bunte Melodramen konnten manchmal nicht verbergen, dass hinter der glitzernden Oberfläche der Schrecken lauerte.

Bildergalerie Burt Lancaster Die Killer mit Burt Lancaster und Ava Gardner
Der Film Noir (Hier Burt Lancaster und Ava Gardner in "The Killers") war immer schon ein Genre, das auch die düsteren Seiten der Wirklichkeit zeigteBild: picture-alliance/dpa

Es gibt eigentlich nur wenige Genres, die sich kaum veränderten. Justiz-Filme waren fast immer von der Kraft und den Idealen des Gerichtswesens überzeugt. Und gesellschaftliche Dramen über Rassismus und Ausgrenzung zeigten (verständlicherweise) schon immer mit dem Finger auf diejenigen, die Intoleranz und Hass predigen.

Was das alles mit Donald Trump zu tun hat? Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten, der vor genau einem Jahr (20.1.2017) vereidigt wurde, hat in den letzten 12 Monaten dafür gesorgt, dass die gesellschaftlichen Gräben in der amerikanischen Gesellschaft eher noch tiefer geworden sind. Trump steht für die eine Seite der US-Gesellschaft, für Geschichtsverfälschung und Verdrehung von Tatsachen. Begriffe wie "Fake News" und "Alternative Fakten" haben mit ihm Eingang in den Sprachgebrauch gefunden - inzwischen nicht nur in den USA.

Trump steht für hohle Unterhaltung, Glamour und Fake News

Trump, der ja mit einer eigenen Fernsehshow selbst lange ein Mann des Entertainments war, repräsentiert die eine Seite amerikanischer Unterhaltung. Wie kein anderer Präsident steht er für die Glitzerfassade Hollywoods, für den hohlen Schein billigen Entertainments. Selbst der Ex-Hollywood-Schauspieler Ronald Reagen war im Präsidenten-Amt geradezu ein Intellektueller im Vergleich zu Trump.

Steelbook DVD-Cover Unternehmen Capricorn
Kam vor genau 40 Jahren in die Kinos: "Unternehmen Capricorn"Bild: Koch Media GmbH

Vor kurzem noch kündigte Trump an, er werde dafür sorgen, dass US-Astronauten die bemannten Mondmissionen wieder aufnehmen würden und die NASA sogar Menschen zum Mars bringen werde. Da kann man nur hoffen, dass es den Amerikanern in einigen Jahren nicht so gehen wird, wie in dem Spielfilm "Unternehmen Capricorn" aus dem Jahre 1978. Im Film von Regisseur Peter Hyams wird der US-Bevölkerung vorgegaukelt, dass eine US-Mission zum Mars fliegt. In Wirklichkeit ist dies nur inszeniert.

"Unternehmen Capricorn" zeigt detailliert ein großangelegtes Betrugsmanöver von NASA und US-Regierung, in die auch der Präsident verwickelt ist. Zum Film-Finale hält das US-Oberhaupt bei der Trauerfeier, die zu Ehren der angeblich während des Fluges getöteten drei Mars-Astronauten abgehalten wird, eine Rede und dankt für deren Einsatz. Tatsächlich wurden zwei der Astronauten von US-Behörden ermordet, einem Dritten gelingt die Flucht.

Hollywood hat immer auch die Finger in die Wunden gelegt

"Unternehmen Capricorn" entstand zu Zeiten, als Begriffe wie "Fake News" und "Alternative Fakten" noch nicht kursierten. In der Ära Trump erscheint ein Szenario wie in "Unternehmen Capricorn" nicht mehr ganz so undenkbar wie noch vor Jahren. Da ist man schon dankbar dafür, dass Hollywood auch immer die Kraft hatte der Wahrheit Glauben zu schenken und Filme zu machen, die die tatsächlichen Fakten schildern.

Der Film "Unternehmen Capricorn" aus dem Jahre 1978 von Peter Hyams ist vor kurzem in einer Sonder-Edition auf DVD bzw. Blu-ray bei Koch Media erscheinen. John Burnsides Roman "Ashland & Vine" ist im Knaus-Verlag erschienen.