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Hilfe für Afghanistan

Ratbil Shamel8. Juli 2012

Von der internationalen Geberkonferenz in Tokio erhoffen sich viele Afghanen eine langfristige finanzielle Unterstützung für ihr Land. Und sie fordern, die Ausgaben der Regierung streng zu kontrollieren.

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Bildergalerie Afghanistan Transportsystem und Verkehr BUS

Seit Wochen beschäftigen sich die afghanischen Medien mit der Geberkonferenz, die am Sonntag (08.07.) in Tokio stattfindet. Viele Afghanen wissen, dass in wenigen Tagen die Welt über eine weitere Unterstützung ihres Landes für die Zeit nach dem Abzug der ausländischen Truppen entscheiden wird. Viele hoffen, dass die internationale Gemeinschaft in Tokio ein klares Signal für eine langfristige Zusammenarbeit mit dem afghanischen Volk sendet. "Unser Land braucht noch Hilfe aus dem Ausland", sagt der 23-jährige Student Rostam Yaqubi. Ich hoffe, dass wir diese Hilfe weiterhin erhalten, um den Wiederaufbau vorantreiben zu können."

Aufbauhilfe und Investitionen

Als im Januar 2002 kurz nach dem Sturz des Taliban-Regimes die erste Geberkonferenz für Afghanistan in Tokio stattfand, war das Land am Hindukusch nach über 20 Jahren Krieg und Bürgerkrieg fast vollständig zerstört. Damals beschloss die internationale Gemeinschaft, bis zum Jahr 2007 rund 5,4 Milliarden Dollar für den zivilen Wiederaufbau bereit zu stellen. Weitere Milliarden folgten in den kommenden Jahren. Ähnlich hohe Hilfszusagen erhofft sich nun die afghanische Regierung von der bevorstehenden Konferenz in Tokio.

Die Vorsitzende Sadako Ogata (3.v.re.) eröffnet die Pressekonferenz (Foto: AP)
Teilnehmer der letzten Geberkonferenz 2002Bild: AP

"Wir wünschen uns zudem", sagt Omar Zakhelwal, der afghanische Finanzminister, "dass viele private Investoren den Weg nach Kabul finden". Er möchte vor allem die Wirtschaft im Land in Schwung bringen. Doch genau das versuchen die Taliban mit ihrer wachsenden Zahl von Anschlägen zu verhindern. "Unsere Feinde haben große Furcht vor der wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land. Vor diesem Hintergrund wollen sie eine Atmosphäre der Angst erzeugen." Dies, sagt der Finanzpolitiker, werde den Taliban oder anderen Feinden Afghanistans nicht gelingen. Die internationale Gemeinschaft werde Afghanistan nach 2014, also nach dem Abzug ihrer Kampftruppen, nicht allein lassen, versicherte Zakhelwal jüngst vor der Presse in Kabul. Tatsächlich haben viele Länder bereits Aufbauhilfe für den Zeitraum von 2015 bis 2025 angekündigt.

Verwaltung der Hilfsgelder

Afghanistans Präsident Hamid Karsai ist mit einer klaren Forderung nach Tokio gereist: Er möchte das die Regierungsbehörden in Zukunft über die Verwendung von mindestens 50 Prozent der Hilfsgelder entscheiden können. Bislang dürfen die Behörden nur 20 Prozent selber ausgeben, rund 80 Prozent werden über ausländische Hilfsorganisationen verwaltet. Aufgrund der verbreiteten Korruption im Land waren die Geberländer bislang nicht bereit, ihre Hilfsgelder allein der afghanischen Regierung anzuvertrauen. Zu Recht, sagt Abdulqayum Sajadi, afghanischer Parlamentsabgeordneter: "Die afghanische Regierung hat in den vergangenen zehn Jahren immer wieder versprochen, dass sie verstärkt gegen die Korruption vor gehen wird, doch es ist kaum was geschehen. Die Welt wird uns nur dann weiterhin unterstützen, wenn wir tatsächlich das große Problem der Korruption bekämpfen."

Portrait Präsident Hamid Karsai, (Foto: DW)
Karsai will mehr Verfügungsgewalt über die HilfsgelderBild: DW / Faskhutdinov

Sajadi verlangt von den Geberländern in Tokio, ihre Hilfen für Afghanistan an die Entwicklung von Rechtsstaatlichkeit und demokratische Entwicklung im Land zu binden. "Sie dürfen der Regierung keinen Blankoscheck ausstellen".

Frauenrechte stärken

Die Frauenaktivistin und Parlamentsabgeordnete Fauzia Kofi hofft, dass die Frauenrechte bei der Geberkonferenz in Tokio besondere Beachtung finden. Zusammen mit vielen Frauenverbänden hat sie einen Katalog mit Forderungen erarbeitet und an die Konferenz-Organisatoren nach Tokio geschickt. "Wir bitten die internationale Gemeinschaft, 30 Prozent der Hilfsgelder für die direkte Unterstützung der Frauen in Afghanistan zu bestimmen. Die afghanischen Frauen brauchen Hilfe, um ihre wichtige Rolle im Land zu erfüllen."

Eine junge Afghanin hält ihre drei Wochen alte Tochter im Arm (Foto: AP)
"Die afghanischen Frauen brauchen Hilfe, um ihre wichtige Rolle im Land zu erfüllen"Bild: dapd

Fauzia Kofi, die bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014 Hamid Karsai ablösen möchte, hofft "auf die Vernunft der internationalen Gemeinschaft". Die Hilfsgelder für Afghanistan sollten nur in enger Zusammenarbeit mit den Geberländern und projektorientiert ausgegeben werden, sagt die Politikerin. Ob ihre Forderungen bei den Vertretern der rund 90 Länder Gehör finden, die in Tokio dabei sind, wird sich bald zeigen. Doch Fakt ist, dass deren Vertrauen in die afghanische Regierung nicht besonders hoch ist. Sie werden die weitere Zusammenarbeit mit Kabul genauestens prüfen.