Historiker Fritz Stern wird 85
2. Februar 2011Sein Name ist Programm. Fritz Stern strahlt. Er setzt sein Wissen ein, um zu vermitteln, um zu klären, um für Verständnis zu werben. Der profilierte Kenner deutscher Geschichte hat sich vor allem mit den kulturellen Ursprüngen des Faschismus befasst. Sein profundes Wissen ermöglicht es ihm, sich bis heute einzumischen in gesellschaftliche Diskussionen, egal ob es dabei um rechtsgerichtete Tendenzen in europäischen Staaten oder in der Republikanischen Partei der USA geht.
Schlesische Kindheit und Neue Welt
Geboren wird Fritz Stern am 2. Februar 1926 im damals noch zu Deutschland gehörenden Breslau, heute Wroclaw in Polen. Er wächst in einer privilegierten Familie auf - der Vater Professor der Medizin, die Mutter Pädagogin und Physikerin. Beide waren jüdischer Herkunft, hatten sich jedoch assimiliert und waren zum christlichen Glauben konvertiert. Dass die Sterns Christen sind, spielte jedoch in der fanatischen Rassenpolitik der Nationalsozialisten keine Rolle. Die ersten zwölf Lebensjahre erlebt Fritz Stern als Mensch zweiter Klasse. Seine Eltern erkennen die Zeichen der Zeit früh genug. Kurz vor der Pogromnacht von 1938 flüchten die Sterns in die USA, werden in New York heimisch.
Sein neues Leben in der Neuen Welt bekommt Konturen. 1947 wird Fritz Stern US-amerikanischer Staatsbürger. Die Columbia-Universität wird sein Schaffensort und geistige Heimat - vom Studenten bis zum Professor. Weil er, inzwischen längst emeritiert, der Columbia bis heute verbunden ist, kommt er in der Summe auf stolze 130. Semester. Die sind außerdem gefüllt mit Lehraufträgen in Deutschland, der Veröffentlichung dreier großer Bücher und Hunderter von Aufsätzen und Essays.
Brücken bauen
Auffällig ist Sterns Engagement als Vermittler zwischen Nationen und Menschen. Seine Geschichtsforschung trägt wesentlich dazu bei, dass Amerikaner, Briten und Deutsche einander besser verstehen lernen. Immer wieder wirbt er um Verständnis für das Land, aus dem er einst fliehen musste. Sein Rat wird auch von Politikern gehört. So soll er im Zuge der Diskussion um die Deutsche Einheit der britischen Premierministerin Margaret Thatcher die Angst vor einem übermächtigen Deutschland genommen haben. Scharfe Kritik übt Fritz Stern etwa 1996 an seinem US-amerikanischen Kollegen Daniel Goldhagen, als dieser mit seinem Buch "Hitlers willige Vollstrecker" die Deutschen als Judenhasser hinstellt. Stern wirft ihm Vereinfachung, akademische Fehler und Deutschfeindlichkeit vor.
Dass der Ausnahmewissenschaftler Garant einer fairen Beurteilung Deutschland ist, hat Gründe. So sagte Stern kürzlich: "Die Mühen der Deutschen, sich mit der Geschichte ihres Landes auseinanderzusetzen, sind anerkennenswert und beinahe schon vorbildlich im Vergleich zu anderen." Gleichzeitig warnt er davor, mit der Geschichte fertig zu sein oder sie gar abzuschließen. Vielleicht sind es diese Warnungen, die den Namen Fritz Stern zusätzlich noch ein wenig heller strahlen lassen.
Autor: Klaus Krämer (dpa, epd)
Redaktion: Marlis Schaum