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Hintergrund: Was die Bundeswehr leisten soll

Nina Werkhäuser21. November 2001

Der Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den Terrorismus ist beschlossene Sache. Wie er genau aussehen wird, ist noch offen. Vor allem die Marine ist gefordert.

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Nach den Worten des Bundeskanzlers hat die USA fünf verschiedene Anforderungen an Deutschland gestellt: Zum einen ABC-Abwehrkräfte mit dem Spürpanzer "Fuchs" und bis zu 800 Soldaten. Der "Fuchs" ist ein gepanzertes Radfahrzeug, das als eine Art rollendes chemisches Labor Verseuchung durch Atomwaffen, biologische und chemische Waffen aufspüren kann. Die vier Besatzungsmitglieder sind vor diesen drei Kampfstoffarten geschützt und können alle notwendigen Arbeiten aus dem Innenraum verrichten. Zu diesem Zweck verfügt der "Fuchs" über Sonden, Sensoren und einen geschützten Greifarm außerhalb des Fahrzeugs. Gegen Minen allerdings ist der "Fuchs" unzureichend geschützt. Neben modernster Labortechnik hat das Radfahrzeug den Vorteil, das es zügig (rund 100 km/h) fahren kann. Der "Fuchs" ist wegen seiner Fähigkeiten begehrt, wie und wo er aber in und um Afghanistan eingesetzt werden könnte, ist unklar. Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) sagte am Dienstag, dem 6. November, er habe "noch keinen intelligenten Weg gefunden", wie Fuchs-Panzer nach Afghanistan gebracht werden könnten.

Zweitens soll die Bundeswehr Kapazitäten zur Evakuierung von Verwundeten mit etwa 250 Soldaten zur Verfügung stellen. Solche Einsätze heißen in der Militärfachsprache "MedEvac": gemeint ist der Transport von Verletzten aus dem Kriegsgebiet in sicheres Hinterland. Dabei geht es nicht nur um die schnelle medizinische Versorgung, sondern auch um die Bergung von Verletzten. Die Bundeswehr verfügt über zwei Arten von "fliegenden Krankenstationen": zum einen die Transall C-160 MedEvac, ein umgerüstetes bzw. umrüstbares Transportflugzeug, wie es beispielsweise 1999/2000 in Osttimor im Einsatz war. Außerdem können zwei Airbusse A 310 zum "MedEvac"-Flugzeug umgerüstet werden, in dem Patienten ähnlich wie auf einer Intensivstation im Krankenhaus versorgt werden können.

Spezialkräfte sind mit von der Partie

Der dritte Punkt in der Wunschliste lautet: 100 Mann Spezialkräfte - der wohl brisanteste Punkt auf der Liste. Über den möglichen Einsatz deutscher Elitesoldaten ist bisher so gut wie nichts bekannt. Ob es sich dabei um Soldaten des KSK, des "Kommandos Spezialkräfte", handelt, wollte der Bundeskanzler nicht sagen. Gerhard Schröder hat einen Einsatz von deutschen Bodentruppen ausgeschlossen, was deswegen missverständlich ist, weil auch die KSK Teil des Heeres und damit von am Boden agierenden Truppen ist. Für den Kanzler sind Bodentruppen "diejenigen, die auf Dauer verbleiben". Daraus ergibt sich, dass Gerhard Schröder gezielte, zeitlich begrenzte Aktionen von Sonderkommandos - so genannte "hit and run"-Einsätze - nicht ausschließt. Ähnlich hat sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck geäußert: Er sprach von polizeilichen Aufgaben für die Spezialkräfte, die das Operationsgebiet dann schell wieder verlassen sollen. Generell wird über den Einsatz von Spezialkräften größtes Stillschweigen bewahrt. Es ist also nicht davon auszugehen, daß die Öffentlichkeit Einzelheiten erfahren wird. In der Nato ist bekannt, dass die KSK der Bundeswehr über eine hervorragende Ausbildung verfügen. Denkbar wäre ein Mix aus Spezialkräften aus verschiedenen Bereichen der Bundeswehr.

Der vierte Wunsch der USA sind Lufttransport-Kapazitäten mit etwa 500 Soldaten. Auch hierfür kommen die rund 30 Jahre alten Transall-Maschinen und die Airbusse der Luftwaffe in Frage. Neben der Verlegung von Mannschaften und Gerät zur Entlastung der Amerikaner könnten sie sich an "Air-Dropping"-Einsätzen - also den Abwurf von Lebensmitteln oder Versorgungsgütern - beteiligen.

Somalia ist das Ziel der Bundesmarine

Schließlich soll Deutschland Seestreitkräfte zur Verfügung stellen. Das größte deutsche Kontingent sollen bis zu 1.800 Marine-Soldaten stellen, die zur Kontrolle und Sicherung von Seewegen eingesetzt werden können. Schröder teilte mit, dass ihr Einsatz am Horn von Afrika erfolgen werde. Dort war die deutsche Marine bereits Mitte der 90-er Jahre im Einsatz, und zwar in Somalia zur Bergung des deutschen UN-Kontingents. Rund um das Horn von Afrika sind Anschläge auf amerikanische Kriegsschiffe und Einrichtungen verübt worden, zum Beispiel im Jemen. Denkbar wäre der Geleitschutz für Öl- oder Chemie-Tanker, die wegen ihrer gefährlichen Fracht ein mögliches Ziel von Anschlägen sind. Die Marine der Bundeswehr ist mit solchen Aufgaben vertraut - zuletzt patrouillierte sie in der Adria zur Überwachung des UN-Embargos gegen Jugoslawien.